Audi e-tron: Ab in die Wüste oder the Sound of Silence

Audi e-tron auf Wüstentour Fotos: Audi

Wenn Audi Journalisten in die Wüste schickt, ist das nicht medienpolitisch zu verstehen. Vielmehr geht es darum, die ganz speziellen Neuzugänge im Audi-Portfolio einer Art besonderer Bewährungsprobe auszusetzen. Und beeindruckend ist es in der Tat, im e-tron querwüstein rund um Abu Dhabi die automobile Zukunft zu erfahren.

Um es vorweg zu sagen: Als Batterie-Skeptiker hat man es verdammt schwer, sich den positiven Erfahrungen im neuen Audi e-tron zu verschließen. Das liegt natürlich unter anderem daran, dass die Audi-Presseabteilung bei der Fahrvorstellung jedwede E-Auto-Problematik ausgeschlossen hat. Die Reichweitenfrage stellt sich also nicht, weil die

Elektrisch durch die Wüste um Abu Dhabi                           Fotos: Audi

Mittagspause per Schnellladestation genutzt wird, die Batterie aufzutanken. Kein einziges Mal schauen wir auf die Reichweitenanzeige, fahren zügig durchs Umland Abu Dhabis, das nicht nur aus Wüste besteht, sondern wunderbare Autobahnen bereit hält, die in Sachen Radarbestückung allerdings selbst Baden-Württemberg in den Schatten stellen.

Schöne Straßen mit streng überwachtem Tempolimit von 120 km/h

Der e-tron reizt immer wieder zum zügigen Anfahren

Angesichts dieser Radarfallen-Dichte ist Zurückhaltung angesagt. Dass Audi im e-tron die Höchstgeschwindigkeit bei 200 km/h abriegelt, hat allerdings nichts mit den Tempolimits im Morgenland zu tun. Vielmehr sind es technische Gründe wie zum Beispiel die theoretische Reichweite von 400 Kilometern und der Temperaturhaushalt der 700-Kilo-Batterie im Fahrzeugboden. Es reizt allerdings, beim Anfahren immer wieder die maximale Boost-Leistung von 408 PS herauszufordern. Da elektromotortypisch das volle Drehmoment von 664 Newtonmetern sofort, ja wirklich aus dem Stand zur Verfügung steht, neigt selbst der defensivste

Audi-typisches Interieur: links in der Tür der Bildschirm des „Rückspiegels“

 

 

 

 

 

 

Im Wüstensand kann man auch mit quattro hängen bleiben

Beim normalen Anfahren zerren 170 PS (ohne Boost) an der Vorderachse und schieben 190 PS (ohne Boost) hinten. Daraus haben die Audi-Ingenieure den wohl intelligentesten quattro-Antrieb gemacht, bei dem jedes Rad jederzeit genau soviel Kraft auf den Boden bringt, wie es der Untergrund erfordert bzw. erlaubt. Auf den Sand- und Schotterpisten rund um Abu Dhabi spielt der e-tron quattro seine Qualitäten beeindruckend aus. Nur einmal wühlen sich Kollegen in den gelben Sand, weil sie hinter uns an Schwung verloren haben. Wer einmal im Wüstensand zum Stehen kommt, hat es trotz quattro schwer, sich wieder auszugraben. Auch mit Allrad muss man aufpassen und darf sich nicht der Illusion hingeben, quattro wird´s schon richten. Dank

Der  Sound of Silence ist in der Tat mit das Beeindruckendste im e-tron, wenn wir von den Audi-bekannten System-Features und Assistenten einmal absehen. Das stille Surren der gut gedämmten Elektromotoren vermittelt Zukunft, beweist, dass E-Mobilität in der Gegenwart angekommen ist und im Handling gegenüber konventionellen Verbrennern keinerlei Nachteile aufweist. Wer elektrisch fahren will, findet im Audi E-tron anspruchsvolle Mobilität auf höchstem technologischen Niveau. Das ist keine Frage.

