Zündaussetzer kommen fast überall: Nur China hält am Verbrenner bis 2060 fest

Audi hat jetzt das Ende des Verbrenners verkündet. Gleich, ob man es prima oder schlimm findet: Auch weltweit grassieren künftig die  Verbote für Verbrennungsmotoren. Ein Überblick notiert von Harald Kaiser.

 

Die Luft für die alte Technik wird dünner. 2020 gab es rund 15 Prozent weniger Patentanmeldungen für Benziner und Diesel als 2019. Die Richtung ist also klar: An den guten alten Verbrennern wird weniger und bald wahrscheinlich auch gar nicht mehr geforscht. Das lässt sich auch daran ablesen, dass Mercedes, BMW und neuerdings auch Audi keine neuen Verbrennungsmotoren mehr konstruieren wollen. Sie werden zwar weiter Verbrenner anbieten, aber keine neuen mehr entwickeln. Hintergrund dafür ist die immer schärfer werdende Abgasgesetz-gebung und der dadurch ausgelöste Trend hin zum Elektroantrieb. Audi-Chef Markus Duesmann hat dazu erklärt: „Die EU-Pläne für eine noch strengere Abgasnorm Euro 7 sind technisch eine riesige Herausforderung bei gleichzeitig geringem Nutzen für die Umwelt. Das schränkt den Verbrennungsmotor extrem ein. Wir werden keinen neuen Verbrennungsmotor mehr entwickeln, sondern unsere bestehenden Verbrennungsmotoren an neue Emissionsrichtlinien an-passen.“ Audi will in fünf Jahren 20 Elektro-Modelle anbieten. Nach dem großen SUV e-tron und dem teuren Sportwagen e-tron GT folgt nun der kleine SUV Q4 e-tron, der für viele Menschen erschwinglich und der Einstieg in die E-Mobilität bei Audi sein soll. Auch durch dieses Modell sollen die mit hohen Strafzahlungen verbundenen EU-Grenzwerte eingehalten werden.

Überall wird das Ende der Verbannter eingeläutet

Weltweit planen immer mehr Nationen, Fahrzeuge mit Verbrennern zu verbieten. Zuletzt starteten dazu neun europäische Staaten einen Vorstoß gegenüber der EU-Kommission. Das Stuttgarter Fachmagazin „auto, motor und sport“ hat jüngst eine Zusammenstellung der Unternehmensberatung Berylls Strategy Advisors veröffentlicht, zu welchen Zeitpunkten Verbote geplant sind:

Spanien: Das Parlament hat ein Energiewendegesetz verabschiedet. Bis 2023 sollen alle spanischen Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern Zonen einrichten, in denen der Verkehr mit besonders klimaschädlichen Fahrzeugen beschränkt ist. Ab 2040 sollen in dem Land keine Verbrennungsmotor-Fahrzeuge mehr verkauft werden und ab 2050 sollen dann solche Fahrzeuge gar nicht mehr auf öffentlichen Straßen fahren dürfen.

Niederlande: Das Land hat die EU-Kommission in einem Schreiben angeblich dazu aufgefordert, ein Ausstiegsdatum für den Verkauf von Benzin- und Dieselautos zu nennen. In dem inoffiziellen Papier werden zudem Österreich, Belgien, Dänemark, Griechenland, Malta, Irland, Litauen und Luxemburg als Absender genannt. Obendrein sprechen sich die Staaten für eine bessere Ladeinfrastruktur für emissionsfreien Verkehr und deutlich strengere CO2-Emissions-Standards aus. Das Beispiel Dänemark zeigt, wie schwierig es für ein EU-Land ist, ein Verbrennerverbot durchzusetzen. Bereits 2018 kündigte die Regierung in Kopenhagen an, Diesel und Benziner ab 2030 verbieten zu wollen. Doch sie musste ihre Pläne zurückziehen, da sie gegen EU-Recht verstoßen. Seitdem wagten die Skandinavier mehrere weitere Vorstöße: Die EU müsse ihre Regeln ändern und den Mitgliedsländern erlauben, ein Verbrenner-verbot erlassen zu können. Ein EU-weites Verbot wäre zwar der Plan A. Aber wenn das nicht ginge, müssten die Regeln zumindest Einzelstaaten ermöglichen, in Eigenregie Verbote zu erlassen. Der Berylls-Auswertung zufolge hat Dänemark sein 2030er-Ziel wieder aufgegriffen. Noch rigoroser plant Norwegen ein Verbrenner-Verbot (schon 2025). Und einige weitere EU-Staaten (Irland, Slowenien und Schweden) verfolgen dasselbe Ziel.

