„Autonomes Fahren? Für Super-Sportwagen noch undenkbar!“

Interview mit Lamborghini-Chef Stephan Winkelmann, der ab 15. März die Audi-Sportwagenabteilung quattro GmbH leiten wird.

Lamborghini stellt in Genf in Erinnerung an den Firmengründer Ferruccio Lamborghini den 770 PS starken „Centenario“ vor. Was würde der Firemengründer heute über diese Firma sagen?

Winkelmann: Ich hoffe erst mal, dass er diese, seine Firma wieder erkennen würde. Und stolz drauf wäre. Seit ich vor über zwölf Jahren zu Lamborghini kam, haben wir mit dieser Mannschaft alles getan, seinen Namen Lamborghini glänzen zu lassen und eine neue Führungsrolle im Markt der Super-Sportwagen zu erarbeiten.

Sie Lamborghini über zwölf Jahre geleitet und die Verkaufszahlen auf über 3.000 Fahrzeuge in 2015 gesteigert. Worauf sind Sie am meisten stolz?

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Lamborghini-Chef Stephan Winkelmann Foto: Kai Groschupf

Winkelmann: Auf die Mannschaft, die immer mit Herzblut dabei ist. Hier sind alle wirklich hoch motiviert. Das ist bei einer solchen Marke sehr wichtig, die ja weniger neben rationalen Werten auch starke emotionale Seiten hat. Man kann diese Firma nicht nur mit nüchternen Vorgaben führen, die kreative Energie und Motivation der Mannschaft ist hoher Identifikation mit der Marke und diesem starken Engagement zu verdanken. Wir haben dabei auf vier Säulen gesetzt: Da ist einmal die Marke, dann die Produkte sowie das Händlernetz und last but not least die Geschäftsfelder Kunden-Motorsport und Accessoire-Kollektion. Das sichtbare Produkt Automobil steht in der Wahrnehmung natürlich im Mittelpunkt, weil man sich damit identifizieren kann.

Und noch einmal die Frage nach dem Stolz: Auf welches Modell in der Palette sind Sie am meisten stolz?

Winkelmann: Auf meinen Stolz kommt es nicht wirklich an, ich empfand mich immer als ersten Diener der Marke. Wichtig ist, dass unsere Kunden stolz auf ihre Autos sind und sich an ihnen erfreuen. Ein besonderes Auto für mich ist ehrlicherweise der Aventador, er war das erste Modell, das ich von Anfang an mitbetreute.

Welche Details des „Centenario“ weisen in die Zukunft?

Winkelmann: Das Design und das Material Karbon, das in Sachen Leistungsgewicht immer wichtiger wird. Die Kunden können sogar entscheiden, ob sie das Fahrzeug in der Wunschfarbe lackiert haben oder das Karbon sichtbar lassen wollen. Auf der anderen Seite wird die Aerodynamik immer wichtiger für unsere Art von Fahrzeugen und die digitale Konnektivität. Bei diesem Trend hin zur totalen Vernetzung können Super-Sportwagen keine Ausnahme machen, obwohl das in diesem Segment sicher nicht die oberste Priorität ist.

Wie viele Centenarios wurden bislang verkauft, der ja immerhin etwa zwei Millionen Euro kostet?

Winkelmann: Wir haben bereits alle verkauft. 20 Coupés und 20 Roadster.

Im Geschäftsjahr 2015 hat Lamborghini erstmals über 3.000 Autos abgesetzt. Ab welcher Zahl würde nach Ihrer Einschätzung die Exklusivität der Marke Lamborghini leiden?

Winkelmann: Weltweit werden im Jahr über 70 Millionen Autos hergestellt. Unser Marktanteil am gesamten Weltmarkt wird daher auch bei einer weiter steigenden Zahl verkaufter Lamborghinis praktisch gleich bleiben. Die Exklusivität ist also auf jeden Fall gesichert.

Wie laufen die Vorbereitungen zum SUV von Lamborghini, dem „Urus“?

Winkelmann: Wir sind absolut im Zeitplan. Die nächsten 18 Monate werden wir in Sant´Agata eine Großbaustelle haben, die Urus-Entwicklung läuft auf Hochtouren, so dass wir 2018 unseren SUV auf dem Markt haben werden.

Ist die Marke Lamborghini bei diesen hohen Investments bei kleinen Stückzahlen überhaupt profitabel?

Winkelmann (lächelt selbstbewusst): Ja, und zwar in einem durchaus respektablen Bereich, der auch unseren Aktionär zufriedenstellt. (Aktionär ist die Audi AG, Anm. d. Redaktion)

Was unterscheidet nach Ihrer Definition einen Sportwagen von einem Super-Sportwagen?

