„Da ist einfach der Wurm drin“ – Mercedes hat wieder Rückruf-Ärger mit seinem „Wundermotor“

2008 wurde der Vierzylinder-Diesel OM 651 von seinen Schöpfern als „Wunder-Motor“ gepriesen, der es 2010 sogar bis in die S-Klasse geschafft hat. Mit dem Vierzylinder wollte Mercedes-Entwicklungsvorstand Thomas Weber beweisen, dass auch die große Luxuslimousine von Mercedes-Benz damit temperamentvoll und sparsam betrieben werden kann. Von den theoretischen Werten her, entsprach das durchaus der Wirklichkeit. Mit 204 PS, einem maximalen Drehmoment von 500 Newtonmetern und einem Verbrauch von rund fünf Litern lässt sich selbst das S-Klasse-Format ordentlich bewegen.

Schon ein Jahr nach seiner Markteinführung titelte die Frankfurter Allgemeine: „Ein Wundermotor, der zur Katastrophe“ wurde. Das klang übertrieben, war aber angesichts der Rückrufkosten von rund 500 Millionen Euro durchaus eine Katastrophe für die Daimler-Bilanz. Schuld waren die piezoelektronisch gesteuerten Einspritzdüsen des amerikanischen Zulieferers Delphi. Der Motor schaltete bei Fehleinspritzungen in den Notlauf-Modus. Konzernchef nannte das Problem „eine Kinderkrankheit“ des neuen Motors, das man aber im Griff habe. Das klang angesichts von 300.000 zu reparierenden Fahrzeugen ziemlich realitätsfern. Daimler holte sich zwar einen Teil der Kosten von Delphi zurück, beruhigte betroffene Kunden mit interessanten Incentives, der Ärger aber blieb. Technisch wechselte Mercedes von Piezo-Injektoren auf magnetgesteuerte Einspritzung.

Nun macht der Motor, der unterschiedlich stark in fast allen Baureihen eingebaut wird, schon wieder Ärger. Diesmal ist es auslaufendes Motoröl an einem defekten Dichtring des Kettenspanners. Dies könne zum Abspringen der Kette führen, haben die Techniker ermittelt. „Bei diesem Motor ist einfach der Wurm drin“, schimpft ein Mercedes-Entwickler. So habe es in den letzten Jahren immer wieder kleinere Mängel gegeben, die allerdings keinen Rückruf nötig gemacht hätten. Der Austausch des Dichtrings dürfte teuer werden, denn es wird mit einer Arbeitszeit von bis zu 90 Minuten gerechnet. Die betroffenen Fahrzeuge seien laut Daimler zwischen Februar und November 2014 produziert worden. Dagegen heißt es beim Kraftfahrtbundesamt, dass der Produktionszeitraum von 2008 bis 2014 betroffen sei – was eigentlich den gesamten Produktionszeitraum beträfe.

„Wir haben von diesem Motor zu viel erwartet“, sagt ein Entwickler. „Wir wollten einen neuen Motor bringen, der sparsamer ist als alle anderen und kostenoptimiert gebaut werden kann. Das war einfach zu viel an Anforderungen.“

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