BMW 116 d: Ein Dreizylinder aus dem Vierzylinder

Mit dem BMW 116 d wagt sich das immer noch fahrdynamisch orientierte Münchner Unternehmen in den unteren Luftraum dreizylindrig bewegter Automobile. Und überrascht auch hier mit Freude am Fahren. Die Freude am Sparen kommt allerdings zu kurz.

Man kann getrost wetten, dass nicht einmal ein zur Probefahrt eingeladener Profi-Tester auf Anhieb erkennen würde, dass in dem kleinen BMW ein Herz mit nur drei Herzkammern werkelt. Da ist kein Herzflimmern zu spüren, kein vibrierendes Brummen, wie man es von drei Zylindern erwarten, nein vermuten darf. Dieser Dreizylinder überzeugt durch – ja, wirklich – Laufruhe und immer noch akustische Eleganz, die wir früher als turbinenartig beschrieben hätten. Das mag ein wenig übertrieben klingen, aber dass ein Dreizylinder sogar noch als Diesel seine Arbeit so angenehm verrichtet, hat uns wirklich überrascht.

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Die Bedienbarkeit im Einser ist ergonomisch und ästhetisch auf hohem Niveau Fotos. BMW

Verwöhnt von seidenweich drehenden Sechszylindern, überzeugt von drehmomentstarken Vierzylindern hätten wir die nächste Stufe des Downsizings auf drei Zylinder in dieser Qualität nicht für möglich gehalten. Es gibt andere Dreizylinder, die aus ihrer konstruktiven Basis kein Hehl machen, sich besonders im Leerlauf ungehalten schütteln und selbst bei hohen Drehzahlen nicht angenehmer werden. Im 116 d haben die BMW-Ingenieure ganze Arbeit geleistet. Im Zusammenspiel mit der optionalen Achtgang-Steptronic (2100 Euro) wird der 116 d zur komfortablen Langstrecken-Limousine, die zudem Spaß macht. Dass der BMW Einser in seiner Klasse einzigartig ist, weil er Heckantrieb besitzt, macht ihn zu einem der letzten Kleinwagen mit dieser Technik. Die nächste Generation wird sich wohl mit Frontantrieb in den Mainstream frontgetriebener Autos einordnen, wie es beim (BMW) Mini von Anfang an Stand der Technik war. Ob BMW einmal ganz auf den einst markenheiligen Heckantrieb verzichten wird, bleibt abzuwarten. Aber nicht zu hoffen. Mit der Entscheidung aus dem Münchner Vierzylinder, einen Dreizylinder zu bauen, dürfte BMW jedenfalls richtig liegen.

Der Einser gehört zu den Design-Highlights seiner Klasse

Der Einser gehört zweifellos zu den Design-Highlights seiner Klasse

Der 1er mit Dreizylinder-Diesel macht Spaß. 116 PS reißen weder den Einser nach vorne oder den Fahrer vom Hocker: aber 10,3 Sekunden aus dem Stand auf 100 lesen sich schlechter, als sie sich subjektiv im Auto anfühlen. Dass der 116 d nicht gerade übermotorisiert ist, wird vor allem jenseits der Richtgeschwindigkeit von 130 km/h deutlich. Hier tut er sich dann doch etwas schwer, die Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h zu erreichen. Aber im Stadtverkehr, auf der Landstraße gibt er sich quicklebendig und vermittelt jederzeit Freude am Fahren. Aber – wie schon gesagt – nicht am Sparen. Wer ihn ständig fordert, seine Beschleunigungskapazität immer wieder ausreizt, wird den theoretischen Prüfstands-Wert von 4,1 Litern auf 100 Kilometer nicht erreichen. Selbst bei extrem vorausschauender und effizienter Fahrweise sind wir nicht unter 4,8 Liter gekommen. Zügig, nein sehr zügig gefahren, schafften wir auch 6,5 Liter, das war aber die Obergrenze. Am Ende haben wir nach gut 3.000 Kilometern ziemlich genau 5,5 Liter notiert. In diesem Bereich sind wir – extrem vernünftig gefahren – auch mit einem 120 d Vierzylinder gelandet, der 190 PS leistet. Wer also meint, ein Zylinder weniger heißt 25 Prozent sparsamer, verkennt die physikalischen und thermodynamischen Grundgesetze. Anders gesagt: Der Fahrer gibt beim kleineren Motor intuitiv öfter und mehr Gas, das kostet beim Verbrauch natürlich mehr. Aber mal ehrlich: reale 5,5 Liter sind doch auch etwas und wären vor zehn Jahren nur am Stammtisch vermittelbar gewesen. Wer immer mit der Eco-Pro-Einstellung fährt, dürfte im Alltag mit fünf Litern auskommen. Wer ständig Vollgas fährt und für den vorausschauendes Fahren unbekannt ist, der schafft auch 6,5 Liter. Aber man müsste sich schon sehr anstrengen, so viel zu verbrauchen.