Mit Rekuperation holen wir uns Energie zurück

Unsere Fahrt durch die Wüste führt uns auch den 1240 Meter hohen Jebel Hafeet Park, den wir über 21 steilten Kehren erklimmen. Die Batterie-Reserven werden stark beansprucht. Die Aussicht oben ist atemberaubend. Aber: Die energiezehrende Auffahrt wird durch die Rekuperation bergab zu einem großen Teil wieder ausgeglichen. Die 95 Kilowattstunden der Batterie sollen eine Reichweite von 400 Kilometer ergeben. Dies dürfte allerdings ein hohes Maß an Disziplin des Fahrers erfordern, auf Beschleunigungsorgien zu verzichten. Eher dürften am Ende 300 Kilometer Reichweite der Realität entsprechen.

Dass sportliches Fahren auch die Batterie schneller verschleißen lässt, dürfte nicht zum Problem werden. Audi sichert eine Mindest-Laufleistung von einer Viertelmillion Kilometer zu, bevor die Akkus ausgetauscht werden müssen. Zur Lebensdauer trägt auch das komplexe Thermomanagement bei, das die Batterien im optimalen Wärmebereich zwischen 25 und 30 Grad Celsius hält. Die Akkus fühlen sich wohl und danken es mit vielen Ladezyklen und langer Lebensdauer.

Der Audi e-tron bietet absolutes Oberklasse-Niveau

Keine Frage, dass der e-tron in Sachen Komfort Oberklasse-Niveau bietet. Die Luftfederung und das perfekt abgestimmte Fahrwerk sorgen für sänftenartiges Dahingleiten. Die in unserem Testwagen statt Rückspiegeln verbauten Seitenkameras erfordern ein Umgewöhnen. Das in die Türverkleidung auf einen kleinen Bildschirm projizierte Bild des „Außenspiegels“ wird ohne Umgewöhnung zunächst nicht wahrgenommen. Unsere Augen suchen gewohnheitsmäßig außen nach dem Außenspiegel, den es hier nicht mehr gibt. Ob dieses aufpreispflichtige Extra lohnt, muss jeder für sich beantworten. Uns hat es gefallen, weil es so futuristisch erscheint. Ein wirklicher Nutzbarkeits-Effekt ist sicher nicht zu sehen, aber ein interessantes Feature ist das System allemal.

Der von Grund auf gut ausgestattete Stromer e-tron ist mit einem Grundpreis von rund 80.000 Euro kein Argument, auf Elektro umzusteigen. Aber das ist nicht seine Aufgabe. Es gibt sicher viele Kunden, die vorne dabei sein wollen, die automobile Welt auf Elektro umzupolen. Wer sich für den e-tron entscheidet, erhält ein Stück technologische Zukunft schon heute.

Länge x Breite x Höhe (m): 4,90 x 1,94 x 1,62
Radstand (m): 2,30 m
Motoren: Drehstrom-Asynchronmaschinen
Leistung: 300 kW / 408 PS
Drehmomen: 664 Nm
Antrieb: Allrad
Batterie: 396 Volt Nominalspannung, 95 kWh Kapazität
Höchstgeschwindigkeit: 200 km/h (elektronisch abgeregelt)
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 6,6 Sek. Ohne Boost, 5,6 Sek. mit Boost
Reichweite: 400 km (WLTP)
Leergewicht:: 2490 kg
Kofferraumvolumen: 660 –1725 Liter
Max. Anhängelast: 1800 kg
Luftwiderstandsbeiwert: 0,27
Basispreis: 79 900 Euro

 

1 Kommentar zu "Audi e-tron: Ab in die Wüste oder the Sound of Silence"

  1. Wer auf das unvergleichliche Symphoniekonzert eines Achtzylinders verzichten kann, der ist mit der Eintrittskarte für 80 000.- Euro in die E-Welt des e-tron sicher bestens bedient.

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