Pieter Nota: Hat der neue Vertriebsvorstand bei BMW Mundwasser statt Benzin im Blut?

Es ist die wohl ungewöhnlichste Personalentscheidung im BMW-Vorstand. Ein völlig Branchenfremder soll den BMW-Konzern in Sachen Automobil-Vertrieb weltweit wieder an die Spitze der Premium-Hersteller bringen.

Dass Pieter Nota keinerlei Automobil-Erfahrung mitbringt, hat im Münchner Vierzylinder nicht nur für Aufsehen, sondern stellenweise auch für Verärgerung und Enttäuschung gesorgt. Nicht nur bei jenen, die sich nach dem altersgemäßen Ausscheiden von Vertriebschef Ian Robertson selbst Chancen ausgerechnet haben, sondern auch bei vielen an der Verkaufsfront. „Ein BMW-Vertriebschef, der keine Ahnung von unserem Markenkern und die Unterschiede zwischen einem Heckan- und Frontantrieb nicht selbst erfahren hat, wird es schwer haben. Er kann sich zwar Vieles aneignen, aber letztlich hat er Zahnpasta statt Benzin im Blut“, kritisert der Verkaufsleiter einer nicht unbedeutenden BMW-Niederlassung. Diese Personalentscheidung sorgt im BMW-Universum landauf, landab für Unruhe.

BMW-Chef Harald Krüger sieht das ganz anders: „Mit Pieter Nota konnten wir einen erfahrenen Vertriebs- und Marketingexperten mit internationalem Profil gewinnen. Ich bin überzeugt, dass er mit seinem Fokus auf Innovation und Transformation unsere Kernmarke BMW und ihre Produkte weiter erfolgreich auf dem Weg in eine vernetzte Mobilität führen wird.“ Die Worte des CEO werden nun so gedeutet, dass BMW verstärkt in Digitalisierung, Elektromobilität und autonomes Fahren ausgerichtet werden soll.

Allerdings wird Nota nicht umhin können, sich auch den gegenwärtigen Herausforderungen zu stellen: Der US-Markt schwächelt, Mercedes-Benz hat BMW wieder überholt und setzte sich souverän an die Spitze, die Diesel-Krise hat auch bei BMW Spuren hinterlassen, der elektrische i3 läuft nicht wie geplant und die Entwicklungen für weitere elektrische Fahrzeuge brauchen noch viel Zeit, bis sie marktreif sind. Dazu kommen die Probleme mit dem Brexit, zu deren Lösung Ian Robertson wohl weiterhin als Markenbotschafter in England beitragen wird. Immerhin hat die BMW Group zwei erfolgreiche Marken auf der Insel: Rolls-Royce und Mini. Robertson, der sich bis zu seinem Abschied geweigert haben soll, Deutsch zu sprechen, wird für BMW ein herber Verlust sein. Nicht nur weil er bis 2016 die BMW Group vor dem Erzrivalen Mercedes-Benz gehalten hat, sondern auch deshalb, weil er ein ausgeprägt globales Verständnis und Denken im Vierzylinder implantiert hat.

Genauso ungewöhnlich wie die Nachfolger-Entscheidung erscheint die Pressemitteilung der Münchner, die den Lebenslauf des neuen Vorstands nur tabellarisch beschreibt, ohne etwas genauer die ehemaligen Aufgabengebiete des in den Niederlanden 1964 geborenen Betriebswirtschaftlers zu erwähnen. Sein letztes Aufgabengebiet zwischen 2016 und Ende 2017: Executive Vice President, Personal Health und Chief Marketing Officer, Niederlande bei Royal Philips. Vielleicht wollte die Konzernkommunikation nicht an die große Glocke hängen, dass er auch für den Vertrieb von Mundwasser und elektrischen Zahnbürsten zuständig war. Ob es wirklich egal ist, was man verkaufen muss, wird sich zeigen. Pieter Nota dürfte nicht nur im Vierzylinder unter genauer Beobachtung stehen.

 

 

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