Winkelmann: Ein Super-Sportwagen kauft man, um sich einen Traum zu erfüllen. Allein die begrenzte Stückzahl an Fahrzeugen ist ein Merkmal des Super-Sportwagens. Dazu kommen eine souveräne Motorleistung und natürlich das Design. Einen Super-Sportwagen erkennen Sie selbst im Stand sofort. Und wenn er vorbeifährt, hören sie ihn.

Wird es in einem Super-Sportwagen von Lamborghini einmal autonomes Fahren geben?

Winkelmann: Das kann ich mir im Augenblick nicht vorstellen, denn unsere Kunden kaufen einen Lamborghini nicht, um gefahren zu werden, sondern um aktiv zu fahren. Diese Autos sind nicht dazu da, täglich von A nach B bewegt zu werden, sondern um Träume zu leben bzw. Traumwagen zu fahren. Da ist das Fahren purer Genuss, nicht banale Transportaufgabe. Ganz klar ist da der Weg wichtiger als das Ziel.

Gesetzliche Verbrauchsvorgaben und Emissions-Grenzen spielen ja auch für Lamborghini eine große Rolle. Wie sehen Sie auf diesem Feld die Entwicklung?

Winkelmann: Diese Vorgaben gelten natürlich auch für uns. Wir müssen aber dennoch in jedem Detail des Fahrzeugs die DNA eines Lamborghinis beibehalten, den Charakter sicht- und fahrbar machen. Für uns ist es zum Beispiel in diesem Zusammenhang wichtig, dass der künftige „Urus“ auch als Hybridfahrzeug kommt. Das wäre dann der erste Lamborghini, der nicht nur eine Motorisierung hat.

Also hat der im Luxus-Segment angesiedelte Super-Sportwagen auch angesichts immer strenger werdender Verbrauchsvorschriften seine Berechtigung?

Winkelmann: Ja, davon bin ich absolut überzeugt. Lamborghini muss sich natürlich den gesetzlichen Vorgaben stellen, aber trotzdem die typischen Charakter-Eigenschaften der Produkte erhalten. Jeden Tag kommt eine neue Herausforderung auf uns zu. Wir werden daran arbeiten, weiterhin Trendsetter zu bleiben und automobile Träume wahr werden zu lassen, um am Markt erfolgreich zu bleiben.

Der Trend zum Turbo-Motor nicht nur bei Sportwagen ist unübersehbar. Wird Lamborghini den Saugmotor beibehalten?

Winkelmann: Es muss eine Balance geben, was die Performance angeht. So lange Saugmotoren in unseren Super-Sportwagen die besseren und typischen Charaktereigenschaften gewährleisten, werden wir sie beibehalten. Der „Urus“ wird wahrscheinlich der erste Lamborghini mit Turbo-Aufladung sein. Die Schritte in die fernere Zukunft sind klar: Sauger, Turbo, Hybrid, Voll-Elektrik. In welchem Auto und in welchen Zeiträumen das vollzogen wird, ist noch nicht entschieden.

Haben Sie Ziele gehabt, die Sie bei Lamborghini nicht erreicht haben?

Winkelmann: Das lässt sich nicht so einfach beantworten. Da unsere Autos lange Lebens-Zyklen haben, die niedrigen Stückzahlen und hohe Investitionen erfordern, braucht man einen konstanten Erfolg. Natürlich würde ich mir wünschen, neue Modelle noch schneller zu entwickeln und die Marke noch präsenter zu machen. Bei unseren Produkten gelten andere Markt-Gesetze, weil sie viel länger auf der Straße sind. Das macht auch die Stabilität und das Image der Marke Lamborghini aus. Insofern bin ich mit den erreichten Zielen durchaus zufrieden.

Welchen Lamborghini würden Sie mit zur quattro GmbH nehmen, wenn Sie diesen Wunsch frei hätten?

Winkelmann: Eigentlich denkt man da immer an das zuletzt präsentierte Modell. Aber für mich wäre das der „Aventador“.

Die quattro GmbH deckt ja bei Audi eine ganze Menge Sportwagen spezifischer Geschäftsbereiche ab. Vom Rennsport bis zu den Audi-R-Modellen und vieles mehr. Wohin werden Sie diese Firma führen, wenn Sie ab 15. März in Neckarsulm die Leitung übernehmen?

Winkelmann (lacht): Diese Frage zu beantworten ist viel zu früh. Ich freue mich auf diese Aufgabe, das kann ich schon heute sagen.

 

 

 

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