Der neue VW Tiguan: Erwachsen ins Gelände

Als der VW Tiguan 2007 auf den Markt kam, war die SUV-Welle gerade im Anrollen. Inzwischen wurden vom Tiguan 2,8 Millionen Fahrzeuge verkauft. Zeit für einen Nachfolger, der wesentlich mehr ist als nur eine Modellpflege. Es ist deshalb nicht übertrieben, vom neuen Tiguan zu sprechen, der vollends erwachsen geworden ist.

Volkswagen setzt wie alle anderen Hersteller auch auf eine steigende Nachfrage nach SUV-Modellen. Die Ankündigung, bis 2020 in jeder wichtigen VW-Modellreihe einen SUV anzubieten, kann daher nicht überraschen. Der Tiguan ist mittlerweile neben Golf, Passat und Polo eine der tragenden Modellsäulen bei VW geworden.

Der neue Tiguan ist zweifellos der beste, den es je gab. Was auch sonst? Schließlich ist selbstverständliche Verpflichtung für die Ingenieure, im Nachfolger Gutes noch besser zu machen. Die Veränderungen reichen vom Design bis zur Ausstattung und den Dimensionen. Der neue Tiguan ist das erste VW „Sport Utility Vehicle“ auf Basis des Modularen Querbaukasten (MBQ), wobei der Begriff dem Kunden sicher nichts sagt und offensichtlich nur der VW-internen Orientierung geschuldet ist.

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Elegantes Profil: der neue VW Tiguan                                                       Fotos:VW

Fangen wir beim Design an: Er sieht zweifellos gut aus; die typischen SUV-Proportionen sind elegant eingefangen und verweigern sich jeder Grobschlächtigkeit. Klar kann man heute mit jedem Geländewagen vor der Oper vorfahren, aber Ästhetik ist auch bei SUV-Freunden gefragt, die zwar höher sitzen und ein Gefühl souveräner Übersichtlichkeit genießen wollen, aber dennoch Wert darauf legen, dass sie mit ihrem Auto gut aussehen. Dem Design-Team um Klaus Bischoff ist es absolut gelungen, die formale Robustheit eines SUV mit der gewünschten Eleganz einer Limousine zu verbinden. Das Statement des neuen Tiguan ist aus jeder Himmelsrichtung eindeutig wahrnehmbar: Ich bin schön, ich bin stark, ich bin sicher und ich bin geländetauglich. Dass letztere Eigenschaft wohl selten genutzt werden dürfte, spielt keine Rolle. Die subtile Botschaft nach erfüllbarem Abenteuer genügt völlig. Es zu erleben, ist nicht so wichtig.

Die Proportionen werden von wesentlichen Änderungen zum Vorgänger getragen. Beim Grundmodell mit Frontantrieb (hier zeigt sich, dass die Illusion vom Geländewagen wichtiger ist als seine technische Realität) ist eine Reduzierung der Höhe von 33 Millimetern zu verzeichnen. Dass er drei Zentimeter breiter geworden ist, kommt seiner satten Präsenz zu gute, die ihn einfach gut und breit dastehen lässt. Der Radstand wuchs sogar um 77 Millimeter, die Fahrzeuglänge um 60 Millimeter. Diese Änderungen im Millimeterbereich geben der Fahrzeug-Wahrnehmung eine deutlich markantere, vielleicht sogar emotionalere Präsenz, als es die Zahlen vermuten lassen.




Die 20 Zentimeter Bodenfreiheit bei den Allradmodellen sichert die europäische Zulassung als Geländewagen. Zusammen mit einer für diese Klasse hohe Anhängelast von 2.500 kg und eine optionale Offroad-Front mit 25 Grad Böschungswinkel ist der neue Tiguan in der SUV-Kompaktklasse ein echter Geländegänger. Das Fassungsvermögen im Gepäckraum wurde bei umgeklappter Rückbank um 145 Liter auf 1.655 Liter vergrößert. Damit bietet sich der Tiguan sowohl für den kleinen Umzug als auch fürs längere Outdoor-Abenteuer an

Bildschirmfoto 2016-04-21 um 16.57.09Hohe Design-Kunst ist es, mit kleinen Details große Wirkung zu erzielen. Der Tiguan wirkt nun sehr schlank, erscheint gestreckt. Unterstrichen wird diese Erscheinung durch großzügige Radhäuser, in denen sich üppig dimensionierte Räder tummeln. Auch im Innenraum ist die Veränderung spürbar; er bietet mehr Raum, wirkt durch präzise Verarbeitung und wertige Materialien. Der Knieraum für die hinteren bis zu drei Passagiere ist um fast drei Zentimeter gewachsen, was das großzügige Raumgefühl unterstreicht. Die typische Mittelkonsole mit dem Drehschalter für die unterschiedlichen Fahrmodi-Einstellungen bietet ergonomische Bedienbarkeit, die kaum zu wünschen übrig lässt. Das Active Info Display zaubert die Navigationskarte zwischen Tacho und Drehzahlmesser, das ausfahrbare Head-up-Display wirkt ein wenig improvisiert. Warum werden die Informationen nicht direkt in die Frontscheibe projiziert? Angeblich deshalb, weil die Scheibe zu gekrümmt ist, eine direkte Darstellung verzerrt würde. Das ist aber auch das einzige Detail, das bei unserer ersten Testfahrt nicht perfekt erschienen ist. Vielleicht wird Volkswagen daran arbeiten, die ausfahrbare Projektions-Fläche bis zur nächsten Modellpflege zu streichen und die Informationen dann in der Frontscheibe erscheinen zu lassen.

