Wie schreibt der Chefredakteur der ADAC-Motorwelt in seinem neuesten Editorial? Er nennt die VW-Manipulation schamlos scheinheilig „fatale Verbrauchertäuschung“. Das Sprachrohr des ADAC sollte mit solch zugespitzten Begriffen doch etwas zurückhaltender sein, hat er doch selbst die Autofahrer mit seinen Gelben Engeln 2013 nach Strich und Faden getäuscht, ja auch betrogen. Obwohl es stimmt, dass VW die US-Behörden und auch die Verbraucher getäuscht hat, klingt ein solcher Begriff im ADAC-Sprachrohr Motorwelt irgendwie unangemessen. Der ADAC hat 2013 das Recht verwirkt, andere dort zu kritisieren, wo er selbst so versagt hat. Anders ausgedrückt: Der ADAC hat das Recht verwirkt, auf diesem Feld mit Steinen zu werfen. Das ist genauso deplatziert, als würde Uli Hoeneß sich das Recht rausnehmen, Steuerhinterziehung bei Kollegen zu kritisieren. Selbst wenn er Recht hätte, machte er sich damit lächerlich.
Die Organisation der Autofahrer sollte sich jetzt nicht zum verbalen Scharfrichter aufschwingen, sondern sachlich berichten. Er kann sich jetzt mit analytischen Abgastests seriös und glaubwürdig in Szene setzen, aber bitte nicht mit moralischen Anwürfen. Denn der ADAC hat seine Glaubwürdigkeit noch längst nicht zurückgewonnen, zumal da sich organisatorisch kaum etwas verändert hat und viele der damals zumindest Mitverantwortlichen noch immer in Amt und Würden sind, der Skandal irgendwie ohne große Konsequenzen im Sande verlaufen zu sein scheint.
Heuchelei ist auch im Spiel, wenn nun Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble tönt, die Abgas-Krise sei auch eine Folge von immer mehr Gier auf dem Weltmarkt. Noch vor ein paar Wochen klang das ganz anders: Da schwadronierten die Kanzlerin und Schäuble darüber, wie erfolgreich unsere Autoindustrie weltweit sei. Ja, was denn nun? Ist unsere Autoindustrie nun erfolgreich oder gierig? Es ist unverschämt, das Streben eines Unternehmens, erfolgreich sein zu wollen, um an die Spitze zu gelangen, als Gier zu bezeichnen. Keine Frage, dass dabei gesetzestreu gehandelt werden muss. Aber Gier ist es sicher nicht, die unsere Industrie so erfolgreich macht.
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