Fiat stand noch vor wenigen Jahren im Fokus qualitativer Unzulänglichkeit. Nicht erst mit dem neuen Tipo hat die italienische Traditionsmarke in wichtigen Kriterien zu namhaften Wettbewerbern aufgeschlossen.
Unser Test-Objekt Fiat Tipo Kombi mit dem 1.6-Liter-Multijet-Diesel in der Lounge-Version überzeugte – soviel vorweg – mit guter Verarbeitung, sparsamem Verbrauch und einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Grundsätzlich kann man konstatieren, dass der Zusammenschluss mit Chrysler der Marke nicht nur auf den Finanzmärkten gut getan, sondern sich auch positiv auf die Produkte und ihre Qualität ausgewirkt hat.
Fangen wir außen an: Das Design ist eine Mischung aus konservativem Mainstream und gefälligem Modernismus. Nicht aufregend, aber von angenehmer Ästhetik, die vor allem die praktischen Eigenschaften des Tipo unterstreicht und genau jene Kunden anspricht, denen ein visueller Paukenschlag eher unangenehm wäre. Der Tipo-Kunde sucht Nutzwert und ein hohes Maß an Praktikabilität. Genau das bietet der Tipo Kombi und zeigt es auch nach außen.
Eigentlich liegt die qualitative Vergangenheit schon zu lange zurück, um daran zu erinnern. Wenn wir es dennoch tun, dann nur, weil die dunklen Phasen der Fiat-Historie auch Humor generierten. Als man Fiat-Modellen nachsagte, dass sie schon im Prospekt rosten würden, war das nur eine leichte Übertreibung und von der Wirklichkeit nicht unbedingt Lichtjahre entfernt. Heute gibt sich die Marke zu Recht selbstbewusst und den Kunden eine gegen Aufpreis erweiterbare Anschlussgarantie zur gesetzlichen Zweijahres-Gewährleistung. Die Extension Premium Garantie (720 Euro) bietet weitere 36 Monate Reparatursicherheit bis zu einer Laufleistung von 200.000 Kilometer. Mit zunehmender Laufleistung erhöht sich allerdings die Beteiligung des Kunden an Ersatzteilkosten.
Das Fahren im Tipo Kombi zeichnet sich nicht unbedingt durch sportliche Eigenschaften aus. Der Familien- oder Außendienstler-Kombi ist mit seinen 120 PS eher auf der weniger dynamischen Seite der Kriterien-Liste zu finden. Aber das ist kein Manko, weil dieser Tipo mehr von der reinen Vernunft geprägt ist, eine Familie oder den Handelsvertreter und viel Gepäck von A nach B zu bringen.
In Sachen Materialanmutung könnte der Fiat Tipo durchaus noch besser werden
Plastico fantastico ist noch immer das typische Fiat-Merkmal im Inneren. Übersichtlich gestaltet, aber sehr ergonomisch angelegt ist das Cockpit gut durchdacht, nur in Sachen Material-Qualität nicht auf der Höhe der Zeit. Aber hier müssen wir die Kritik relativieren, denn Abstriche an der Material-Anmutung bedeuten keineswegs Abstriche am praktischen Nutzwert. Materiell und haptisch setzen allerdings deutlich teurere Wettbewerber den Maßstab. Schön fasst sich allerdings das serienmäßige Lederlenkrad an, in dem wie heute üblich wichtige Funktionen bzw. die dazugehörigen Bedienungsknöpfe integriert sind.
Der Diesel-Motor ist als Diesel deutlich vernehmbar, aber nicht unangenehm laut. Viel Dämmung schluckt die dieseltypischen Schallwellen in ihren Spitzen. Das hörbare Brummen vermittelt eher die solide Zuverlässigkeit eines Selbstzünders. Die Schaltung eckt nirgendwo an, die Gänge sind für das gebotene Drehmoment ordentlich abgestuft und der sechste Gang zieht ohne zu zögern aus niedrigen Drehzahlen bis zur Höchstgeschwindigkeit. Das kommt dem Verbrauch zu gute, der sich bei unseren Testfahrten bei 6,2 Liter einpendelte. Dass wir überwiegend schnelle Autobahnfahrten absolviert haben, ist diesem Wert nicht anzumerken. Für ein Auto, das bis zu 200 km/h schnell ist, gilt dies durchaus als sparsam. Dass der Tipo dämpfermäßig und in der Federung sehr auf Komfort ausgelegt ist, macht ihn zu einem idealen Langstreckenfahrzeug, das allerdings mit einem größeren Tank als dem verbauten 50-Liter-Behältnis eine noch größere Reichweite hätte.
Das in unserem Testwagen verbaute „Tech Paket“ für 990 Euro bietet ein sehr gut bedienbares Navigationssystem, einen 7-Zoll-Touchscreen und eine Rückfahrkamera. Sinnvoll erwies sich das Sicherheitspaket Plus für 500 Euro: Die adaptive Geschwindigkeitsregelung, die den Abstand zum Vordermann hält, und der City Notbremsassistent sind zu diesem Preis wirklich ein Sonderangebot. Serienmäßig sind in der Lounge-Version so sinnvolle Ausstattungsdetails wie Klimaautomatik, Lichtsensor, Regensensor, LED-Tagfahrlicht, Leichtmetallfeldgen, Blueooth-Freisprecheinrichtung fürs Handy und vieles mehr. Dass Funktionalität vor üppigem Luxus-Bling-Bling geht, ist kein Nachteil, sondern für die Zielgruppe junge Familie und Flotten-Käufer genau das richtige Angebot, bei dem Preis-Leistungsverhältnis stimmen.
Fazit: Der Fiat Tipo ist als Kombi sehr genügsam, sehr praktisch und mit dem großen Gepäckabteil ein sehr preiswertes Angebot, das schon in der Basis-Version viele Extras serienmäßig bietet. Fiat ist mit der Neuausrichtung der Marke im Zusammenspiel mit Chrysler auf einem guten Weg, preiswerte Fahrzeuge mit dem Charme der italienischen Traditionsmarke anzubieten.
Technische Daten Fiat Tipo 1.6 MultiJet (Lounge): fünftüriger Kombi, Länge: 4,57 Meter, Breite: 1,79 Meter, Höhe: 1,51 Meter, Radstand: 2,64 Meter, Wendekreis: 10,5 Meter, Leergewicht: 1.395 Kilogramm, Kofferraumvolumen: 550 – 1686 Liter, Tankinhalt: 50 Liter, Motor: Reihenvierzylinder-Turbodiesel, Hubraum 1.598 ccm, Leistung: 120 PS bei 3.750 U/min, max. Drehmoment: 320 Newtonmeter bei 1.750 U/min, 0 – 100 km/h (7-Stufen DTC): 9,7 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit: 200 km/h, Durchschnittsverbrauch: 3,7 Liter Diesel/100 km, CO2-Emission: 89 g/km, Effizienzklasse A+, Euro 6, Preis ab 21.190 Euro (Testwagenpreis 24.430 Euro).
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