Ob das ein positives Signal an die US-Justizbehörden ist, wenn die renommierte Tugendwächterin im Volkswagen-Vorstand überraschend „im gegenseitigen Einvernehmen“ ausscheidet? Endet die Aufklärung im Nebel alternativer Fakten?
VW hatte die ehemalige Verfassungsrichterin erst im Herbst vorletzten Jahres bei Daimler abgeworben, wo sie zusammen mit dem ehemaligen FBI-Chef Louis Freeh verschiedene Korruptionsaffären aufgearbeitet, strenge Compliance-Regeln eingeführt und überwacht hatte. Nachfolgerin Hohmann-Dennhardts im VW-Konzernvorstand wird die Leiterin der Konzernrevision Hiltrud Werner.
Rückblick: Freeh und sein Team arbeiteten mehrere Jahre im Daimler-Konzern, „verhörten“ zahlreiche Daimler-Mitarbeiter, „als hätten wir eine Bank überfallen“, wie ein Betroffener berichtet. „Die Verhöre wurden zwar Gespräch genannt, aber danach war man fix und alle“, zumal auch deshalb, weil die Befragten im Englischen nicht unbedingt sattelfest waren. „Dass Freeh sich seine Sporen als Staatsanwalt in New York bei der Bekämpfung der Mafia verdient hatte, war am Ton der Gespräche deutlich zu spüren.“
Dass Hohmann-Dennhardt Freehs Beratungsunternehmen Freeh Group International auch nach Wolfsburg holen wollte, kam bei den US-Behörden zweifellos gut an und hat vielleicht auch zu dem Vergleich mit dem Justizministerium beigetragen. Beim VW-Betriebsrat stieß der Wunsch nach dem investigativen Amerikaner von Anfang an auf Widerstand.
„Der wird mit einem Stab seiner Fahnder hier einrücken, Millionen Euro Honorar kassieren und jeden Mitarbeiter krimineller Handlungen verdächtigen“, warnte bereits im Februar letzten Jahres ein Betriebsrat. Jetzt sagt er: „Frau Hohmann-Dennhardt scheiterte mit dem Wunschkandidaten Freeh am Widerstand maßgeblicher Kreise. Wir wundern uns, dass ihr da Matthias Müller nicht den Rücken gestärkt hat. Frau Dennhardt hatte offensichtlich ganz klare und radikale Vorstellungen, wie bei uns aufgeklärt werden müsste und konnte sich damit einfach nicht durchsetzen.“
Der abrupte Weggang der Top-Juristin und die Ablehnung Freehs als Mitaufklärer, offensichtlich vor allem durch den VW-Chefjuristen Manfred Döss und dem Betriebsrat, dürfte den US-Behörden sicher nicht gefallen. Hält sich in den USA doch hartnäckig die Erkenntnis, dass es Volkswagen mit der Aufklärung des Diesel-Skandals nicht ernst genug meint und weiter versuche, die Offenlegung der Hintergründe verzögern oder gar verhindern zu wollen.
Mit Sicherheit wird auch US-Präsident Donald Trump von seinen Beratern auf diese Top-Personalie im VW-Konzern hingewiesen werden. Wie er dieses Signal deuten wird, können wir uns lebhaft vorstellen. Dass die Compliance-Chefin bei VW regelrecht hingeworfen hat, dürfte in den USA nur als weitere Bestätigung dafür wahrgenommen werden, dass Volkswagen die Aufklärung nicht gerade fördert. Schlimmer: weiter zu verhindern versucht.
So munkelt man in der Wolfsburg, dass die Anstandsdame Hohmann-Dennhardt immer wieder darauf gedrungen habe, schneller und umfassender aufzuklären. Streitpunkt soll auch die einst von VW zugesagte Veröffentlichung des Ermittlungsberichts der US-Anwaltskanzlei Jones Day gewesen sein, der nun doch im Nebel alternativer Fakten irgendwie verborgen bleiben soll.
Nach der auffallend spröde, kurz und floskelhaft erscheinenden Danksagung des Aufsichtsrats für Christine Hohmann-Dennhardt betont VW in der Pressemitteilung:
„Volkswagen wird weiter unverändert und mit Nachdruck den Wandel im Denken und Handeln vorantreiben. Der Konzern hat seine Selbstverpflichtung zu ethischem und integrem Verhalten erheblich ausgeweitet und die Dezentralisierung innerhalb der Organisation vorangetrieben. Marken und Regionen können im operativen Geschäft heute deutlich unabhängiger agieren. Diese und andere Initiativen sind Bestandteil der umfassenden Veränderung der Firmenkultur von Volkswagen hin zu einer stärker unternehmerisch geprägten und internationaleren Organisation.“
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