Es seien, so meldete sich am Wochenende ein Kollege bei mir, nicht nur die Zahl der Einsendungen beim Gelben Engel aufgeblasen worden, sondern durchaus auch die Reihenfolge einzelner Test-Ergebnisse. Der Kollege war früher selbst ADAC-Tester und war im Streit mit PR-Chef Ramstetter aus dem Amt „gemobbt“ worden, wie er selbst sagt. Allerdings habe er keinen Zweifel, dass der Golf dieses Jahr tatsächlich die meisten Stimmen auf sich vereinigen konnte. Auch wenn es nur 3400 waren. „Manipuliert werden vor allem Testergebnisse bei Zubehör, Reifen, Kindersitzen, Skiträgern. Ja, auch das in der FAZ aufgegriffene Scheitern eines Dacia sei bewusst provoziert worden, weil Herr Ramstetter die Marke „nicht leiden konnte“.
Vielleicht wird dieser ADAC-Skandal auch dazu führen, dem inflationären Treiben von Autopreisen und deren Kategorienflut nicht nur Einhalt zu gebieten, sondern sie auch distanzierter zu betrachten. Beim Gelben Engel waren es zu Beginn nur fünf Kategorien, jetzt sind es schon neun. Bei anderen Preisen werden noch mehr Preis-Kategorien ausgeschrieben. Von der besten Werbung bis zum besten Mitteklasse Import. Auf die Spitze treibt es die Autozeitung. Damit möglichst jeder Hersteller eine „Auto Trophy“ nach Hause tragen und die Übergabefeier möglichst prominente Preisempfänger als Gast erwarten kann, hat die Autozeitung 29 Kategorien erfunden. Autozeitung online vergibt zudem zusätzlich die Design Trophy.
Da gibt es die Kategorien „Sportwagen“, „Sportwagen Import“, „Supersportwagen“, „Supersportwagen Import“. Und weil zum Beispiel 2013 der Sportwagen Corvette Stingray auch noch einen Preis bekommen sollte, packte man dieses Modell in die Kategorie „Bestes Preis/Leistungsverhältnis“. Lächerlich wird´s dann auch in der Kategorie SUV, die unterteilt wird in „bis zu 30.000 Euro, über 30.000 Euro, und in über 30.000 Euro Import“.
Man kann das durchaus als richtig, gercht und gut bewerten, aber die Inflation der Auszeichnungen verwirrt, weil am Ende fast jedes gängige Modell, jedes Unternehmen gewinnt.
Das Murren in den Autofirmen ob dieser Veranstaltungsflut ist nicht zu überhören. Und die Autofirmen denken nach dem ADAC-Skandal noch ernsthafter darüber nach, ob sie zu jeder Veranstaltung immer ihre erste Manager-Garde schicken müssen. Ich kann mir vorstellen, dass BMW-Chef Norbert Reithofer und VW-Boss Martin Winterkorn überhaupt nicht glücklich darüber sind, am Sonntag in der 20-Uhr-Tagesschau im Zusammenhang mit dem ADAC-Desaster lachend groß im Bild zu erscheinen. Ich würde mich sehr wundern, wenn die beiden nächstes Jahr erneut beim Gelben Engel erscheinen. Wenn er überhaupt noch stattfindet.
Für jeden Hersteller gibt es nur eine Auszeichnung, die wirklich zählt: die Entscheidung des kaufenden Kunden.
Er muss überzeugt werden, nicht eine anonyme Schar von Juroren oder Lesern. Wenn ich an den ersten Autopreis der Republik denke, den 1964 der Stern mit anderen europäischen Magazin aus der Taufe hoben hatte, das „Auto des Jahres“, habe ich auch meine Zweifel. Unabhängige Auto-Journalisten geben ihre subjektive Bewertung ab und sorgen so für eine seriöse Wahrnehmung. Trotzdem wurden schon Autos mit diesem Preis bedacht, die sich als absolute Gurken erwiesen haben. Man muss nur in die Liste der Autos des Jahres schauen, um manche epochale Fehleinschätzung zu erkennen. Und um laut zu lachen. Beispiel: Der 1974 auf den Markt gekommene Golf schaffte es trotz seines Markterfolgs erstmals 18 Jahre später, nämlich 1992 auf den ersten Platz. Dafür wurden zuvor solche unsäglichen Autos wie der Simca 1307 oder der Simca Horizon mit dem begehrten „Auto-des-Jahres-Preis“ geehrt.
Der Auto Club Europa (ACE) hat sich mit scharfen Worten gegen Auszeichnungen in der Automobilbranche ausgesprochen. Wer wirklich wissen wolle, welche Wagen am beliebtesten seien, solle auf die fälschungssicheren Zulassungszahlen des Kraftfahrtbundesamtes schauen, teilte der Verein mit.
«Demgegenüber ist alles andere offenbar nur Blendwerk und aufgeblasene Selbstinszenierung», hieß es in der Stellungnahme. Es sei erklärungsbedürftig, warum Repräsentanten namhafter Autohersteller sich diese «peinliche Farce» weiter antun wollen. Dem ist nicht viel hinzuzufügen.
Nur das: Auch die Zulassungsstatistik hilft dem Verbraucher letztlich nicht bei der Entscheidung, welches Auto für ihn das beste ist. Diese Entscheidung kann nur er alleine treffen.
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