Hyundai ix35 Fuel Cell: Taugt die Zukunfts-Technologie für die Gegenwart?

Unter Fachleuten ist es keine Frage, dass wir langfristig alle elektrisch fahren werden. Nicht mit Strom aus einer Batterie, sondern aus einer Brennstoffzelle, die aus Wasserstoff Strom macht und aus dem Auspuff nur Wasserdampf ausstößt. Was ein wenig nach „zu schön, um wahr zu sein“ klingt, ist bereits fahrbare Realität. Wir haben mit einem Hyundai ix35 Fuel Cell ausprobiert, ob diese Zukunfts-Technologie schon für die Gegenwart taugt.

Wasserstoff ist im Universum grenzenlos vorhanden. Auf der Erde ist er überwiegend Bestandteil des Wassers. Um Wasserstoff tanken zu können, muss er erst mit relativ hohem Energieaufwand aus Wasser gewonnen werden. Kommt die dafür notwendige Energie aus regenerativen Quellen, ist Mobilität mit der Brennstoffzelle der ideale Energiekreislauf, der selbst die Deutsche Umwelthilfe jubeln lassen sollte. So weit, so gut. Und vom her Prinzip auch richtig.

Plug-in-Hybride sind nur eine Zwischenlösung

Aber, es gibt noch ein paar „aber“. Fangen wir mit den guten Nachrichten an: Wir sind vom Fahren mit der Hyundai-Brennstoffzelle begeistert. Die Reichweite mit einer Tankfüllung entspricht mit knapp 400 Kilometer nahezu gängigen Benzinern. Das Tanken dauert genau

Wasserstoff tanken geht so schnell wie das Tanken von  Benzin oder Diesel

Wasserstoff zu tanken geht so schnell wie das Tanken von Benzin oder Diesel

so lang wie das Betanken mit gängigem Kraftstoff: etwa drei Minuten. Das „Tanken“ eines Batteriefahrzeugs mit Strom aus der Steckdose ist selbst unter günstigsten Voraussetzungen nicht unter drei Stunden zu schaffen. Range-Extender (ein Benzinmotor an Bord, der Strom für die Batterie erzeugt, wie z.B. im BMW i3 und i8) und Plug-in-Hybride sind nur Krücken, mit denen wir mühsam in die Zukunft trippeln. So richtig ziehen die Kunden bei diesen alternativen Antrieben trotz staatlicher Kaufprämie (noch) nicht richtig mit, weil der herkömmliche Verbrennungsmotor immer noch viele Vorteile bietet.

Mit der Brennstoffzelle könnte sich das schlagartig ändern. Aber hier folgt schon wieder ein Aber. Die Tankstellen für Wasserstoff sind noch sehr rar. Da standen wir an der einzigen Wasserstofftankstelle in München – und die meldete eine Störung. An einem Sonntag. Keine Hilfe weit und breit. Die nächste Wasserstofftankstelle in Ulm: unerreichbar. Es hat noch in die Redaktion gereicht, aber dort musste das Fahrzeug per Hänger abgeholt werden, was zwar sowieso geplant war, aber im Normalfall auch nötig gewesen wäre. Es sei denn, Linde hätte seine mobile Tankstelle vorbeigeschickt. „Es ist uns schmerzlich bewusst, dass Kunden mit Brennstoffzellenfahrzeugen noch sehr leidensfähig sein müssen“, schrieb uns ein Verantwortlicher im Namen der Clean Energy Partnership auf unseren Hinweis zur nicht funktionierenden Tankstelle. Zur noch fehlenden Wasserstoff-Infrastruktur kommt also noch eine unbefriedigende Zuverlässigkeit der Tankstellen-Technologie.

Die Fahrt mit der Brennstoffzelle will gut geplant sein

Wir sollten dabei nicht vergessen, dass selbst Berta Benz 1885 bei ihrer legendären Fahrt mit dem Benz-Motorwagen von Cannstatt nach Pforzheim das notwendige Benzin in der Apotheke kaufen musste. Schon damals hätten die Wasserstoff-Skeptiker von heute wohl gesagt, dass sich das Automobil nicht durchsetzen könne, weil es keine Tankstellen gibt. Also Geduld, bitte: Die Zeit heilt alle Lücken.

