Audi Q7: Viel Zukunftsmusik ist schon in der Gegenwart angekommen

Wir fahren mit 50 km/h an parkenden Autos vorbei, als unvermittelt ein Kind zwischen den Fahrzeugen heraus und über die Straße rennt. Das elektronische Sicherheitssystem „pre-sense-city“ des Q7 bremst nach kurzer missachteter Warnung des Fahrers im selben Augenblick das Fahrzeug abrupt ab – es kommt noch vor dem Kind zum Stehen.

Obwohl das Kind eine Puppe auf einer Schiene ist, treibt die Demonstration des Bremsassistenten den Puls in die Höhe und beeindruckt die Insassen des neuen Q7 nachdrücklich. Als wir im Q7 links abbiegen wollen, ein entgegenkommendes Fahrzeug „übersehen“, tritt die durch das Setzen des Blinkers aktivierte Gegenverkehr-Überwachung des Abbiegeassistenten Dank Radarsensoren und Frontkamera vehement in die Eisen und sorgt mit einer Vollbremsung dafür, dass ein Crash vermieden wird.

Audi Virtual Cockpit: Besser geht es nicht

Der Q7 ist nicht nur leichter, sondern auch schlanker geworden.                    Alle Fotos: Audi

Obwohl das autopilotierte Fahren noch ein paar Jahre in der Zukunft liegt, beweisen die im Q7 verbauten elektronischen Assistenten, wie viel Zukunftsmusik schon in der Gegenwart angekommen ist. Und wir haben es nicht als Bevormundung verstanden, dass die Sicherheitsbremse den Audi vor einem schweren Unfall bewahrt hat – wenn auch nicht in echt. Kein Mensch kann so schnell so richtig reagieren wie die Elektronik. Skepsis gegen diese elektronischen Assistenten ist nach meiner Überzeugung unangebracht. Mehr Sicherheit auf der Straße ist ein großer Gewinn und keine Fahrer-Bevormundung.

Im neuen Q7 gibt es gefühlt mehr Assistenten als in einer Vorstandsetage (schauen Sie sich die beeindruckenden Audi-Videos an) Da wäre einmal der Abbiegeassistent (er achtet auf den entgegenkommenden Verkehr), der Anhängerassistent (macht das Rückwärtsrangieren mit einem Anhänger zum Kinderspiel), der Assistent für die Ausstiegswarnung (warnt optisch beim Öffnen der Türe vor herannahendem Verkehr), der Parkassistent (er hilft, im richtigen Winkel in eine enge Parklücke vorwärts einzufahren), der prädiktive-Effizienzassistent mit ACC (passt die Fahrgeschwindigkeit vorausschauend dem Straßenverlauf an und sorgt für hohe Kraftstoff-Effizienz), der Querverkehrsassistent (warnt den Fahrer beim Rückwärtsfahren aus einer Parklücke vor Querverkehr und bremst im Ernstfall ab), der Stauassistent (folgt im Stop-and-go-Verkehr dem Vorausfahrenden). Es ist verblüffend, wie viel Zukunft hier schon eingebaut ist. „Kein anderes Serienauto im Segment hat mehr Assistenzsysteme“, brüstet sich Audi.

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Audi Virtual Cockpit: Besser geht es nicht.

Das Fahren im neuen Q7 lässt schon beim Anfahren spüren, dass dieser SUV kein Schwergewicht mehr ist. Er ist nach Audi-Angaben im Vergleich zum Vorgänger um bis zu 325 Kilogramm leichter geworden. Dieses „bis zu“ ist immer der Hinweis darauf, dass wie bei den Angaben zum Highspeed-Surfen der Internetprovider ein wenig gemogelt wird und der eigentliche Wert drunter liegt. Beim Q7 treffen die 325 Kilogramm Reduktion nur auf den Q7 mit Vierzylinder zu, den es in Europa nicht zu kaufen gibt. Aber die 208 Kilogramm Gewichtsabnahme beim V6 Diesel sind immer noch ein beeindruckender Abspeckwert. Die Audi-Ingenieure sind beim Fettabsaugen enorm gründlich zu Werke gegangen, haben mit viel Aluminium, intelligentem Materialmix und extremer Detailarbeit jedes Teil auf den Prüfstand der Gewichts-Notwendigkeit gelegt. Nur ein paar Beispiele: Die Türen aus Alu sparen 24 Kilogramm, die Karosserie ist um 71 Kilogramm leichter geworden, die Vorderachse um 27 Kilogramm, die Hinterachse um 40 Kilogramm, die Auspuffanlage um 19 Kilogramm, die Sitze um bis zu 19 Kilogramm, und so fort. Hier wurde in Sachen Gewicht praktisch nichts gelassen, wie es einmal war. Sogar die Fuß-Pedale sind jetzt aus Aluminium und wiegen um 60 Prozent weniger.

