Unterwegs im BMW i8: Wieviel Zukunft verträgt die Gegenwart?

Diese Frage ist nicht nur rhetorisch gemeint. Tatsächlich ist meine erste intensive Begegnung mit dem BMW i8 auch eine Bewährungsprobe, die wortwörtlich spannungsgeladen erscheint. Schafft es dieses Auto, uns von Vorurteilen zu befreien?

Das ist die Crux aller Fahrzeuge, die unter Strom stehen und uns glauben machen sollen, damit die Welt zu retten. Tatsächlich retten wir damit nur die Erfüllung von ins Blaue hinein definierten EU-Verbrauchsvorgaben. Ohne Elektrofahrzeuge sind diese Grenzwerte zum maximalen Flottenverbrauch für keinen Hersteller zu schaffen. Und außerdem: Tatsächlich werden wir dem Erdöl abschwören müssen, weil es abseits jeder Ideologie irgendwann zu Ende geht. Der i8 ist die Karbon gewordene Überzeugung, dass uns der Fahrspaß in jedem Fall erhalten bleibt.

Futuristisches Cockpit im i8

Futuristisches Cockpit im i8

 

Auch wer schon viel über dieses Auto gelesen hat, wer offen ist für die Zukunft und neue Technologien: Wer in den i8 einsteigt, hält schon mal die Luft an. So viel futuristische Gegenwart ist selbst für modernes Autodesign gewohnte Menschen eine ganz neue Erfahrung. Alles strahlt Science-fiction-Flair aus und ist doch Science Reality. Vielleicht ist das das Überraschende: Man erwartet ein Auto und sitzt plötzlich in einer Art Concept car für Über-Übermorgen.

Die formale Sportlichkeit eines Sportwagens hat der i8 nicht, wenn man traditionell konditioniert ist. Er hat etwas anderes, wirklich absolut Neues. Mein Fazit vorweg: Der BMW i8 ist kein Supersportwagen, aber ein super Sportwagen. Ein Plug-in-Hybrid, der zeitweise auch von Adrenalin angetrieben wird.

Die nach oben schwingenden Türen sind fast schon als moderne Normalität abgehakt. Aber jedes weitere Design-Detail am i8 scheint aus der Zukunft zu kommen. Es ist, als hätte BMW seine Designer beauftragt, ein Fahrzeug für das Jahr 2050 zu entwerfen. Das Auge kann sich kaum satt sehen an dieser futuristischen Optik, die staunen lässt, aber als überzeugend wahrgenommen wird. Man betritt – selbst im Sitzen – tatsächlich „Neuland“. Die Designer haben mit dem i8 die Zukunft großartig inszeniert. Die Ingenieure natürlich auch, die das Zusammenspiel von Elektronmotor vorn und Benziner hinten perfekt abgestimmt haben. Eine Synthese ohne Kompromisse.

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Und dennoch stellt sich diese Frage: Wieviel Zukunft verträgt die Gegenwart? Dass wir eines fernen Tages überwiegend elektrisch unterwegs sein werden, gilt als gesichert. Aber das ist noch lange hin. Dass die Käufer bei ihrer Kaufentscheidung heute überwiegend beim konventionellen Antrieb bleiben, hat viele Gründe: Reichweite, dünn gesäte Lademöglichkeiten, der hohe Preis des e-Antriebs. Der i8 kostet ab 126.000 Euro. Dafür gibt es einen Porsche 911. Man muss sich bewusst für ein Zukunftsmodell entscheiden und ein paar Nachteile in Kauf nehmen. Zum Beispiel das Ladekabel, das durch Induktions-Ladung schon bald überflüssig werden wird. Gerüchteweise ist in München zu hören, dass der i8 schon bald in einer leistungsstärkeren Version erscheinen soll. Wird es dann einen M i8 geben?

Der Markt ist noch recht zurückhaltend, was E-Mobilität angeht. Ein effizienter Verbrenner bietet oft mehr und ist billiger. Der konventionell angetriebene Kraftwagen wird noch lange die Zulassungsstatistik dominieren. Aber dass die Zukunft vor der Tür steht, macht der i8 auf sehr intelligente Weise nachdrücklich, oder sollte man sagen: nachhaltig klar.