Der Innenraum unterscheidet sich kaum vom normalen ix35  Fotos:Hyundai

Der Innenraum unterscheidet sich kaum vom normalen ix35                        Fotos:Hyundai

Unsere Fahrten mit dem Wasserstoff-Hyundai hatten wir sorgsam geplant, so dass wir auf dem Weg nach Stuttgart und zurück sowohl in Ulm als auch am Stuttgarter Flughafen problemlos Wasserstoff tanken konnten. Tatsächlich hätten wir auch nach Hamburg fahren können, ohne liegen zu bleiben. Das Wasserstoffnetz ist bereits besser als sein Ruf. Aber man muss sorgfältig überlegen, wie weit der Wasserstoff reicht. Dann ist alles kein Problem: Tankkarte einführen, Zapfhahn sorgfältig aufsetzen und Gas geben – im wahrsten Sinne des Wortes. Dass das zu hörende Zischen des mit einem Druck von 700 bar einströmenden Wasserstoffs zuweilen für ein ungutes Gefühl sorgt, muss man einfach verdrängen. Die Sicherheitssysteme sollen so ausgereift sein, dass nichts passieren kann. Selbst bei einem schweren Crash, bleibt der Tank dicht bzw. lässt entstehenden Überdruck über ein Sicherheitsventil entweichen.

Der Sound der Zukunft ist kaum zu hören

Dass wir nach unseren Testfahrten dennoch verunsichert wurden, hatte einen Grund: Denn wenige Tage später explodierte ein Erdgas-Tank in einem Volkswagen, der nur einen Druck von 200 bar aushalten muss. Allerdings hatte es der Besitzer versäumt, dem VW-Rückruf zur Tanküberholung Folge zu leisten. Würde ein Wasserstofftank explodieren, wäre das nicht nur physikalisch, sondern auch kommunikativ eine Katastrophe. Aber das erscheint nach jahrzehntelanger Erfahrung mit Wasserstofftanks im Auto sehr unwahrscheinlich.

Der Tank unterm Kofferraum steht unter Druck: mit 700 bar

Der Tank unterm Kofferraum steht unter Druck: mit 700 bar

Das Fahren im ersten seit 2013 gebauten Serien-Brennstoffzellen-Fahrzeug der Welt, dem Hyundai ix35 Fuel Cell, zeigte sich von seiner besten Seite. Der 136 PS starke Elektromotor sorgt aus dem Stand für genügend Temperament, das subjektiv noch beeindruckender erscheint als die Zahlen hergeben: 12,5 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h sind nicht berauschend, aber das stört überhaupt nicht. Mit 160 km/h verblüffend leise über die Autobahn zu gleiten, hat Charme. Das kaum wahrnehmbare Motorengeräusch, zuweilen ein leises Summen, ist zweifellos der Sound der Zukunft. Der Wasserstoff-Hyundai unterscheidet sich in Sachen Komfort nicht von seinen Brüdern mit Verbrennungsmotoren. Dass er so leise ist, birgt auch Risiken. Fußgänger erschrecken wie bei jedem Elektrofahrzeug, wenn das Auto plötzlich auftaucht. Dafür haben die Hyundai-Ingenieure das „Virtual Engine Sound System“ eingebaut: Bei Geschwindigkeiten unter 20 km/h etwa in einer Spielstraße kann per Knopfdruck der Klang eines normalen Automotors erzeugt werden. Das ist nicht witzig, sondern hilfreich.