Die Dynamik, mit der sich der Q7 über eine kurvenreiche Straße bewegen lässt, macht vergessen, dass dieses immer noch große Fahrzeug fast zwei Tonnen wiegt. Audi verweist darauf, dass der neue Q7 das leichteste Auto seiner Klasse im Wettbewerb ist. Seine Agilität lässt sich fast mit einer Limousine vergleichen, was allerdings nicht nur dem reduzierten Gewicht, sondern vor allem einem sehr gut abgestimmten Fahrwerk und leistungsstarken Triebwerken zu verdanken ist.

Besonders gut gefallen hat uns der 3.0 TDI mit seinen 272 PS und seinem bulligen Drehmoment von 600 Newtonmetern, die zwischen 1.500 und 3.000 U/min zur Verfügung stehen. 6,3 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h sind mehr als sportlich zu nennen. Die Höchstgeschwindigkeit wird mit 234 km/h angegeben. Der Normverbrauch beträgt 5,7 Liter Diesel, am Ende unserer Testfahrt zeigte der Bordcomputer 7,8 Liter an. Auf freier Autobahn und häufigen Sprints lassen sich sicher auch 10 Liter Verbrauch erreichen, was aber nur durch unvernünftigste Fahrweise machbar sein dürfte. Der Antrieb harmoniert sehr gut mit der komfortablen Achtstufen-Automatik. Sie schaltet sehr schnell, aber weich, was dem klassischen Wandler zu verdanken ist.

Im Angebot steht auch ein 3-Liter-Benziner mit 333 PS, der aber kaum bessere Fahrleistungen vorweist und die Frage provoziert: Wozu noch ein Benziner, der mehr verbraucht, aber nicht wirklich mehr leistet. Es gibt halt Kunden, denen ein Diesel nie ins Haus kommen wird. Der Benziner hat insoweit durchaus seine Berechtigung. Im Segment einzigartig ist der Q7 TDI e-tron quattro, der allerdings noch nicht auf dem Markt ist. Es ist der weltweit erste Plug-in-Hybrid mit einem Sechszylinder-Diesel, der zusammen mit dem Elektromotor eine Systemleistung von 373 PS leistet. Rein elektrisch soll dieses Modell bis zu 56 Kilometer weit kommen.

Im Vergleich zum Vorgänger hat das Design vor allem von außen an Qualität gewonnen. Der Singleframe-Grill gibt dem Q7 eine faszinierende Eleganz und dominiert das Gesicht des Audi. Die optionalen LED-Scheinwerfer sorgen mit dem Tagfahrlicht für eine prägnante und unverwechselbare Licht-Signatur. Xenon-Scheinwerfer sind serienmäßig. Von der Seite wirkt der Q7 schlanker und proportional gelungener als der Vorgänger. Design, das man erklären muss, ist kein gutes Design. Deshalb wollen wir keine großen Worte machen. Der Q7 wirkt, strahlt Präsenz aus, ohne protzig zu erscheinen. Wo der Q7 der ersten Generation optisch wuchtig und „gewichtig“ in Erscheinung trat, wird die Gewichtsreduktion irgendwie nun auch optisch wahrnehmbar.

Im großzügig geschnittenen Innenraum das gewohnte Audi-Ambiente: hochwertig, ergonomisch, logisch. Beeindruckend: das virtual Cockpit (optional), das mit der MMI-Navigation mit Touchscreen interagiert und auf der 12,3 Zoll-Diagonale mit hoher Auflösung brillante Bilder produziert. Schneller als in einem Video wird zum Beispiel die Nadel des Drehzahlmessers pro Sekunde 60-mal neu berechnet, was zu einer absolut flüssigen Bewegung führt. Der Fahrer kann sämtliche Anzeigen über das Multifunktionslenkrad steuern und kann die volle Bandbreite der Möglichkeiten nutzen, ohne die Hand vom Lenkrad zu nehmen. Die weiter entwickelte Sprachsteuerung versteht nicht nur die üblichen unnatürlichen Formulierungen, sondern sozusagen Umgangssprache. Sie versteht nun sogar Fragen wie „Wo ist das nächste italienische Restaurant?“

HiFi-Fans kommen mit der optionalen Soundanlage von Bose oder Bang & Olufsen mit „dem neuen 3D-Klang“. Hier schießt das Marketing mit der Formulierung übers Ziel hinaus. Dass das räumliche Klangerlebnis zum 3D-Klang wird, nur weil nun auch Lautsprecher weiter oben platziert sind, ist doch arg übertrieben. Marketingmenschen neigen dazu, auch den banalsten Dingen anspruchsvolle Bezeichnungen zu geben. Dabei wäre der Hinweis auf 23 Lautsprecher und 1.920 Watt Klangleistung doch ausreichend. Das Konzertsaal-Erlebnis im Q7 beeindruckt jedenfalls mehr als der Hinweis auf einen physikalisch selbstverständlichen „3D-Klang“. Oder breiten sich Klangwellen zweidimensional aus?

 

 

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