Jedes Mal, wenn ich im Audi S4 TDI Gas gebe, grüßt das Murmeltier. Es nickt mir zu und fragt: Was willst du mit einem Batterie-Auto, wenn dir dieser Diesel so viel Freude macht und dir in allen Autotester-Kriterien gnadenlos seine Qualitäten vor Augen führt? Nämlich: schier endlose Reichweite, einen euphorisierenden Beschleunigungs-Bums und bei all der Dynamik eine ausgeprägte Tankstellenphobie: Der Audi S4 TDI bietet also alles, was dein Autofahrer-Herz begehrt. Und selbst dein Umweltbewusstsein wird mit der strengen Abgasnorm Euro 6d zufrieden gestellt.
„Halt!“ werden jetzt Batterie-Mobilisten rufen, mit einem E-Auto ist die Fahrfreude nicht weniger ausgeprägt und der CO2-Ausstoß mit 0 Gramm geradezu optimal. Das Argument zur Fahrfreude stimmt ohne Frage. Das mit null Gramm CO2 ist falsch, siehe weiter unten. Die Fahrdynamik stimmt nur auf den ersten paar 100 Metern, weil das maximale Drehmoment beim E-Motor sofort aus dem Drehzahl-Keller springt. Aber das ist es dann auch. Ständig dynamisch unterwegs sein zu wollen, schrumpft die Energie-Reserven der Batterie schneller als die Abbuchungen deinen Kontostand. Im Ernst: Kaum ein Elektroauto mit Batterie erreicht die im Prospekt versprochenen Reichweiten. Ich habe viele von ihnen auf der Autobahn überholt, weil sie batterieschonend im Bereich unter der Richtgeschwindigkeit von 130 km/h unterwegs waren. Das ist durchaus vernünftig, aber im Audi S4 TDI muss ich mir keine Gedanken machen, wie weit ich noch komme und wie schnell ich fahren darf, um das Reichweitenoptimum auszunutzen. Diesel-Zapfsäulen gibt es an jeder Tankstelle, das Tanken dauert nur wenige Minuten.
Nicht nur der Kraftstoff wird teurer, auch der Strompreis explodiert
Aber wir wollen hier eigentlich nicht über E-Mobilität reden, sondern über einen Top-Antrieb ganz oben in der Kfz-Nahrungskette. Nein, ich bin kein Gegner von Batterie-Autos. Aber ich fühle mich nachgerade verpflichtet, dem High-Tech-Treibsatz Diesel die Ehre zu geben, die ihm und seinen Ingenieuren gebührt. Ich gehe davon aus, dass sich die E-Dynamik auf dem Markt abschwächt, sobald die Autokäufer nicht mehr mit hohen Prämien überzeugt werden (müssen), sondern den vollen Preis zu bezahlen haben. Die exorbitant steigenden Strompreise werden die Abverkäufe reiner E-Modelle auch nicht gerade beflügeln.
„100 Kilometer im Elektroauto für 13,80 Euro im Fernverkehr, keine 9 Euro mit dem Diesel: Die Entwicklung der Ladestrom-Preise gefährdet die Energiewende auf der Straße“, warnt der Chefredakteur des renommierten Magazins für elektrisches Autofahren, „Edison“. Lassen wir mal die ökonomische Seite außer Acht und wenden wir uns der ökologischen Betrachtung zu: Wenn wir darüber kritisch nachdenken, dass in Deutschland 40 Prozent des Stroms immer noch mit Kohle und Öl erzeugt werden, der CO2-Rucksack aus der Batterieproduktion erheblich ist, dann besteht die „Klima“-Bilanz des Batterieautos nur vordergründig aus „grüner Nachhaltigkeit“. Dass die Autofirmen in der Werbung für ihre E-Modelle den CO2-Ausstoß mit 0 Gramm angeben, überschreitet die Pflicht zur Wahrheit erheblich.
Das Diesel-Bashing ist sehr ungerecht
Es ist die reine Wahrheit und nichts als die Wahrheit: Meine Augen tränen, wenn ich daran denke, wie böse dem Diesel-Image auch heute noch zugesetzt wird. Längst sind die betrügerischen Defeat Devices, die mittels raffinierter Software auf Prüfständen saubere Abgase vortäuschten, Geschichte. Oxydationskatalysator, Dieselpartikelfilter, Abgasrückführung, SCR-Katalysator mit AdBlue-Einspritzung machen diesen V-6-Dreiliter-Motor zu einem Euro-6d-Musterknaben. 341 PS und ein maximales
Drehmoment von 700 Newtonmetern zwischen 1.750 und 3.250 Umdrehungen machen klar, was die Entwickler hier geleistet haben. Der Dreiliter-Turbodiesel zeigt beim Gasgeben eine so spontane Kraftentfaltung, dass es eine helle Freude ist. Der intelligent gesteuerte quattro-Antrieb und die sehr gut auf den Motorcharakter abgestimmte 8-Gang-Automatik summieren sich zu einem Fahrgefühl, wie es früher nur in echten Sportwagen zu erfahren war. Der Standardwert aus dem Stand auf 100 km/h in 4,6 Sekunden ist mehr als beeindruckend. Die abgeriegelten 250 km/h sind da nur das Sahnehäubchen auf der Dynamik-Torte des Antriebs.
