Über der ADAC-Feier zum Gelben Engel stand der Rauchpilz der SZ-Investigativ-Bombe – Präsident Peter Meyer nennt Bericht „frei erfunden und an den Haaren herbeigezogen“

Auch wenn die ADAC-Funktionsträger so taten, als wäre nix, belastete die Geschichte über angeblich manipulierte Zahlen zur Wahl der Gelben Engel die Veranstaltung in der Allerheiligen-Hofkirche in München spürbar. Konnte sich ADAC-Präsident Peter Meyer 2011 noch freuen, dass „kein Vorstandsvorsitzender eines deutschen Herstellers fehlt“, so war die erste Reihe diesmal in Bezug auf Promi-Relevanz relativ dünn besetzt. Lediglich BMW-Chef Norbert Reithofer, VW-Boss Martin Winterkorn und Audi-Chef Rupert Stadler waren gekommen. Reithofer freute sich über den Preis beste Marke, Winterkorn über den Preis für „Deutschlands liebstes Auto“, den Golf. Wer in diesen Kategorien gewinnt, kann der Preisübergabe nicht fern bleiben, das ist klar.

Aber: Gehörten früher Bundesminister, Vorstandsvorsitzende nicht nur von Automobilunternehmen, ja sogar der Bundespräsident oder Ferdinand Piëch zur Gästeschar, hat es diesmal offensichtlich  Absagen gegeben. Noch am Vortag wurde in den PR-Abteilungen der beteiligten Autofirmen diskutiert, ob und wie die Einladung zur Preisverleihung besetzt werden oder ob man absagen sollte. VW-Chef Martin Winterkorn, so wird kolportiert, soll nur unter der Voraussetzung gekommen sein, den Gelben Engel für den Golf als der Deutschen liebstes Auto nicht aus der Hand des umstrittenen ADAC-Pressechefs Michael Ramstetter übernehmen zu müssen.

Dass Mercedes-Boss Dieter Zetsche fehlte, wurde von den Veranstaltern hinter vorgehaltener Hand sehr bedauert. Er sei „dienstlich verhindert“, hieß es beim Gastgeber. Zetsche hatte in der Vergangenheit kaum eine dieser Veranstaltungen ausgelassen. Da aus dem Hause Daimler nur der Elektro-smart als bestes Stadtauto einen Preis erhielt, kam lediglich smart-Chefin Annette Winkler als Daimler-Vertrerin auf die Bühne. Mercedes-Entwicklungschef Thomas Weber war quasi auch in der ersten Reihe nur Zaungast.

Die SZ-Story mit dem Titel „Abgefahren“ vom 14. Januar hatte für alle spürbar wie eine Bombe im ADAC-Hauptquartier eingeschlagen. Und man hatte bei der Preisverleihung den Eindruck, als stünde der Rauchpilz der Explosion noch immer über dem Geschehen, das reich an Peinlichkeiten war, die auch von Moderatorin Nina Ruge nicht weggelächelt werden konnten. Selbst sie wirkte trotz ihrem professionellen Charme zum ersten Mal etwas nervös. Verständlich. Es muss verdammt schwer, gewesen sein, unter dem Eindruck der SZ-Seite 3 gute Stimmung zu verbreiten.

Als ADAC-Geschäftsführer Karl Obermair anhub, man könne diesmal nicht unbeschwert feiern, dachten viele sofort an die SZ-Story. Aber dann nannte Obermair den wirklich wichtigen Grund: den Unfall Michael Schumachers, der den Preis als Persönlichkeit des Jahres erhalten hat.

Von da an reihte sich aber Peinlichkeit an Peinlichkeit in Obermairs Rede. Es klang immer wieder wie das Bellen getroffener Hunde. Dabei zog sich der Repräsentant des ADAC immer wieder darauf zurück: Wir haben nichts falsch gemacht, gab sich als „Unschuldsengel“, wie Spiegel online vermerkt. Es fehlte nur noch, dass der Geschäftsführer mit dem Fuß aufstampfte. Er beschimpfte die Süddeutsche, als säßen dort nur wild drauflos dichtende Volontäre ohne journalistischen Ethos. Patzig verweigerte er sich der naheliegenden Erkenntnis, dass der ADAC die SZ ganz einfach widerlegen könnte: mit dem Nennen der richtigen Zahlen. Statt dessen lamentierte er, bei der Wahl zum beliebtesten Politiker würden auch wenige Tausend Stimmen ausreichen. Dass er „die Zeitung von gestern“ nur noch zum Einpacken von Fischen für sinnvoll hält, war dann die unterste Schublade seiner selbstgerechten Rhetorik. Was er vergaß zu erwähnen: dass schließlich auch die ADAC-Postille Motorwelt am Ende nur zum Fische einpacke taugt. Vermessen ätzte Obermair, Im ganzen SZ-Artikel sei eigentlich nur die Schreibweise ADAC richtig gewesen. Ob er damit den schlechten Eindruck, die Wahrnehmung draußen ausbügeln konnte, darf bezweifelt werden. Schließlich gilt auch in diesem Geschäft: Wahrnehmung ist Wirklichkeit. Selbst dann, wenn sie nicht stimmt.

Selbst Präsident Meyer hielt es für sinnvoll, die SZ-Enthüllung als „an den Haaren herbei gezogen“ zu bezeichnen. Die Story sei ein „journalistischer Skandal“. Das war schon starker Tobak. Dass er damit kritische Berichterstattung in anderen Medien provoziert, hätte ihm eigentlich sein PR-Chef sagen können. Niemand wird Verständnis dafür haben, dass sich der ADAC beim Gelben Engel mit Händen und Füßen gegen Transparenz wehrt. Die Beteiligungszahlen an der Wahl nicht zu veröffentlichen, sie unter allen Umständen geheim zu halten, nährt den Verdacht, dass gemauschelt wurde.

„Wir beweisen nicht die Richtigkeit unserer Zahlen, sondern behaupten nur, dass sie richtig seien. Das ist schwach, wenn man die SZ-Berichterstattung einen Skandal“ nennt. Wir haben allem Anschein nach doch etwas zu verbergen“, sagt ein Mitarbeiter aus der ADAC-Zentrale. „Wir sind gespannt, ob Herr Ramstetter seine Drohung von juristischen Schritten gegen die SZ wahr macht. Wenn nicht, wissen wir, warum…“

Die SZ-Story über das intransparente ADAC-Gebahren ist noch nicht zu Ende erzählt.

Die Sieger beim Gelben Engel 2014

 

 

 

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