BMW-Group Chef Norbert Reithofer hält Übertreibungen gewiss nicht für die Basis kommunikativer Arbeit. Bei der Vorstellung des „elektrisch geborenen“ i3 vermied er aber jede Art zurückhaltender Bescheidenheit. Es galt schließlich, nichts weniger als „eine Revolution“ auszurufen, die unsere Gesellschaft verändern werde: das Elektroauto, zunächst in Form des futuristisch-niedlich gestalteten BMW i3.
Zeitgleich dazu geschaltet waren seine Kollegen Ian Robertson, Herbert Diess in London und Harald Krüger und Friedrich Eichiner in Peking, die sich ebenfalls nicht durch rhetorische Zurückhaltung auszeichneten. Unisono verkündeten die hochkarätigen Herolde zukünftiger Mobilität der Welt, dass ein neues Zeitalter begonnen habe.
Norbert Reithofer machte in New York mit Vorstandskollegen Peter Schwarzenbauer den Anfang und verglich das Elektroauto mit der Erfindung des Mobiltelefons, das nach 100 Jahren Festnetz-Telefonie die Art und Weise, wie Menschen miteinander kommunizieren, total verändert habe.
Die Autoindustrie habe 100 Jahre auf eine Revolution gewartet. Ein Satz wie in Stein gemeiselt, besser: in Carbon gebacken, der den Faktencheck wohl nicht bestehen würde. Denn die Autoindustrie hat noch nie auf eine Revolution gewartet, sondern sich evolutionär von Evolution zu Evolution gehangelt. Dass die Autoindustrie nun mit dem Elektroauto keine Revolution anzettelt, sondern den Elektroantrieb erstmals konsequent zum Antrieb der Zukunft erklärt, ist eher ein weiterer Schritt Darwinistischer Auslese. Wobei das Bessere das Gute verdrängt. Aber das Gute, nämlich der Verbrennungsmotor, wird sich noch ein paar Jahrzehnte behaupten. Das weiß auch Norbert Reithofer. Aber er weiß auch, dass das Elektroauto auf breiter Basis kommen und zum Verkaufsschlager wird. Nur weiß niemand, wann das sein wird.
Für BMW-Chef Norbert Reithofer ist der Wechsel vom Verbrennungsmotor zum neuen i3 sogar ein größerer Schritt als der Umstieg von der Kutsche aufs Auto. Na, ja. Ein bisschen Zuspitzung darf schon sein. Aber das klingt dann doch ein wenig zu vermessen. Denn auch das Elektroauto wird von einem Motor angetrieben und bringt uns von A nach B oder macht den Weg zum Ziel.
Sein Satz, dass die Autoindustrie so lange auf diesen Sprung nach vorne gewartet habe, ist eher Ausdruck seiner konsequenten Zielausrichtung. „Heute hat das Warten ein Ende“, verkündete Reithofer in aller Unbescheidenheit in New York. Und es klang definitiv so, als ob BMW ab sofort keine Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr bauen würde. Auch in der Kommunikation des neuen i3 bleibt BMW also konsequent, was für manchen Beobachter ein wenig nach Spagat aussehen mag. Gleichzeitig großvolumige Verbrennungsmotoren verkaufen zu müssen und den i3 als Zukunftsmodell zu preisen, ist aber nur auf den ersten Blick ein Widerspruch. Wir werden in ein paar Jahrzehnten alle elektrisch fahren und das Bollern heutiger Power-Triebwerke vielleicht nur noch auf Oldtimer-Veranstaltungen hören. BMW hat mit dem von Anfang an als Elektrofahrzeug konzipierten i3 zumindest einen Vorsprung auf dem Weg erarbeitet, den irgendwann alle Hersteller gehen werden und gehen müssen. Ob mit Batterie oder Brennstoffzelle – Elektromotoren sind irgendwann nicht nur Pflicht, sondern Notwendigkeit, weil der Ölvorrat nun mal zu Ende geht. Und wenn es erst in 100 Jahren ist.
Der i3 sei keine Evolution, sondern ein gewaltiger Sprung vorwärts. Peter Schwarzenbauer, vor ein paar Monaten von Audi zu BMW gekommen, behauptete gar: „Noch nie war BMW so stolz, der Welt ein neues Auto vorzustellen.“ Hier dürfte die Verbrenner-Fraktion bei BMW doch ein wenig zusammengezuckt sein, denn auch sie waren und sind mit Recht immer wieder stolz auf ihre Neuvorstellungen, die sich der physikalischen Grenze zur größtmöglichen Sparsamkeit nähern. Das Elektroauto wird – nicht nur für BMW – reine Notwendigkeit, um die immer schärferen Verbrauchsvorschriften zu erfüllen. Deshalb ist es für Deutschlands Autoindustrie unabdingbar, dass die Super-Credits, also die anrechenbaren Zero-Emission-Fahrzeuge mindestens 3:1 gerechnet werden.
In der Förderung neuer Technologien wird der große Unterschied zwischen den USA und Europa deutlich. Während in Europa darüber nachgedacht wird, den Verbrennungsmotor mit hohen Gebühren aus den Innenstädten zu vertreiben, verspricht New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg, in den nächsten sieben Jahren 20 Prozent der Parkplätze in New York mit Ladestationen auszurüsten, um mehr Elektroautos in die Stadt zu bringen. Der eindeutig bessere Weg: Autofahrer mit einem Angebot zu überzeugen anstatt sie mit Strafgeldern zu erziehen.
Die i3-Premiere mag an vielen Stellen kommunikativ übertrieben haben, aber wer ein solches Ziel so konsequent und aufwändig anstrebt wie BMW darf nicht leise auftreten. Auch in Sachen Marketingkommunikation ist BMW i also absolut zielorientiert unterwegs. Selbst wenn das BMW i-Geschäftsmodell mittelfristig ein unsicheres bleiben sollte, der dadurch erarbeitete Vorsprung ist ein Investment, das irgendwann auch Früchte tragen wird.
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