Der Spagat der Autohersteller zwischen Kundenwunsch und CO2 Gesetzgebung

Die Halbjahreszahlen der Hersteller signalisieren in Bezug auf die Zukunft leicht skeptische Fragezeichen. Das hat nicht nur damit zu tun, dass sich die Zukunft grundsätzlich sicherer Erkenntnis entzieht, sondern auch mit aktuellen Erfahrungen in den Märkten der Welt. Und mit den immer schärfer werdenden CO2-Grenzwerten.

So weist BMW- Chef Harald Krüger in seiner Halbjahresrede gleich zu Anfang auf die Problemfelder hin, die da heißen: China, Russland Brasilien und nicht zuletzt der Würgegriff immer herausfordernder CO2-Grenzwerte, die stellenweise den Grenzbereich zur physikalischen Illusion berühren. Vor allem letzteres kostet viel Geld.

Die Schwierigkeit für alle deutschen Premium-Hersteller ist es, für den Weltmarkt weiterhin attraktive Produkte auch im Oberklasse-Segment anbieten zu müssen, in Europa aber die strengsten Grenzwerte gefordert sind. Die nicht nur im Ausland so begehrten leistungsstarken Fahrzeuge sind nun einmal größer und schwerer und verbrauchen mehr als Kleinwagen. Die vom Markt weiterhin verlangten PS-starken Fahrzeuge zwingen die Hersteller zu einem immer schwieriger werdenden Spagat zwischen CO2-Gesetzgebung und Kundenwünschen. Wenn Harald Krüger sagt, dass „unsere Kunden sowohl nachhaltige als auch besonders leistungsstarke Modelle“ nachfragten, stellt sich die Frage, ob das BMW-Image ohne leistungsstarke Fahrzeuge genauso gut wäre wie mit ihnen.

Der erzwungene Spagat führt zu abenteuerlichen strategischen Konstruktionen: Plug-in-Hybride mit hohen Leistungen, aber unverschämt theoretischen Verbrauchsangaben, die nicht im Ansatz realisierbar sind. Aber sie helfen, auf dem Papier die Flottenvorgaben zu erfüllen. Jedenfalls noch. Mit Sorge blicken die Motorenentwickler auf die gesetzlichen Anforderungen der Zukunft. Ob die Flottenverbrauchs-Schönrechnerei dann ausreicht, die Gesetze zu erfüllen, ist mehr als fraglich. Die Physik lässt sich nicht per EU-Verordnung außer Kraft setzen.

In seiner Halbjahresbilanz kann Krüger allerdings mit durchaus interessanten Zahlen aufwarten: „Allein im ersten Halbjahr 2015 haben wir über 12.500 rein elektrisch angetriebene BMW i3 und i8 verkauft. Das sind mehr als doppelt so viele wie im ersten Halbjahr 2014. Im gleichen Zeitraum wurden mehr als 30.500 BMW M und M Performance-Modelle ausgeliefert.“

Allerdings bleibt dabei unerwähnt, dass nicht nur BMW M leistungsstarke Modelle anbietet, sondern auch im ganz normalen BMW-Portfolio PS-starke Fahrzeuge zu finden sind. Das Verhältnis zwischen „grünen“ und leistungsorientierten Kunden liegt überdeutlich auf Power-Orientierung. In der Rede Krügers wird an dieser Stelle deutlich, dass die Leistungsorientierung der Mehrzahl der Kunden zwar wirtschaftlich bedeutsam und hoch willkommen ist, dies aber nicht gerne sichtbar gemacht wird.

„Mit der Botschaft, dass auch die PS-starken Autos dramatisch sparsamer geworden sind, dringen die Hersteller nicht mehr durch“, sagt ein Verantwortlicher im BMW Marketing. Das ist leider wahr. Man werde in Zukunft mehr über Sparmobile reden als über jene Autos, „die die Mehrheit unserer Kunden wirklich haben will“.

„Die Begehrlichkeit unserer Produkte bleibt die Grundlage für unseren Erfolg“, freut sich der BMW-Chef. Dass die Begehrlichkeit analog zur Motorleistung abnimmt, kann allerdings nicht bezweifelt werden. Dennoch ist es durchaus ein Erfolg, wenn BMW i in 2015 hochgerechnet 25.000 Elektroautos verkauft. In Relation zu allen Verkäufen der BMW Group also etwas mehr als ein Prozent. Das klingt zwar wenig, ist aber ein Anfang, der die Skeptiker hat leiser werden lassen.

Noch fehlt der Durchbruch der Elektroautos. Dass auch BMW eine Plug-in-Hybrid-Palette entwickelt, ist der überall propagierte Zwischenschritt auf dem Weg in eine noch ferne Zukunft. Dass die Stromer massiv gefördert werden müssen, hat mittlerweile auch die Politik erkannt. Wenn VDA-Präsident Matthias Wissmann damit rechnet, dass ab 2016 Elektroautos als Firmenwagen „massiv gefördert“ werden, wird das wohl stimmen. Wissmann ist als ehemaliger Verkehrsminister mit Zugang zur Kanzlerin immer bestens informiert. Er meint, dass eine Sonder-Abschreibung mit 50 Prozent im Anschaffungsjahr für einen Boom auf dem Elektroautomarkt sorgen werde.

Obwohl der Verbrennungsmotor an Effizienz kaum noch zu überbieten ist, kommen immer neue Gesetze, die ihm das Überleben schwer machen. Sollte der US-Bundesstaat Kalifornien ab 2030 Verbrenner ganz verbieten, wie es das „Air Resources Board“ plant, dann kommt das Ende des Verbrennungsmotors früher als gedacht. Die ganze Autowelt schaut auf Kalifornien als größtem Einzelmarkt in den USA.

Und selbst in Deutschland werden vom Umweltbundesamt drastische Maßnahmen gegen den Verbrennungsmotor gefordert. Noch nicht offiziell, aber die Behörden-Kritik an den deutschen Autoherstellern, die angeblich zu viele große und zu leistungsstarke Autos anböten, wird lauter und signalisiert die autofeindliche Marschrichtung. Nach dem Motto, steter Tropfen höhlt den Stein, formieren sich Klimaretter und Autokritiker zur großen Bevormundungs-Initiative. Dazu gehört auch die jährlich wiederkehrende Albernheit der Deutschen Umwelthilfe, Minister und Manager zu ihren Dienstwagen zu befragen. Ein Umweltfrevler ist da auch jemand, der einen effizienten Diesel fährt, wenn er über dem Grenzwert von 130 CO2 g/km liegt. Dass es für einzelne Autos gar keinen vorgeschriebenen Grenzwert gibt, wird dabei natürlich verschwiegen. „Das Schaufahren gegen den Klimaschutz“ (Pressemitteilung der Umwelthilfe) gehe weiter, kritisiert die Umwelthilfe. Was für eine schwachsinnige Formulierung.

 

 

 

 

 

 

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