Wirft VW-Chef Müller bald die Brocken hin? – „Er kann es nicht“, sagen Manager im eigenen Haus – US-Auftritt wird „katastrophal und blamabel“ genannt

„Es wird offensichtlich, dass Matthias Müller im VW-Skandal von Anfang an alles falsch macht“, sagt ein mit VW-Internas vertrauter Auto-Ingenieur. Mit dieser Wahrnehmung steht er nicht allein. In der Wolfsburg hat sich Müller mit seinem verunglückten Auftritt in Detroit keine Freunde gemacht. Auch im Aufsichtsrat kommen Zweifel auf, ob Müller die Umweltbehörden „jemals von irgendwas überzeugen kann“.

Die US-Reise Müllers sei „insgesamt ein Desaster“ geworden. Die Gespräche in Washington nennt ein Aufsichtsratsmitglied „eine blamable Abfuhr, die hätte unbedingt vermieden werden müssen“. Sicher ist der Aufsichtsrat in diesem Gremium mit seiner Meinung nicht allein. Wenn diese Kritik an Müller lauter wird, „kann es sein, dass der verärgert hinwirft“, ist zu hören.

Matthias Müller stolpert tatsächlich von einem Fettnapf in den nächsten. Sich formal reumütig zu geben, gleichzeitig aber zu behaupten, dass alles nur falsch verstandenen Gesetzen geschuldet sei, VW nicht gelogen habe, „kann man nur katastrophal nennen“, sagt der Aufsichtsrat, der behauptet, Müller nicht vorbehaltlos für den richtigen Mann gehalten zu haben. Und: „Warum entschuldigt sich Müller für etwas, das er im nächsten Satz als lügenfreies Missverständnis darstellt?“ Das Kopfschütteln ist sogar per Telefon wahrzunehmen.

„Wir sind seit Monaten mit der EPA im Gespräch“, erklärte Müller in Detroit. Dass die Gespräche bislang zu keinem Erfolg geführt haben, spricht nicht gerade für große Bereitschaft, „tatkräftig mit den Behörden zusammenzuarbeiten“. Müller wird es schwer haben, in den USA noch die Kurve zu kriegen. Das verunglückte Interview mit dem Radiosender wurde auch in der zweiten von VW erbetenen Fassung nicht besser. Im Gegenteil. Dieses Interview dürfte dann dazu geführt haben, dass die CARB bekannt gab, die Vorschläge aus Wolfsburg zur Wiedergutmachung nicht zu akzeptieren.

Dann machte VW den nächsten Fehler und korrigierte gewissermaßen die US-Behörde mit dem Argument, dass diese abgelehnten Vorschläge ja alt und überholt wären. „Müller darf jetzt nicht anfangen, mit denen zu pokern oder zu feilschen. Das geht garantiert schief und macht deutlich, dass Volkswagen sich um echte und ehrliche Aufarbeitung herum zu mogeln versucht. Müller lässt keinerlei Demut erkennen und hat offenbar keine Ahnung, wie amerikanische Behörden ticken“, kritisiert der mit dem US-Markt vertrauter Insider. „Müller hätte, wenn er es wirklich gewollt hätte, schon mit den ersten Vorschlägen zur Schadens-Reparatur punkten und überzeugen müssen.“ Nun werde „rumgeeiert und gezockt“.

Die Hoffnung auf ein gutes Gespräch mit Gina McCarthy, Chefin der Umweltbehörde EPA in Washington, verflüchtigte sich wie Feinstaub bei Windstärke 11. Sie muss richtig sauer sein, dass es so lange dauert, bis VW akzeptable Lösungen vorschlägt. Das Handelsblatt bringt es auf den Punkt. Die Gesprächspartner seien am Mittwoch mit so dürren Kommuniqués auseinander gegangen, „die an Verhandlungen der Amerikaner mit sogenannten Schurkenstaaten erinnern. Motto: Gut, dass wir geredet haben, wir arbeiten an einer Lösung“. Das ist bitter.

„Wer an der Spitze eines solchen Konzerns mit zig Beratern so dilettantisch agiert, hat sich als unfähig erwiesen, den Volkswagen-Konzern zu führen“, war am Donnerstag im VW-Umfeld zu hören. „Wer sich so oft theatralisch für etwas entschuldigt, was doch angeblich gar nicht stattgefunden hat, verspielt jegliches Verständnis, jeden Kredit und jedes Vertrauen, das noch nicht mal zu keimen begonnen hat.“ Dass der Unmut über Matthias Müller nun auch aus dem Kreis des Aufsichtsrats zu hören ist, der ihn berufen hat, ist bemerkenswert.

Fazit: Nichts ist ist gut. VW bleibt in den USA politisch auf hold. Es ist eine katastrophale Entwicklung, an deren Ende sich auch das Karriere-Ende weiterer VW-Manager abzeichnet. Matthias Müller hat in der „Diesel-Thematik“ in den USA so ziemlich alles vergeigt und nicht nur die Behörden, sondern auch die Kunden und Medien gegen VW aufgebracht. Dass Volkswagen hervorragende Autos baut, ist in dieser Situation kaum ein Trost.

Apropos: Dass der VW-Skandal „Diesel-Gate“ genannt wird, müsste den Verband der Automobilindustrie (VDA) eigentlich in Aufruhr versetzen. Denn sowohl Mercedes-Benz als auch BMW erfüllen mit ihren Diesel-Fahrzeugen die amerikanischen Grenzwerte, ohne auf dem Prüfstand zu betrügen. Dass VW mit dem Betrug auch die Anstrengungen der Wettbewerber ad absurdum geführt hat, den Diesel in den USA gesellschaftsfähig zu machen, kann den beiden anderen Herstellern nicht gleichgültig sein. Bemerkenswert die Verkennung der Lage durch den ehemaligen VDA-Präsidenten Bernd Gottschalk im Interview mit NTV: „Die erste Runde der Entschuldigung in den USA ist gut gelungen….“ Gottschalk scheint sich noch immer als VDA-Präsident zu verstehen, der sich kritische Äußerungen über seine Mitglieder verkneifen muss.

 

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