Motorenseitig hat der Kunde die Wahl zwischen vier Benzinern und vier Diesel-Motoren. Die Leistungspalette reicht von 115 bis 240 PS. Zum Verkaufsstart steht der Volumendiesel als 2.0 TDI mit 150 PS 4MOTION und Doppelkupplungs-Getriebe (DSG) sowie als Handschalter mit Frontantrieb bereit. Außerdem ist der 180 PS starke 2.0 TSI mit 4MOTION und DSG als komplett neues Aggregat sofort bestellbar. Ab 180 PS ist das automatisch schaltende DSG an Bord.

Wie geländetauglich ist der neue Tiguan? Sicher geländetauglicher als die meisten von uns. Im Modus „Offroad“ werden alle Systeme aktiviert, die (fast) jeden Parcour bewältigen können. Sogar das Kurvenlicht wird auf die neuen Gegebenheiten eingestellt und verbreitet nun einen helleren und breiteren Lichtkegel im Nahbereich. Auf dem Info-Display kann der Fahrer ablesen, in welcher Schräglage sich das Fahrzeug befindet und welcher Lenkwinkel anliegt. Das Getriebe schaltet später hoch, beim Bergabfahren hilft die Motorbremse das Fahrzeug zu kontrollieren. Zahlreiche Assistenzsysteme gestalten das Fahren nicht nur sehr komfortabel, sondern vor allem sicher. Von der automatischen Distanzregelung ACC bis zur aktiven Fronthaube, die das Schadensrisiko für Fußgänger deutlich reduziert bis zur radarbasierten Notbremsfunktion, wenn ein Hindernis übersehen wird.

Unsere Fahrt mit dem 2.0 TDI ging auch in eigens präpariertes Gelände. Dass dort die Grenzen der Geländegängigkeit nicht erreicht werden konnten, ist klar. Dennoch beeindruckte uns, wie selbstverständlich der Tiguan den Parcour absolvierte. Auf den Straßen Berlins fühlte sich der Zweiliter-Diesel mit seinen 150 PS und sattem Drehmoment von 340 Newtonmetern ausgesprochen dynamisch an. Das Siebengang-DSG schaltet effizient und ruckfrei, wenngleich beim Anfahren der Kraftfluss immer einen Sekundenbruchteil lang auf sich warten lässt. Wir wiederholen uns, aber die Laufruhe eines über Jahre optimierten Vierzylinder-Diesels ist immer wieder eine angenehme Überraschung.

Was heute nicht mehr fehlen darf, ist selbstverständlich auch im neuen Tiguan vorhanden: die totale Einbindung, neudeutsch Connectivity von smartphones und Tablets per Apple CarPlay, Android Auto oder MirrorLink. Das bedeutet weniger Ablenkung, denn der USB-Anschluss in der Mittelkonsole wird genutzt, um das Smartphone-Display auf dem Fahrzeugdisplay darzustellen. Und wer einen Pferdeanhänger zieht, kann mittels GoPro auf dem Display des Radio- und Navigationssystems sogar sehen, ob das Pferd im Anhänger gerade lächelt oder traurig schaut. Und weil die Batterien unserer smart-Phones viel zu schnell leer sind, gehört die induktive Ladeschale im Tiguan im Komfortpaket dazu. Nur leider noch nicht bei jedem smartphone anwendbar. Und sollten Sie mal vergessen haben, wo Sie den Tiguan geparkt haben, lässt sich das Fahrzeug mit dem neuen Dienst Car-Net Security schnell wieder auffinden.

Technische Daten VW Tiguan 2.0 TDI SCR 4Motion DSG

Fünftüriger SUV, Länge: 4,47 Meter, Breite: 1,84 Meter, Höhe: 1,64 Meter, Radstand: 2,57 Meter, Leergewicht: 1.660 Kilogramm, Kofferraumvolumen: 615 – 1.655 Liter, Tankinhalt: 60 Liter, Motor: Vierzylinder-Turbodiesel, Hubraum 1968 ccm, Leistung: 150 PS bei 3.500 – 4.000 U/min, max. Drehmoment: 340 Newtonmeter bei 1.750 – 3.000 U/min, 0 – 100 km/h: 9,3 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit: 201 km/h, Durchschnittsverbrauch NFZ 6,7 Liter Diesel auf 100 km, CO2-Emission kombiniert: 149 g/km, Euro 6, Preis (Trendline) ab: 33.925 Euro.

 

 

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