Großbritannien: Direkt nach dem Brexit hat die britische Regierung Anfang Feb-ruar 2020 angekündigt, das Verbot von Verbrennern in Neuwagen von 2040 schon auf das Jahr 2035 vorzuziehen. Das Verbot soll für Benziner, Diesel und neu auch Hybrid-Modelle mit einem Verbrenner an Bord gelten. Premier Boris Johnson hat kürzlich in einer Kolumne in der „Financial Times“ angekündigt, das Verbot noch stärker vorzuziehen – und zwar auf 2030. „Jetzt ist die Zeit gekommen, eine grüne Erholung mit hochqualifizierten Arbeitsplätzen zu planen, die den Menschen die Sicherheit gibt, dass sie dazu beitragen, das Land sauberer, grüner und schöner zu machen“, schrieb Johnson. Großbritannien war 2019 das erste G7-Land, das sich bis 2050 das Netto-Null-Emissionsziel setzte. Neben dem Verkaufsverbot für Benzin- und Dieselfahrzeugen will Johnson auch die britische Offshore-Windener-gie bis 2030 von derzeit rund zehn Gigawatt (GW) auf 40 GW erhöhen. Zudem sagte der Regierungschef bis zu 500 Millionen Pfund für Projekte zu, in denen die Verwendung von Wasserstoff unter anderem zum Heizen und Kochen zu Hause getestet werden. Die Pläne werden von der Industrie weitgehend begrüßt.

Schottland: Das Verkaufsverbot reiner Verbrenner gilt ab 2032. Darunter fallen auch Hybridfahrzeuge ohne externen Ladeanschluss, wie sie derzeit vor allem von den asiatischen Herstellern noch stark auf den Markt gebracht werden. Zulass-ungsfähig sollen dann nur noch reine Elektrofahrzeuge (BEV) sowie Plug-in-Hybride (PHEV) sein.

Thailand: Ab 2035 sollen keine neuen Pkw mit Verbrennungsmotor auf den Markt kommen. Außerdem möchte sich das Land zu einem südostasiatischen Zentrum für die Produktion von Elektroautos entwickeln. Außerdem verschärft Thailand die Geschwindigkeit des Verbrenner-Ausstiegs: 2030 sollen bereits 50 Prozent aller Neuwagen einen reinen Elektroantrieb haben – bisher waren 30 Prozent das Ziel. Gleichzeitig investiert das in Florida ansässige Elektro-Infrastruktur-Unternehmen Evlomo zirka 50 Millionen Dollar (aktuell umgerechnet zirka 41 Millionen Euro) in Thailand, um zusammen mit dem australischen Ladestationen-Hersteller Tritium und dem chinesischen Energie-Dienstleister East Group ein Gleichstrom-Ladenetz aufzubauen.

USA: Nachdem Kalifornien, Massachusetts und New Jersey bereits 2035 aus den Verbrennern aussteigen, prescht nun der Bundesstaat Washington vor. Die Landesregierung hat jetzt ein Verkaufsaus für Verbrenner ab 2030 beschlossen – in nicht einmal neun Jahren dürfen dort keine neuen Autos mehr mit Verbrennungsmotor auf den Markt kommen. Damit lässt Washington das in Sachen Umweltpolitik als fortschrittlich geltende Kalifornien um fünf Jahre hinter sich.

