Auf der Automesse in Peking hat BMW nicht nur eine Studie enthüllt, sondern ganz klare Hinweise auf den nächsten Siebener gegeben. Das BMW Concept „Vision Future Luxury“ verkörpert zumindest in Sachen Design zu 80 bis 90 Prozent den nächste Siebener, der auf der IAA 2015 vorgestellt werden wird.
Im Vergleich dazu sieht die letztes Jahr von Mercedes-Benz vorgestellte S-Klasse nur noch ästhetisch modern, aber nicht unbedingt futuristisch aus. Das muss kein Mangel sein, denn Mercedes-Kunden sind eher konservativ orientiert, aber auch das verändert sich. Zweifellos signalisiert die neue Design-Linie der Marke mit dem Stern mehr Mut als früher. Und diese Linie, die anfangs im Unternehmen sehr umstritten war, wird konsequent durchgezogen. Und sie kommt an. Der anfangs auch intern kritisierte Chef-Designer Gordon Wagener hat die Marke jetzt sichtbar im Griff. Und seine ehemaligen Kritiker sind verstummt. So ist das mit Design-Prozessen, die polarisieren müssen, wenn sie nicht Mainstream sein wollen. Wer den durchschnittlichen Geschmack treffen will, kann eben nur durchschnittlich designen. Und das kann man weder von Mercedes-Benz noch von BMW sagen.
Das nur nebenbei. Siebener und S-Klasse im ewigen Wettstreit. Nach jeder Neuvorstellung eines der beiden Fahrzeugmodelle hat das andere das Nachsehen. Neues kommt auf dem Markt eben besser an als Bekanntes. Unsere Geschmackswahrnehmung ist so programmiert, dass wir Altes meistens auch als altmodisch empfinden, selbst wenn es erst zwei, drei Jahre existiert. Dies gilt für Mode, für Frisuren, für Brillen, einfach für jede Form von Design.
Dass BMW den nächsten Siebener zunächst als Studie präsentiert, ist das übliche Procedere. Man will Meinungen hören, abtasten, was geht. Wie reagieren die Medien, wie die Messe-Besucher? Dass auf dem BMW-Stand auffallend viele Mercedes-Manager gesichtet wurden (auch Mercedes-Designer), ist ganz normal. Hatte aber diesmal vor allem den Grund, sich die 7er-Studie aus der Nähe anzuschauen.
Da sich die Technik der Automodelle in Zukunft immer weniger unterscheiden, bekommt das Design der Fahrzeuge immer mehr Gewicht. Technologie-Entwicklungen sind mittlerweile so teuer, dass sie zusammen mit Zulieferern gemacht werden, die zur Kostensenkung die Ergebnisse einer Entwicklung auch anderen Herstellern zur Verfügung stellen. Länger als ein halbes Jahr exklusiver Technologie-Vorsprung sind kaum noch möglich. Um so wichtiger werden Form und Image einer Automarke, mit der sich der Kunde identifizieren will.
Die BMW-Studie hat bei den Chinesen jedenfalls Eindruck hinterlassen. Solche Studien strahlen in Image-getriebenen Märkten wie bei den chinesischen Marken-Fetischisten auch auf die Modelle ab, die aktuell angeboten werden. Besonders in China ist demonstrativer Luxus angesagt, wie ihn die BMW-Studie Future Luxury vermittelt. Das Modell sieht gewaltig aus, wirkt wuchtig und präsent. Aber keinesfalls schwerfällig. BMW-Designchef Karim Habib und seinem Team ist ein exzellentes Auto gelungen, das geradewegs aus der Zukunft herangerollt zu sein scheint. Dagegen wirkt die Kommentierung Habibs nicht wie ein Statement, sondern eher wie „Understatement“: „Das Design des BMW Vision Future Luxury versteht sich als Botschafter: In ihm erwacht unser Verständnis von modernem Luxus zum Leben. Innovative Technologien sind ein selbstverständlicher und unverzichtbarer Teil davon. Sie ermöglichen ein neuartiges, luxuriöses Erlebnis mit vielen Facetten – sei es in Form von intelligentem Leichtbau, innovativer Raumgestaltung im Interieur oder einem komplett neuartigen User Interface Design.“ Typisch BMW. Mehr sein als scheinen.
Was kommt im nächsten Siebener? Abstriche machen werden die Kunden bei den gegenläufigen (Coachdoor-)Türen, die sich sicher ganz normal wie heute werden öffnen lassen. Dass der künftige Siebener deutlich leichter werden wird, ist sicher. Und da reden wir nicht von ein paar Kilogramm, sondern im Vergleich zum heutigen von um die 200 Kilo, wie nicht offiziell zu hören ist. Das sind Werte, die endlich in die andere Richtung weisen, ohne Abstriche am Komfort hinnehmen zu müssen. Zu verdanken ist das der konsequenten Anwendung von Karbon in wesentlichen Bauteilen.
Der Einsatzvon Carbon alsTrägerstruktur wird in den Türen, unterden Sitzen und besonders in der innovativen, leichteren B-Säulenlösung sichtbar. Statt einer durchgehenden B-Säule wie bis her ermöglicht Carbon die Einbindung der Sitzschalen als tragendes Element. Durch die Anbindung an Schweller und Mittelkonsole kann die B-Säule dadurch sehr klein und dezent ausfallen. So jedenfalls in der Studie zu sehen, sicher nicht im nächsten Siebener.
Die Technologie im Innenraum ist wahrlich Zukunftsmusik. Headup-Display mit Augmented Reality, Connectivity für alle vier Insassen, die alles ausreizt, was morgen möglich erscheint, Bildschirm auch für den Beifahrer und die hinten Sitzenden.
Die formale Gestaltung des Exterieurs gehört zum Besten, was aus den Design-Abteilungen als Zukunftsformen dringt. BMW scheint die Brücke zu den Design-Hochschulen zu schlagen, wo realitätsferne Spinnereien erlaubt sind, nein: sein müssen. Es ist zweifellos hypermutiges Design, an das man sich aber gewöhnen kann. Die Doppel-Niere gibt dem Fahrzeug (ein wenig zu viel) Wucht und Präsenz, die schlanken Scheinwerfer mit Laserlicht wie im i8 geben dem Konzept auch technologisch Eleganz.
Fazit: Die BMW Studie Future Luxury ist ein schönes Stück vorweggenommener Zukunft mit realistischem Hintergrund. So (in etwa) muss der nächste Siebener werden, alles andere wäre eine Enttäuschung.
Hier geht´s zur Pressemitteilung BMW_Vision_Future_Luxury
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