Der Einser ist trotz seiner kompakten Größe ein sehr komfortables Fahrzeug. Die Inneneinrichtung erscheint solide, die Materialien sind dem Premium-Anspruch verpflichtet. Ergonomie und ästhetischen Anspruch haben die BMW-Designer schon immer zur gelungenen Synthese vereint. Komfortabel auch der Federungskomfort, der selbst in der nächsthöheren Klasse noch reüssieren könnte. Nicht immer macht ein Fahrzeug dieser Größe auch auf langen Fahrten Spaß. Der Einser allemal.

Empfehlenswertes Extra für entspanntes Fahren: die aktive Geschwindigkeitsregelung mit Stop-and-go-Funktion (990 Euro). Es ist sehr angenehm, wenn man auf langen Autobahnfahrten sicher sein kann, nicht zu nah aufzufahren. Die automatische Abstandsregelung ist softwaretechnisch optimiert, arbeitet sehr zuverlässig und lässt sich auf den Abstands-Wunsch des Fahrers individuell einstellen. Die Liste der Sonderausstattungen ist lang. Das Navigationssystem Professional (2.090 Euro) sollte ebenso geordert werden wie die Freisprecheinrichtung (300 Euro). Ansonsten gibt es für jeden persönlichen Wunsch eine Vielzahl von Extras, die zum Teil sinnvoll, zum Teil Schnickschnack sind, der nicht immer sinnvoll erscheint. Letztendlich gilt, dass der Kunde entscheiden soll, was ihm wichtig ist. Bei voller Ausstattung lässt sich der Basispreis von 26.950 Euro für den Fünftürer 1er mit Dreizylinder-Diesel locker auf deutlich über 40.000 Euro  anheben.

Es gibt gewiss billigere Möglichkeiten, Auto zu fahren. Aber ob billig auch preiswert, also seinen Preis wert ist, steht auf einem anderen Blatt. Im BMW 116 d ist man preiswert unterwegs, aber nicht billig. Vielleicht ist das das Geheimnis seines Erfolgs.

Technische Daten BMW 116 d 5-Türer:

Viertürige Schräghecklimousine, Länge: 4,33 Meter, Breite mit Spiegel: 1,98 Meter, Höhe: 1,44 Meter, Radstand: 2,69 Meter, Leergewicht: 1.425 Kilogramm, Tankinhalt: 52 Liter, Motor: 3-Zylinder-Diesel mit Turbolader, Hubraum 1496 ccm, Leistung: 116 PS bei 4000 U/min, max. Drehmoment: 270 Newtonmeter bei 1.750 – 2.250 U/min, 0 – 100 km/h: 10,3 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit: 200 km/h, Verbrauch kombiniert: 4,1 Liter Diesel/100 km, CO2-Emission kombiniert: 107 g/km, Euro 6, Effizienzklasse A/A+, Basis-Preis 5-Türer: 26.950 Euro

 

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