Mit den facegelifteten Modellen Lexus NX 300h und CT 200h will Toyotas Luxus-Tochter in Deutschland weiter wachsen. Obwohl Lexus im oberen Premium-Segment zu Hause ist, bleibt der Erfolg in Sachen Stückzahlen vor allem in Deutschland bescheiden. Gemessen an der Produktqualität ist das ziemlich ungerecht.
Seit einem Vierteljahrhundert hier auf dem Markt, freut sich Deutschland-Chef Heiko Twellmann schon darüber, 2017 rund 2.500 Fahrzeuge zu verkaufen. Das von ihm angestrebte Ziel ist mit 5.000 Verkäufen noch immer sehr bescheiden. Die beiden jetzt in wenig sichtbaren Details facegelifteten Modelle NX 300h und CT 200h sollen helfen, die Marke Lexus nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa zu beflügeln. Interessant dabei ist, dass sich 90 Prozent der Käufer für ein Hybridmodell mit dem kleinen h entscheiden.
Im Heimatland der Luxuslimousinen hat es Lexus schwer
Dass es schwer ist, auf dem deutschen Premium-Markt gegen die deutsche Nobel-Konkurrenz anzutreten, wusste man schon 1989, als der ultraleise Lexus-V8-Zylinder LS quasi als Sonderangebot in den USA vor allem gegen die Mercedes-S-Klasse in Stellung gebracht wurde. Kurze Zeit später kam Lexus auch in Europa auf den Markt. Aber während die Marke jenseits des Atlantiks geradezu boomte, verzeichnet Lexus in Deutschland bis heute nur mäßigen Erfolg.
„Lexus auf den Kernmarkt der erfolgreichen deutschen Luxushersteller zu bringen, hat was von nach Athen getragenen Eulen“, spotteten die Medien 1990. Weil Toyota Ziele langfristig und bewundernswert hartnäckig verfolgt, setzt die Nobel-Tochter Lexus in Deutschland weiterhin optimistisch auf die Zukunft und will bald auch hierzulande so viele Fahrzeuge verkaufen wie in Italien, Spanien und Frankreich schon heute. Weil die Kunden zwischen Vollhybrid und Benziner, zwischen Front- und Allradantrieb wählen können, wurde der NX seit seinem Debüt 2014 weltweit schon 80.000-mal verkauft. In Europa hat der NX einen Anteil am Lexus-Absatz von rund 30 Prozent.
Das kaum sichtbare Facelift im Detail
Das überarbeitete Außen-Design des NX springt nicht gerade ins Auge; es könnte eher ein Suchbild „Wer findet den Unterschied zum Vorgänger“ sein. Das ist aber kein Nachteil, denn das scharfkantige und absolut charakterstarke Design vermittelt noch immer den Eindruck, man könnte sich schneiden, wenn man ihm zu nahe kommt. Diese polarisierende Formensprache kommt vor allem bei jenen gut an, die sich von gefälligem Wischiwaschi-Design nicht angesprochen fühlen. „Diese Kunden wollen ihre Individualität ausdrücken“, weiß die Lexus-Marktforschung. Die scharfen Kanten und der provokante „Diabolo“-Grill geben den Lexus-Fahrzeugen jenen verwegenen Kick mit, der Aufmerksamkeit generiert. Und der polarisiert.
Die prägnant geformten LED-Scheinwerfer mit adaptiven Matrix-Fernlichtsystem sollen die Nacht zum Tag machen, Gegenverkehr nicht blenden, was wir bei unserer sonnigen Testfahrt rund um Madrid nicht überprüfen konnten. Die neuen Rückleuchten geben dem NX mehr Breite und Präsenz, die hinteren Fahrtrichtungsanzeigen bewegen sich nun sequentiell nach außen, wie es schon Audi vorgemacht hat.
Im Innenraum hat sich deutlich mehr geändert. Sofort fällt das große Multifunktionsdisplay auf der Armaturentafel auf, das nun je nach Ausstattungslinie bis zu 10,3 Zoll groß ist. Hier ist das optimal bedienbare Navigationssystem und was wir sonst noch an Informationen haben wollen abrufbar. Allerdings hatten wir den Eindruck, dass die Navigationsführung stellenweise zu langsam ist, wenn es zum Beispiel um das genaue Ansteuern der richtigen Ausfahrt im Kreisverkehr geht. Hier waren wir meistens schneller als das Navi.
Lexus-Luxus im Innenraum
Die Material-Qualität und die Verarbeitung des Interieurs können sich mit den besten Wettbewerbern messen und reflektieren sowohl ergonomisch als auch haptisch absolutes Top-Niveau. Die eleganten Innenraumfarben lassen sich fast schon beliebig kombinieren und haben nicht nur klangvolle Namen, sondern sehen auch sehr exklusiv aus: Biskayabeige, Lotusweiß, Caramelbraun, Ascarirot oder Galaxyschwarz in der SportVersion beeindrucken jeden Ästheten. Die Zusammenstellung der Farben und Materialien ist sehr geschmackvoll gewählt.
Das Cockpit offeriert nicht nur ein griffiges Lenkrad mit den allseits bekannten Knöpfen für Soundanlage und Sonstiges, sondern zeichnet sich durch logische Funktionalität aus. Dass die Bedienbarkeit der wichtigsten Systeme auf einer Zwei-Stunden-Testfahrt erlernbar ist, zeugt von hohem konstruktiven Aufwand und Kundenverständnis. Die Analoguhr im Armaturenträger wird bei einem Zeitzonen-Wechsel automatisch gestellt. Das System kommt in Mitteleuropa allerdings kaum zur Wirkung, denn wer fährt schon aus Berlin nach Portugal oder in eine andere Zeitzone im Osten. Wichtiger wäre es gewesen, das lästige Umstellen auf Sommer- oder Winterzeit zu automatisieren.
