Der neue Toyota Avensis bietet (nur) emotionslose Sachlichkeit

Dass im neuen Avensis von Toyota BMW-Diesel-Motoren für Antrieb sorgen, ist so ziemlich der einzige Anker emotionaler Wahrnehmung. Keine Überraschung: Dieser Toyota war schon immer Blech gewordene Vernunft. Daran hat sich auch nach seiner Überarbeitung nichts geändert. Der Avensis zielt eben genau auf jene vernünftigen Autokäufer, denen ein zuverlässiges Fahrzeug wichtiger ist als der Kick aufregender Formen und spurtstarker Motorisierung.

Immerhin wurden in Europa seit 1997 in drei Fahrzeuggenerationen über 1,7 Millionen davon verkauft. Die Zufriedenheit der Kunden mit genau diesem Modell spiegelt sich auch in der J.D.Power-Marktstudie: Dort erhielt der Avensis 2014 die höchste Wertung aller Klassen, was Toyota damit werben lässt: „Die zufriedensten Autofahrer in Deutschland fahren Toyota Avensis.“

Das im Navi angezeigte Tempolimit stimmt nicht immer mit dem tatsächlichen Limit überein

Das im Navi angezeigte Tempolimit stimmt nicht immer mit dem  Limit überein, weil es fest programmiert ist und nicht auf Verkehrszeichen-Erkennung basiert.

Sowohl der 1,6- als auch der 2,0-Liter-Diesel mit Turbolader (von BMW) bringen den Avensis flott voran. Selbstverständlich erfüllen beide die Euro-6-Norm. Besonders stark legt sich der 2-Liter ins Zeug, der mit dem handgeschalteten Sechsgang-Getriebe richtig Spaß machen kann. Seine 143 PS beschleunigen das Fahrzeug in 9,5 Sekunden auf 100 km/h, die Höchstgeschwindigkeit liegt mit 200 km/h durchaus im Bereich schneller Autobahnfahrten. Der Verbrauch wird mit 4,5 Litern und 119 g/km CO2 angegeben. Auf unserer Testfahrt konnte der Antrieb absolut überzeugen, zumal auf tempolimitierter Autobahn sich die Tanknadel kaum von der Stelle rühren wollte. Tatsächlich meldete der Computer am Ende einen Verbrauch von nur 5,2 Liter. Den Avensis gibt es übrigens auch mit den bekannten Benzinern mit 1,6 Liter Hubraum (132 PS) und 1,8 Liter Hubraum (147 PS). Die Preise beginnen bei 23.640 Euro und enden beim Avensis Executive mit 36.340 Euro.

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Nur diese Anzeige basiert auf echter Kamera-Information, sich widersprechende Verkehrszeichen verwirren den Fahrer und sind eigentlich ein Unding.

Das Fahren im neuen Avensis ist nicht aufregend, aber ausgesprochen angenehm. Hat man sich durch die Gänge geschaltet, stellt man fest, dass immer genügend Drehmoment vorhanden ist, niedertourig zu fahren, also früh hochschalten zu können. Der besonders lang ausgelegte sechste Gang deckt ohne Ruckeln den Bereich zwischen 50 und 200 km/h ab. Niedrige Drehzahlen bedeuten niedrigen Verbrauch.

Viele elektronische Helfer hat der Avensis serienmäßig an Bord. Zum Beispiel die elektrische Servolenkung mit variablem Lenkeinschlag, die komfortable Berganfahrhilfe, das Laser-Kamera-basierte Pre-Collision System PCS samt Front-Kollisionswarner und Notbremsassistent mit autonomer Notbremsfunktion. Das Navigationssystem kostet bescheidene 590 Euro extra und bietet ein großes Touchpad und einfache Bedienbarkeit. Nicht überladen mit vielen Schaltern, offeriert der Avensis nutzerfreundlich nur das Notwendigste und kommt so jenen Fahrern entgegen, die sich von zu vielen Knöpfen überfordert fühlen.

Nüchternheit kann auch beruhigend sein - kein Schalter zuviel

Nüchternheit kann auch beruhigend sein – kein Schalter zuviel

Ein Detail allerdings müssen wir hart kritisieren. Wenn sich der Fahrer auf das Verkehrszeichen im Navi-Display verlässt, das vielleicht gerade Tempolimit 120 zeigt, kann er böse reinfallen. Denn die kleinere Anzeige zwischen Drehzahlmesser und Tacho zeigt möglicherweise nur 60 km/h an. Denn die Anzeige im Navi ist straßengemäß fest programmiert, während die kleinere Anzeige kameragesteuert ist und das tatsächliche, aktuelle Limit anzeigt, das in einer Baustelle durchaus anders sein kann als im Navi programmiert. Zwei sich widersprechende Anzeigen – das geht gar nicht. Hier wurde eindeutig an der falschen Stelle gespart.

Außen ist die umfangreiche Modellpflege durchaus gelungen. Schärfere Linien um die LED-Scheinwerfer, große Lufteinlässe in der Frontschürze und ein gefälligeres Heck sowohl bei der Limousine als auch beim Kombi machen deutlich, dass Toyota einen Hauch mehr Design-Emotionalität entwickeln möchte. Dass „das Toyota-Markenlogo jetzt präsenter im oberen Kühlergrill“ platziert ist, können wohl nur Werbefundis als Vorteil formulieren. Der Avensis ist optisch sicher moderner und interessanter geworden – ein Eyecatcher aber ist er nicht.

Im Innenraum fällt das Bemühen der Toyota-Designer auf, einen Hauch von Luxus wie Make-up aufzutragen. Nichts wirkt wirklich billig, aber auch nicht besonders wertig. Aber alles fasst sich dennoch gut an, ist ergonomisch auf der Höhe der Zeit. Dass sich der Innenraum in jedem Detail dem Diktat vernünftiger Sachlichkeit unterwirft, stört überhaupt nicht. Während Premiumfahrzeuge mit üppiger Material-Anmutung und makelloser Haptik auftrumpfen, vermeidet der Avensis im Interieur jede Übertreibung, die – irgendwie logisch – mit einem sehr guten Preis-Leistungsverhältnis einhergeht.

Der Avensis hat keine herausragenden Eigenschaften. Er bietet in allen Kriterien genau soviel, wie es die Kundenzufriedenheit erfordert. Toyota nennt das zu Recht Ausgewogenheit und trifft damit absolut die Erwartungen der Avensis-Kunden. Und wenn Erwartungen erfüllt werden, nennt man das Kundenzufriedenheit. Was kann sich ein Autohersteller mehr wünschen?

 

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