Im Porsche 911 Targa 4 GTS auf den Spuren der Targa Florio

Die Targa in den Siebzigern: Sicherheit an der Strecke interessierte kaum. Foto: Porsche- Archiv

„Targa Florio“ – Motorsportkenner bekommen Gänsehaut, wenn sie diesen Namen hören. Das legendäre Langstreckenrennen auf öffentlichen Straßen Siziliens mit etwa 900 Kurven wurde 1906 zum ersten, 1977 zum letzten Mal veranstaltet. Es war viele Jahre Bestandteil der Sportwagen-Weltmeisterschaft.

Das Rennen wurde von so berühmten Fahrern siegreich bestritten wie Stirling Moss/Peter Collins (Sieger 1955 auf Mercedes-Benz 300 SLR), Joakim Bonnier/Hans Herrrmann (Sieger 1960 auf Porsche 718 RS60), Wolfgang Graf Berghe von Trips/Olivier Gendebien (Sieger 1961 auf Ferrari Dino 246SP)), Paul Hawkins / Rolf Stommelen (Sieger 1967 auf Porsche 910/8) und Gijs van Lennep / Herbert Müller (Sieger 1973 auf Porsche Carrera RSR), um nur einige zu nennen.

Die Targa Florio verlangte den Fahrern alles ab – damals...  (Fotos Porsche)

Die Targa Florio verlangte den Fahrern alles ab – damals… (Fotos Porsche)

Den ursprünglich rund 148 Kilometer langen Rundkurs in einem modernen Porsche 911 Targa 4 GTS zurückzulegen, lässt einen ehrfürchtig werden. Obwohl die Streckenführung nicht an jeder Stelle mit dem Original identisch ist und nur noch rund 100 Kilometer misst, muss man ab und zu die Luft anhalten: Kaum noch vorstellbar, dass das Rennen damals über nicht gesperrte öffentliche Landstraßen ging, sich bis auf über 1000 Meter über Meeresspiegel hoch schraubte, durch Dörfer mit freilaufenden Hühnern – und Menschen führte. 1906 mag das noch vertretbar gewesen sein, als der Unternehmer Vincenzo Florio das Rennen etablierte und es schlicht „Targa“ nannte, was so viel bedeutet wie Ehren-Plakette oder Schild, die es zu gewinnen galt.

Bildschirmfoto 2015-05-01 um 20.54.22Die Fahrer der ersten Targa brauchten noch neuneinhalb Stunden für drei Runden. Helmut Marko, aktuell Formel-1-Manager bei Red Bull, hält bis heute den Rundenrekord mit knapp 33 Minuten. Er schaffte einen Schnitt von 128 km/h! Anders ausgedrückt: der absolute Wahnsinn! Kein Wunder, dass dieses Rennen 1977 nach einem tödlichen Unfall zum letzten Mal veranstaltet wurde; der WM-Status war der Veranstaltung schon 1974 entzogen worden.

Dass Porsche 1956 mit Fritz Huschke von Hanstein und Umberto Maglioli auf dem Porsche 550 RS 1500 erstmals und in Folge siebenmal siegreich war, machte die Ausfahrt im aktuellen 911 Targa GTS zu einer Erlebnisfahrt historischer Erinnerung mit dem Respekt für die fahrerische Höchstleistung der Rennfahrer. Und Dank der Porsche-Ingenieure zum fahrerischen Genuss der außerirdischen Art. Gebremst durch die Vernunft heutiger Verkehrsverhältnisse und politisch korrekter Fahrweise innerhalb gegebener Tempolimits war das Erlebnis Targa im Porsche Targa in jeder Sekunde hoch emotional. Zwar hätten wir die Runde, befeuert von 430 PS und abgesichert durch allerlei elektronischer Assistenten, locker in drei Stunden geschafft, wenn wir mutiger gewesen wären. Aber wozu? Das exzellente Fahrwerk mit elektronisch geregeltem Dämpfersystem, das hervorragend in Millisekunden schaltende 7-Gang-PDK-Getriebe, die präzise Lenkung lassen keine Wünsche offen. Auch auf den teilweise katastrophal mit Schlaglöchern und massiven Verwerfungen übersäten Straßen ist dieser Sportwagen nicht überfordert – höchstens der Fahrer überrascht, wenn hinter einer Kurve plötzlich ein Stück abgerutschter Straße sichtbar und schnelles Reagieren notwendig wird.

