Sergio Marchionnes Coup der vollen Aktienübernahme beflügelt nicht nur Chrysler, sondern stärkt auch Fiat Automobile

Fiat 500: erfolgreich in den USA - in 2012 wurden davon 43.000 Einheiten verkauft

Fiat 500: erfolgreich in den USA – in 2012 wurden davon 43.000 Einheiten verkauft

Fiat- und Chrysler-Chef Sergio Marchionne ist auf dem besten Wege, Chrysler nachhaltig zu sanieren und Fiat zu stabilisieren. Hatte sich das Duo Dieter Zetsche und Wolfgang Bernhard jahrelang (vergeblich) bemüht, Chrysler als Tochter des Daimler-Konzerns auf Dauer erfolgreich zu machen, scheint es nun dem gebürtigen Italiener und „kanadischen Weltbürger“, aufgewachsen und ausgebildet in Toronto, tatsächlich zu gelingen.

Nicht weil Fiat nun bald die restlichen Chrysler-Aktien (41,5 Prozent) für 1,75 Milliarden Dollar, bisher im Besitz des Pensionsfonds der US-Autogewerkschaft, übernehmen wird, sondern weil er es zu verstehen scheint, die Automarke Fiat auch auf dem US-Markt zu etablieren und die Produktpaletten beider Unternehmen intelligent aufeinander abzustimmen bzw. miteinander zu verbinden. Zu dem Deal gehört auch, dass Chrysler weitere 1,9 Milliarden Dollar an Sonderdividenden bezahlt, so dass der finale Deal mit insgesamt 3,65 Milliarden Dollar zu Buche schlägt.Wie clever Marchionne verhandelt hat, wird hier deutlich: Als Daimler-Benz 1998 Chrysler übernahm, kostete das den deutschen Konzern das Zehnfache, nämlich 36 Milliarden Dollar.

Noch vor wenigen Jahren haben z.B. Fans der Marke Lancia gestöhnt, das ein Chrysler 300 (auf der Basis einer alten Mercedes-E-Klasse) nun das Traditions-Logo mit der Lanze trägt. Wirtschaftsexperten waren mit Kritik zurückhaltender, denn lieber eine Marke zunächst (!) per Badge-Engineering am Leben halten als sie in unangetasteter Schönheit sterben zu lassen. Marchionne scheint zu gelingen, was die Daimler-Führung nicht verstanden hat: unterschiedliche Kulturen zu verbinden. Doch anders als bei Daimler bzw. Mercedes-Benz passen die Auto-Marken von Fiat und Chrysler besser zusammen. Immer wieder hatte der Widerstand in der Daimler-Chrysler-Zusammenarbeit für Sand im Getriebe gesorgt: „Mercedes-Premium und Chrysler-Massenprodukte passen einfach nicht zusammen“, postulierten sogar Führungskräfte bei Daimler ihre Kritik an der „Hochzeit im Himmel“, die mit hohen Verlusten für Daimler geschieden wurde.

Marchionne denkt nicht italienisch, sondern global. Als er einmal damit drohte, den Fiat-Firmensitz nach Übersee zu verlegen, ging die italienische Politik zwar auf die Barrikaden, aber auf wesentliche Forderungen Marchionnes ein. Wenn er heute verkündet, dass der bis zum 20.Januar 2014 vollzogene Deal der Totalübernahme in die Geschichtsbücher eingehen würde, hat er nicht übertrieben. Marchionne ist völlig frei von nationalistischen Befindlichkeiten, strebt den wirtschaftlichen Erfolg an. Mit Phrasen wie „Fiat gehört Italien“ kann er nichts anfangen. Sein Ziel: ein globaler Autobauer, der keinerlei staatliche Unterstützung braucht und Gewinne abwirft. Im Vollbesitz der Aktien kann er nun ohne Rücksicht auf nationale Interessen auch der USA handeln.

Dass nun selbst die starke US-Autogewerkschaft, die sogar Daimler immer wieder zum Einlenken auf teils abenteuerliche Forderungen gezwungen hatte, bereit ist, die Restaktion an Fiat zu verkaufen, ist vor allem der Vernunft geschuldet. Deutlich wird nun: Die Gewerkschaften haben erkannt, dass mit Fiat die Chrysler-Arbeitsplätze besser gesichert werden als mit nationalem Eigensinn. Auch in Italien setzt sich diese Überzeugung durch, dass Marchionne als Retter von Fiat in die Geschichte eingehen dürfte. Kritik am Expansionskurs nach Übersee ist in Italien so gut wie nicht mehr zu hören. Dass Fiat nun selbst in den USA erfolgreich Autos verkauft, hat wohl auch den letzten Skeptiker in Italien verstummen lassen. Schließlich haben die seit zwei Jahren vermeldeten Chrysler-Gewinne die schlechte Bilanz von Fiat ausgeglichen.

Die Werbung für die Kultmarke Alfa Romeo in den USA führte nicht nur zu Jubel bei den seit rund 18 Jahren darauf wartenden Alfa-Fans, sondern auch bei den Händlern.

Mittlerweile gibt es 200 Fiat-Händler in der Chrysler-Vertriebsorganisation. Wie erfolgreich dort verkauft wird, lässt sich allein am Fiat 500 festmachen: 2012 wurden bereits 43.000 davon abgesetzt, mehr als vom smart oder Mini. Marchionne ist auf bestem Wege, seine Ankündigungen wahr zu machen.

 

Kommentar hinterlassen zu "Sergio Marchionnes Coup der vollen Aktienübernahme beflügelt nicht nur Chrysler, sondern stärkt auch Fiat Automobile"

Hinterlasse einen Kommentar

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*