Und wie fährt er sich? Der Plug-in-Hybrid-Sportwagen von BMW i8 ist ein überzeugendes Beispiel dafür, dass selbst eingefleischte Brummbrumm-Fetischisten ihrem Glauben abschwören können, nur die Power und Geräusch-Kulisse eines vielzylindrigen V-Treibsatzes seien eines Sportwagens würdig. Wir müssen umdenken, so scheint es. Im i8 fällt das Umdenken leichter als gedacht. Schon das akustische Signal beim Drücken des Starterknopfes klingt wie aus dem Raumschiff Enterprise beim Erreichen der Warp-Geschwindigkeit. „Faszinierend“, würde Mr. Spock sagen, der allerdings gerade Werbung für „Das Auto“ macht. Das leise Losrollen signalisiert im i8 die Ruhe vor dem Sturm. Der dann losbricht, wenn man das Gaspedal voll durchdrückt. Wenn sich der Dreizylinder im Heck meldet, klingt er wie ein gut gedämmter 8-Zylinder. Das Geräusch wird über Lautprecher synthetisch orchestriert und klingt verdammt echt nach Sportwagen.

Nicht nur beim Klangbild zeigt der i8 keine Schwächen. Die reale Dynamik verblüfft ebenso: 0 auf 100 km/h in 4,3 Sekunden lassen nicht gerade auf ein langweiliges Fahrerlebnis schließen. Damit beschleunigt der i8 fast genauso schnell wie der aktuelle M5 mit seinem 560 PS starken V8. Auch der Porsche Carrera 911 S ist nur um eine Zehntelsekunde schneller auf Tempo 100. Kaum jemand hätte vor zehn Jahren gedacht, dass ein Sportwagen dieser Leistungsklasse mit einem Dreizylinder auskommen würde. Der 1,5-Liter-Dreizylinder leistet 231 PS und entfaltet zusammen mit dem Elektromotor und seinen 131 PS beachtliche Schubraft. Der Elektromotor treibt die Vorder- der Benziner die Hinterräder an. Wer nur elektrisch fahren will, kommt maximal 35 Kilometer weit, wenn er höchstens 65 km/h schnell fährt. Rein elektrisch sind aber bis zu 120 km/h drin – allerdings nur wenige Kilometer, dann schaltet sich der Benziner dazu. Es besteht also nie die Gefahr, mit leerer Batterie zu stranden. Die Höchstgeschwindigkeit wird bei 250 km/h abgeriegelt.

Die sportliche Fahrdynamik findet dort ihre Grenzen, wo die widerstandsarmen und deshalb schmaleren Reifen der Querbeschleunigung nichts mehr entgegensetzen können und die Haftung verlieren. Der i8 lässt sich Dank perfekter Achslastverteilung von 50:50 aber auch im Grenzbereich absolut souverän kontrollieren.

Verschiedene Einstellmöglichkeiten lassen dem Fahrer die Wahl, ob er elektrisch, sportlich oder bedarfsgerecht unterwegs sein will. Interessant, dass im Sportmodus die Anzeige für Drehzahl und Geschwindigkeit rot leuchten. Selbst in diesem Detail steckt ein durchdachtes Informationskonzept mit faszinierendem Ergebnis.

Die Verbrauchsangaben sind bei allen Plug-ins reinste bürokratische Labor-Fantasie. 2,1 Liter (49 g CO2 km)werden für den i8 auf 100 Kilometer normmäßig angegeben. Wer mit voller Batterie losfährt, zurückhaltend mit dem Gasfuß ist, mag zusammen mit der Batterieladung auf den ersten 100 Kilometern damit auskommen. Wer von München nach Frankfurt fährt, braucht im Schnitt um die acht Liter. Angesichts der Fahrleistungen und im Vergleich mit vergleichbaren Sportwagen ist das immer noch sehr sparsam. Wenn schon die tatsächlichen Verbrauchswerte ganz normaler Autos wesentlich vom angegebenen Verbrauch abweichen und dies alltenhalben kritisiert wird, sollten die Werte für Plug-ins der Realität angepasst werden. Nirgendwo wird beim Verbrauch weiter an der Wirklichkeit vorbei genormt als beim Plug-in-Hybrid. Hier könnte und sollte der Verband der Autoindustrie (VDA) von sich aus initiativ werden und den Witz vom ECE-Testzyklus beenden, der mit mathematischen Salti zu diesen mehr als geschönten Verbräuchen kommt.
Ob BMW i erfolgreich sein wird, bleibt abzuwarten. Die Zeichen stehen aber sehr gut, dass das Unternehmen mit der konsequenten Entwicklung in diese Richtung langfristig einen Vorsprung für die Marke erarbeiten wird. Es ist nicht zu erwarten, dass das Milliarden-Investment und der unternehmerische Mut keine Früchte tragen.
Dass BMW mit dem i8 die internen Verkaufsziele erreicht, daran zweifelt niemand mehr. Seit Juni auf dem Markt, sind bis Ende September 341 i8 an echte Kunden ausgeliefert worden. Am Tag werden in Leipzig zehn i8 produziert. Die Jahresproduktion ist bereits ausverkauft. „Unsere Erwartungen wurden und werden bei weitem übertroffen“, freut man sich bei BMW. Und ich freue mich, eine ganz neue Erfahrung gemacht zu haben.

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