Das offene Targa-Dach lässt den unverwechselbaren Porsche-Sound auch im Fahrzeuginneren zu einer Art Konzerterlebnis werden, gegen das die irgendwann dräuenden Elektroautos nicht werden anbrüllen können. Ein emotionaler Motorklang gehört einfach dazu. Deshalb gibt es bei Porsche den Knopf, mit dem sich das Klangbild innen und außen um ein paar Dezibel bis an die Grenze des Erlaubten verändern lässt. Und Gänsehautfeeling erzeugt. Dazu kommt das Bellen bewusst generierter Zwischengas-Amplituden beim Zurückschalten. Der mittels Eingriff in den Abgasstrom der Sportabgasanlage um Nuancen gesteigerte Porsche-Sound ist einfach phänomenal.

Kurvenreich in schöner Landschaft: eine Rennstrecke zum Genießen

Kurvenreich in schöner Landschaft: eine Rennstrecke zum Genießen

Auf den oft sehr engen Windungen der Targa Florio Route kommen die Eigenschaften des 911 Carrera 4 Targa GTS so richtig zur Geltung. Das optionale Siebengang-PDK-Getriebe lässt per Schaltpaddel blitzartige Gangwechsel zu, und auch der Automatik-Modus wählt absolut treffsicher den jeweils optimalsten der sieben Gänge aus. Was das Fahren auf dem lenkintensiven Kurs auf Sizilien besonders sportlich macht, ist die präzise Lenkung, die die Wünsche des Fahrer exakt in Lenkbewegung umsetzt. Die Fahrt von Palermo, vorbei an der verfallenden Boxengasse hinauf nach Cerda, durch Collesano und wieder hinunter nach Campofelice di Roccela stellt heute keine fahrerischen Ansprüche mehr – jedenfalls nicht im 911 Targa 4 GTS. Plötzlich auftauchende Traktoren oder Schlaglöcher sind nur insofern eine Herausforderung, weil sie die volle Aufmerksamkeit des Fahrers erfordern.

Was bleibt nach einer Targa-Florio-Runde historischer Reminiszenzen? Einmal der Respekt für die fahrerischen Höchstleistungen der guten alten Rennsport-Tage. Zum anderen die Bewunderung für die technische Weiterentwicklung, die in den mittlerweile sieben (!) GTS-Modellen von Porsche einen Höhepunkt erreicht hat. Sie tragen die Gene des ersten GTS in sich, den 1963 für die Rennstrecke entwickelten Porsche 904 Carrera GTS, der 1964 und 1965 zweimal die Markenweltmeisterschaft gewonnen hat. Diese auf sportliches Fahren ausgerichtete Philosophie ist bis heute in allen GTS-Modellen zu spüren. Das übersetzte Kürzel Gran Tourismo Sport steht für höhere Leistung, sportlicheren Klang und ein ausgeprägtes Sport-Design. Die gesteigerte Performance des Triebwerks lässt sich zudem mittels Sport-Plus-Taste noch deutlicher auskosten. Mit dieser Taste kann der Fahrer die Gaspedal-Kennlinie und die Schaltpunkt-Auslegung verändern. Das Getriebe schaltet früher zurück, fährt die Gänge länger aus, und beim Zurückschalten wird automatisch Zwischengas gegeben. Hier schließt sich der Kreis wieder zum Klangerlebnis.

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