Noch ist die Brennstoffzelle zu teuer

Nach unseren Erfahrungen fragen wir, warum die Autoindustrie bei den alternativen Antrieben erst den Umweg über Hybride und Batteriefahrzeuge geht. Die Antwort ist einfach: Die Brennstoffzelle ist wegen der noch notwendigen Platin-Beschichtung noch sehr teuer. Ersatzstoffe sind noch nicht entwickelt. Und Batterien stehen in etwa zwei Jahren vor einem größeren Leistungssprung in Bezug auf die Reichweite. Aber selbst 500 Kilometer Reichweite aus der Batterie können den Nachteil langer Ladezeiten nicht überspielen. Das Fahren mit der Brennstoffzelle kommt der Nutzerfreundlichkeit heutiger Verbrennungsmotoren am nächsten. Die offiziell angegebene Reichweite von 600 Kilometern haben wir allerdings nicht erreicht. Die geschafften 400 Kilometer sind wahrscheinlich der Tatsache geschuldet, dass wir nicht gerade langsam unterwegs waren und den Tank nie restlos befüllt haben. Für 400 Kilometer haben wir für etwa 43 Euro Wasserstoff verbraucht. Das kommt einem sparsamen Benziner sehr nahe. Bei einer Rekordfahrt schaffte ein Norweger 2014 700 Kilometer mit einer Tankfüllung.

BMW hat den Verbrennungsmotor mit Wasserstoff aufgegeben

Hyundai war übrigens der erste Hersteller, der diese Zukunftstechnologie 2013 auf die Straße gebracht hat und heute tatsächlich zum Kauf anbietet. Beim Preis von 65.450 Euro oder als Leasingmodell für 1290 Euro Monatsrate ist das kein Sonderangebot. Tatsächlich dürfte Hyundai auf jedes Fahrzeug gut 20.000 Euro draufzahlen. Die Koreaner sind beeindruckend zukunftsorientiert und wollen der Brennstoffzelle zum Durchbruch verhelfen. Sie sind bereit, dafür viel zu investieren, während zum Beispiel BMW seinen angekündigten Wasserstoff-Siebener zwar bis in Seriennähe entwickelt hatte, aber das Projekt schon vor Jahren eingestellt hat. BMW hatte vor, den Wasserstoff im Verbrennungsmotor zu nutzen. Wir sind damals den 12-Zylinder gefahren und konnten keinen Unterschied zum Benziner feststellten. Schade, dass BMW auch die Wasserstofftankstelle am Münchner Flughafen still und heimlich stillgelegt hat. Wie zu hören ist, arbeitet BMW aber weiter an der Technologie für den Treibstoff der Zukunft, wird aber letztlich auch auf die Brennstoffzelle umsteigen, die einfach effizienter arbeitet als ein mit Wasserstoff befeuerter Kolbenmotor.

Fazit: Der Hyundai ix35 Fuel Cell hat uns absolut überzeugt. Reichweite und Tank-Zeiten sind gewichtige Argumente. Das dünne Tankstellen-Netz wird hoffentlich in den nächsten fünf Jahren ausreichend dicht sein. Wenn die Batterien in E-Autos nicht deutlich mehr Reichweite generieren, schneller und ohne Kabel zu laden sind, wird sich langfristig die heute noch viel zu teure Brennstoffzelle durchsetzen. Das dürfte in etwa 20 Jahren der Fall sein. Hybride sind zweifellos nur eine Zwischenlösung. Wenn Städte anfangen, Verbrennungsmotoren ganz auszusperren, könnte man mit dem Hybrid per Elektroantrieb immer noch in die Innenstadt kommen. Das Dilemma für die Autohersteller: Es sind die noch unabsehbaren politischen Vorgaben der nächsten Jahre, die auch die technologische Entwicklung beeinflussen werden.

Technische Daten Hyundai ix35 Fuel Cell: Fünftüriger SUV, Länge: 4,41 Meter, Breite: 1,82 Meter, Höhe: 1,65 Meter, Leergewicht: 1.839 Kilogramm, Kofferraumvolumen: 465 – 1.436 Liter, Tankinhalt: 144 Liter/5,64 Kilogramm Wasserstoff, Motor: Induktionsmotor, Leistung: 136 PS, max. Drehmoment: 300 Newtonmeter ab Start, 0 – 100 km/h: 12,5 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit: 160 km/h, Durchschnittsverbrauch: 0,98 kg Wasserstoff/100 km, CO2-Emission: keine, wenn der Strom für die Wasserstofferzeugung regenerativ hergestellt wird, Preis: 64.450 Euro.

 

 

 

 

 

 

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