Ein elektrischer Verdichter macht das Turboloch obsolet
Dass der Audi so gut am Gas hängt und ohne das früher übliche Turboloch antritt, ist unter anderem einem elektrisch angetriebenen Verdichter im Ansaugtrakt zu verdanken. Der schaufelt elektrisch angetrieben schon Sauerstoff in die Brennräume, bevor die Abgase die Turboschaufeln auf Drehzahl bringen. Der Vortrieb setzt nahezu sofort ein und beweist, dass die Feinarbeiten am Diesel immer noch mehr Effizienz zu Tage fördern. Es wäre zu bedauern, würde Audi die Weiterentwicklung des Diesels tatsächlich einschlafen lassen. Zumal der sogar mit dem Segen der Ampel-Koalition weiterleben darf, wenn er mit CO2-freiem E-Fuel betrieben wird. Das angestrebte Verbrenner-Aus betrifft nämlich nur solche Motoren, die mit fossilen Kraftstoffen betrieben werden. Auch Audi arbeitet ja an der Entwicklung synthetischer Kraftstoffe und wird eines Tages vielleicht froh sein, top entwickelte Kolbenmotoren anbieten zu können.
Die Effizienz entscheidet das Gaspedal
Die offiziellen Verbrauchswerte haben wir natürlich auch bei zurückhaltender Fahrweise nicht erreicht. Der kombinierte Verbrauch soll bei 6,9 Litern liegen. Unsere Erfahrung lag immer zwischen 7,5 und 8,5 Litern. Wären wir noch sportlicher gefahren hätten wir sicher auch die 9-Liter-Marke überschritten. Tatsächlich ist vorausschauendes Fahren das beste Rezept, selten eine Tankstelle anfahren zu müssen. Insofern sind die offiziellen Werte immer nur ein vager Anhaltspunkt für den Verbrauch. Letztlich entscheidet der Fuß auf dem Gaspedal, wie effizient und sparsam ein Fahrzeug unterwegs ist.
Was der S4 TDI sonst noch zu bieten hat, ist bei uns schon mehrfach angesprochen worden. Eine Fülle von Fahrerassistenten, das optionale virtuelle Cockpit, eine ergonomisch perfekt geformtes Armaturen-Design, die sprichwörtliche Verarbeitung und eine qualitativ hochwertige Materialauswahl. Nicht zufrieden waren wir diesmal mit der Verkehrszeichen-Erkennung, die in anderen Audi-Modellen hervorragend funktioniert hat. Immer wieder begeistert uns die prädiktive Vorausschau: der A4 nimmt das Gas weg, wenn er ihn eine 50-km/h-Zone einfährt oder wenn ein Kreisverkehr langsameres Fahren erfordert. Der Fahrer kann diese Regelung auch abschalten, aber sie hat mir in gedankenlosen Momenten schon mehrfach den Sprung in die Flensburger Punkte-Kartei verhindert. Die Wahl zwischen mehreren Fahrprogrammen von sportlich bis ökonomisch, ein je nach Wunsch straffes oder komfortables Fahrwerk; zahlreiche Systeme sind intelligent miteinander verknüpft, so dass wir jederzeit das optimale Fahrverhalten auskosten konnten.
Die Audi S4 TDI Limousine ist in ihrer neuesten Variante ein hoch entwickeltes Fahrzeug, das zwischen Komfort und Sportlichkeit alles bietet, was das Herz begehrt. Allerdings ist der S4 kein Billigangebot. Der Basispreis von 66.750 Euro wurde bei unserem Testwagen deutlich um fast 16.000 Euro überboten. Die verbauten Sonderausstattungen waren es allemal wert. Wir hätten auf kaum eine verzichten wollen.
Der Diesel wird weiterleben, wenn wir mit E-Fuels fahren
Warum baut Audi so exzellente Diesel, obwohl der Volkswagenkonzern und damit auch Audi doch allein die batteriegetriebene E-Mobilität für zukunftsfähig halten? Das Wort „allein“ können wir allerdings streichen, denn auch Audi forscht wie gesagt an synthetischen Kraftstoffen. Unser Vorschlag zur Güte: Den TDI mit seinem wunderbaren 341 PS-Treibsatz im Audi und CO2-freies E-fuel im Tank. Das wäre unsere Idealvorstellung von individueller Mobiliät, ohne nervenaufreibende Suche nach einer E-Ladesäule. Weil die Welt dieser Vorstellung noch eine Zeit lang nicht entsprechen wird, müssen wir uns mit dem Fossil-Verbrenner „begnügen“ und konstatieren dennoch Begeisterung im Grenzbereich zur Euphorie. Dass es immer noch mehr Kunden gibt, die einen Verbrenner einem reinen E-Antrieb vorziehen, lässt hoffen, dass sich die Zeit bis zur Marktreife von E-fuels überbrücken lässt.
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