Der NX300 h steckt voller technischer Leckerbissen
Wenn auch alle Hersteller von Konnektivität reden, ist das Einstöpseln in einen USB-Anschluss oft eine elende Quälerei, weil die USB-Stecker irgendwo versteckt wurden und nur von schlanken Frauenhänden erreichbar sind. Nicht so im NX, der übrigens auch eine große Abladefläche fürs kabellose Laden des smart-Phones offeriert, die nicht nur für ein smart-Phone ausreicht, sondern mindestens für zwei.
Hilfreich beim Rangieren: die 360-Grad-Kamera, mit der man eine lückenlose Rundumsicht quasi auf das Fahrzeug abrufen kann und die auch den Lexus Park Assist steuert. Auf Wunsch gibt es ein Head-up-Display. Diese Annehmlichkeiten haben allerdings ihren Preis: Der informative Blick in die Windschutzscheibe kostet 1.450 Euro, die Premium-Navigation mit großem Bildschirm und dem dazu gehörigen Audiosystem mit zehn Lautsprechern, DAB-Tuner, DVD-Player und Rückfahrkamera müssen mit 2.100 Euro bezahlt werden, das Mark-Levinson High-End-Audiosystem kostet 1.100 Euro extra. Für Sound-Freaks allerdings ein must have. Die adaptive Geschwindigkeitsregelung mit einer zuverlässigen Verkehrszeichenerkennung schlägt mit 750 Euro zu Buche, die Rundumsicht-Kamera mit 500 Euro.
Der Fahrcharakter im NX lässt sich individuell auf die Wünsche des Fahrers einstellen. Ob sportlich oder komfortabel, die adaptiven Dämpfer ermöglichen eine stufenlose Steuerung der Federn. Dabei fällt auf, dass auch schnell durcheilte Kurven kaum zu einer Wankneigung führen. Überhaupt hat man das Gefühl, jederzeit in einem präzise beherrschbaren Fahrzeug zu sitzen, das in Punkto Handling sehr gute Fahreigenschaften aufweist. Dabei lässt sich auch die Charakteristik des Antriebs variieren. Fahrmodi Normal, Eco und Sport und ein Modus fürs rein elektrische Fahren komplettieren die Möglichkeiten, wunschgemäß vorwärts zu eilen.
Den SUV gibt es auch mit Frontantrieb
Den NX gibt es sowohl als Allradler als auch als Fronttriebler. Wir fuhren den Hybrid mit vier angetriebenen Rädern und zwei Elektromotoren. Die Gesamtsystemleistung von 197 PS sorgt für ordentliches Temperament und weist einen kombinierten Benzinverbrauch von 5,3 Litern auf. Verblüffend bei unserer Testfahrt im innerstädtischen Verkehr Madrids ist, dass wir auf einem Drittel der Fahrstrecke rein elektrisch gefahren sind, ohne es zu bemerken. Das zeigt einmal mehr, dass ein Vollhybrid vor allem im Stadtverkehr seine Qualitäten ausspielen kann. Was noch auffällt: dass die stufenlose Automatik nicht mehr den „Gummiband“-Effekt aufweist, der den Eindruck von Trägheit vermittelt hat. Lexus-Entwicklern ist es gelungen, aus Elektroantrieb, Benzinmotor, stufenloser Automatik und dem intelligenten Batteriemanagement ein hoch effizientes Paket zu schnüren, das uns jedem Plug-in-Hybrid überlegen scheint und die Suche nach einer Ladestation und dem lästigen Verbinden mit Kabel überflüssig macht.
Fazit: Der Lexus 300 NXh ist ein exklusives Produkt und kein billiges Sonderangebot. Es entspricht der Luxus-Tochter von Toyota und der Marketing-Philosophie, die Lexus- Deutschlandchef Heiko Twellmanns so auf den Punkt bringt: „Wir wollen keine Massenmarke sein, sondern exklusiv bleiben.“ Allerdings fügt er hinzu, dass es weiter sein Ziel bleibt, „deutlich mehr zu verkaufen“. Selbst wenn das klappt, wird Lexus ganz bestimmt keine Luxus-Massenmarke. Am 18. November kommt der facegeliftete NX hierzulande zu den Händlern.
Technische Daten Lexus NX 300h: viersitziges Crossover-SUV, Länge: 4,64 Meter, Breite: 1,85 Meter, Höhe: 1,65 Meter, Radstand: 2,66 Meter, Leergewicht: 1.860 Kilogramm, Kofferraumvolumen: 555 – 1600 Liter, Tankinhalt: 60 Liter, Motor: 4-Zylinder Benziner, Hubraum 2494 ccm, Leistung: 155 PS bei 5.700 U/min, Elektromotor 68 PS, Systemleistung 197 PS, max. Drehmoment: 210 Newtonmeter bei 4.200 U/min, 0 – 100 km/h: 9,2 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h, ECE-Verbrauch kombiniert: 5,3 Liter/100 km, CO2-Emission: 123 g/km, Euro 6, Preis (Allrad) ab: 42.950 Euro, Frontantrieb ab 41.250 Euro.
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