Mercedes und BMW – laut ZDF „die Platzhirsche der deutschen Autoindustrie“ im Vergleich. Dass inzwischen längst Audi an der Spitze mitmischt, ist den Fernsehautoren offensichtlich entgangen. Was ich als neugierig machende Ankündigung verstand, endete in tiefer Enttäuschung, bei der ich am liebsten abgeschaltet hätte. Einen solchen Schwachsinn habe ich noch nie gesehen. Hier ist Fremdschämen angesagt, weil die Branche der Motor- und Wirtschaftsjournalisten wesentlich Besseres zu produzieren in der Lage ist. Die Frage „Wer baut die besseren Autos?“ – wurde jedenfalls nicht beantwortet. Dafür die Frage, wer die schlechteste Autosendung aller Zeiten produziert hat.
Die Sendung sollte sich jeder reinziehen, um mal richtig zu lachen. Realsatire, Comedy oder das Grauen in HD, jedenfalls keine Sendung, bei der Lieschen Müller auch nur den Hauch einer Entscheidungshilfe für eine der beiden Marken geliefert bekommt oder der Vorsprung einer der beiden Unternehmen sichtbar würde. Erste Kategorie: das Fahrverhalten. „Wir testen nah am Alltag“, sagt die Stimme aus dem Off. Gezeigt wird die Rennfahrerin Nicole Lüttecke, wie sie mit einem BMW 730 d und einer neuen S-Klasse S 350 und jeweils 258 PS im Drift um eine Rennstrecke prescht. „Die schnellste Runde gewinnt“, sagt die Stimme. Der Mercedes schafft die schnellste Runde mit 1:27,5 Minuten, der BMW in 1:25,7 Minuten. Erster Punkt für BMW.
Was soll uns dieses Kriterium über Alltagsnähe sagen? Vielleicht der Hinweis der Testerin, dass der BMW die bessere, direktere Lenkung hat? Beweisen zwei Sekunden Vorsprung, welche Marke in diesem Segment die bessere ist? Eine dreiste Unverschämtheit, so was überhaupt zu senden. Da lob ich mir „Top Gear“, da weiß man wenigstens, dass die wilden Drifts vor allem der Unterhaltung dienen, nicht der Markenberatung.
Zweite Kategorie: Geländewagen. BMW X5 gegen Mercedes ML. Auch hier wenig Substanzielles. Mangels ausreichender Bodenfreiheit bleibt der BMW hängen. Der Punkt geht an Mercedes.
Dritte Kategorie: Mittelklasse. Mercedes C 220 gegen einen BMW 320, wobei unerwähnt bleibt, dass der BMW ein Diesel ist. Außerdem geht der Film daran vorbei, dass die echte Mittelklasse von der E-Klasse und dem Fünfer geprägt ist. Getestet wird u.a., wie gut man jeweils ein Kind in den Kindersitz platzieren kann, wie einfach es ist auszuparken und zu wenden. Dann geht es wieder im Hausfrauen-Drift über die Rennstrecke, wie es sicher jede Mutter mit dem Kind im Kindersitz beim Einkaufen praktiziert, um noch vor dem Ehemann zu Hause zu sein. Das soll seriöse Berichterstattung mit Ratgeberfunktion sein? Der BMW scheitert fast an der höheren Ladekante beim Einladen von Einkaufsgut.
Dann wird das Thema Wirtschaftlichkeit aufgegriffen und die Frage gestellt, ob die Prospektwerte der Verbräuche stimmen. Also das weiß inzwischen auch Lieschen Müller, dass diese Normwerte eher theoretischer Natur sind und der Verbrauch vor allem vom Fahrer beeinflusst wird. Dass im „Duell“ auf Autobahnen nur 130 km/h gefahren wird, ist der political correctness geschuldet, nicht der Realität des Alltags. Statt der angegebenen 4,4 Liter braucht der Mercedes dann tatsächlich 5,1 Liter, beim BMW sind es 5,9 Liter statt 4,9 Liter.
Und dann betreten drei „Experten“ das ZDF-Machwerk, die Ludolfs, die als Autoteileverwerter auf RTL Berühmtheit erlangt haben. Sie sollen die Verbräuche durch Gewichtsreduzierung verringern, schrauben alle Teile ab, sogar die Motorhaube wird entfernt. Einer macht einen Spritspar-Lehrgang. Das Ergebnis ist klar, die Botschaft verworren. Klar dass vorausschauendes Fahren und zurückhaltendes Gas geben mehr spart als eine entfernte Motorhaube. Und das zur besten Sendezeit! Spätestens jetzt erwägt der Zuschauer, auf Rückzahlung der GEZ-Gebühren zu klagen. Der Mercedes gewinnt dieses Kriterium, weil sein Verbrauch etwas näher am Prospektwert liegt.
Dann werden noch die Werkstätten getestet, hier fallen beide Marken quasi durch, weil nicht alle eingebauten Fehler entdeckt wurden. Tatsächlich gehen Werkstättentests selten positiv für die Hersteller aus. Dass die deaktivierte Hupe nicht entdeckt wird, kann ich verstehen. Kein Mechaniker wird jedes technische Detail überprüfen können. Herausragend dann doch der mobile BMW-Service, der eine fingierte Panne kostenlos repariert. Bei Mercedes läuft Freitagnachmittag zunächst nur ein Band, auf dem zu hören ist „24 Stunden-Service, bitte legen Sie nicht auf“. Dann ein Mensch am Telefon, der sagt, dass seit 13 Uhr Feierabend ist. Das ist peinlich – für Mercedes-Benz. Klarer Sieg für BMW.
Überspringen wir den Punkt Alltagstauglichkeit, das für die Fernsehmacher bei Carl Benz beginnt. Dass auch die Nazis Mercedes fuhren, darf da nicht unerwähnt bleiben. Ist das ein Entscheidungsmerkmal für einen Kunden? Thema verfehlt.
Und dann das Kriterium Image, bei dem auto motor und sport-Chefredakteur Ralph Alex zu Wort kommen darf. „Wir haben 112.000 Leser befragt.“ Im Punkt „Ich mag die Marke“ liegt BMW vorne. BMW punkte emotional sehr stark, sagt Alex, während Mercedes eher geschätzt wird und ein nüchternes Image habe. Der Auftritt von Alex ist der einzig seriöse Augenblick in diesem Film, aber er reicht nicht aus, den sonstigen Un- und Schwachsinn aufzuwiegen.
Wie zum Beispiel jene Szene, in der in einem Kindergarten Bobby-Cars aufgestellt sind. Dreimal dürfen wir raten. Ja, je vier Mercedes und vier BMW. „Es gibt aber nur sieben Kinder, welches Bobby-Car wird übrig bleiben?“, fragt die Stimme. Ein BMW blieb stehen. Na, ja, wenigstens relativiert ein Psychologe die Auswahl der Kinder. Trotzdem geht der Punkt an Mercedes. Man ist beeindruckt.
Dann geht es um Sicherheit. Abbremsen aus Tempo 100 auf nasser Fahrbahn. Der BMW steht einen Meter früher schon bei 35,5 Meter. Unvermittelt ein Sprung zum Elektroauto. BMW i wird von einem Trend-Forscher als innovativ gelobt. ZDF-Sprech: „Die leichten Pluspunkte bei der Sicherheit gleicht BMW durch Innovationskraft aus – ein Unentschieden, wir geben beiden einen Punkt.“
Aber in der Kategorie Werthaltigkeit weigert sich mein Computer, mehr Text zu akzeptieren. Man muss es sich reinziehen, um die Willkürlichkeit und den Blödsinn zu erkennen. Das Feilschen auf dem Gebrauchtwagenmarkt und vor allem die Schlussfolgerung ist so was von albern, dass es sich einer sachlichen Beschreibung entzieht. Dass sich der BMW teurer verkaufen lässt, ist so repräsentativ und werthaltig wie eine Umfrage zum Wetter im nächsten Monat.
Dass der Film unter dem Kriterium „Fairness“ dann noch subsummiert, wieviel made-in-germany in den Autos steckt, passt zur gesamten dilettantischen Aufbereitung. Fehlt nur noch einer: Professor Ferdinand Dudenhöffer, Deutschlands führender Autoindustrie-Erklärer, der den deutschen Anteil bei BMW auf 55 Prozent, bei Mercedes auf 65 Prozent schätzt. Allerdings erweckt er den Eindruck, dass allein Mercedes seine Motoren in Deutschland produzieren lässt. Es geht dann noch um Werkverträge, um Ethik, die fehlende Transparenz und um anderes mehr. Alles wird dann zusammengerührt und führt zu dem Ergebnis, dass es Fairness nur für die Stammbelegschaft gebe. Jetzt steht es Unentschieden.
Und dann das übliche populistische Kriterium: Welche Marke hat die meisten Raser?
Ein Polizist erläutert seine subjektive Wahrnehmung, die uns das ZDF fast als repräsentativ verkaufen will: „BMW-Fahrer fahren agiler…“ Eine Radarkontrolle entscheidet dann das Duell sehr knapp, weil zufällig an einer innerstädtischen Schnellstraße ein paar wenige BMW schneller waren, als die Polizei erlaubt. Nicht erwähnt werden die vielen anderen Marken, die deutlich schneller gewesen sind.
Für das ZDF hat das Duell Mercedes „denkbar knapp mit 5:4“ gewonnen. Für mich hat das ZDF verloren. Schauen Sie selbst, wenn Sie Zeit zu vergeuden haben oder jetzt neugierig geworden sind.
Am Ende ziehe ich den Schluss, 45 Minuten vor dem Fernseher verschwendet zu haben.
Das ZDF hat sich vergeblich als seriös aufgeplustert. Hier ist die Sendung zu sehen
Peinlich, peinlicher, ZDF.
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