Als Paukenschlag für die US-Autoindustrie galt der kürzlich von GM verkündete Ausstieg aus der Verbrennungsmotor-Produktion für ebenfalls 2035 – je nachdem, welche Ausstiegfristen sich weitere US-Bundesstaaten setzen, könnte sich für den größten US-Autobauer sogar ein Vorziehen dieser Frist lohnen. Kalifornien bestellt schon jetzt, mit Ausnahme von Sicherheitsfahrzeugen, keine Regierungsfahrzeuge mehr, die über klassische Verbrennungsmotoren verfügen.

Kanada: Erst 2050 will das nordamerikanische Land ein Verbot für Neuwagen mit Verbrennungsmotor umsetzen. Einzelne Provinzen wollen jedoch nicht so lange warten. Kanadas bevölkerungsreichste Provinz Quebec hat bekanntgegeben, bereits 2035 den Verkauf von Pkw-Neuwagen mit reinem Verbrennerantrieb verbieten zu wollen. Die im Westen Kanadas gelegene Provinz British Columbia will eine derartige Vorgabe ab 2040 umsetzen.

Ägypten: Geplant ist ein Verbrenneraus für 2040.

Israel: 2030 soll es soweit sein.

Japan: Der asiatische Inselstaat will seine Treibhausgas-Emissionen bis 2050 auf Null reduzieren; ein wichtiger Zwischenschritt soll ein 20 Jahre früher eingeführtes Verkaufsverbot für neue Verbrenner sein.

Singapur und Sri Lanka:  Ein Verbot ist ab 2030 im Gespräch.

China: Die Zentralregierung hat verfügt, dass es einen Bann für Verbrennerautos erst ab dem Jahr 2060 geben wird. Berylls zufolge richtet China mit dem neuen Fünfjahresplan die Wirtschaft neu aus und gibt dem Verbrennungsmotor sowie synthetischen Kraftstoffen aber auch der Brennstoffzelle weiterhin Chancen, Teil der Mobilität zu sein.

Nicht nur in Staaten, auch in verschiedenen Metropolen werden Umwelt-Fakten geschaffen. Paris:Ein komplettes Dieselfahrverbot gilt in Frankreichs Hauptstadt ab 2024, Fahrverbote für Benziner folgen 2030. Amsterdam: Laut dem „Clean Air Action Plan“ will die niederländische Hauptstadt nach Möglichkeit ab 2030 jegliche Benzin- und Dieselfahrzeuge aussperren. Das gilt auch für Motorräder und Roller. Schon ab 2025 soll die Ringautobahn A10 von einem Fahrverbot für Taxis, Busse, Transporter und Roller mit Verbrennungsmotoren betroffen sein, fünf Jahre später dann auch für private Pkw und Motorräder. Die geplanten Verbote tangieren nicht nur die Einheimischen, sondern auch Touristen. Selbst auf der bei den Deutschen beliebten Ferieninsel Mallorca stehen die Verbrenner-Ampeln auf Rot: Neue Diesel-Pkw dürfen dort ab 2025 nicht mehr zugelassen werden, Benziner sind ab 2035 dran. Das gilt auch für die Mietwagenbranche, der bereits seit 2020 kontinuierlich steigende Quoten an Elektroautos vorgeschrieben werden. Nach der Erhebung Berylls sind in Europa 16 Millionen Fahrzeuge und 35,9 Millionen Bürger von den Aussperrungen betroffen.

Bereits im Juni 2019 hat die US-Metropole San Francisco eine „Electric Vehicle Roadmap“ veröffentlicht, in der ein komplett emissions-freier Verkehr in der kalifornischen Stadt bis zum Jahr 2040 angestrebt und Zwi-schenziele für 2025 und 2030 festgelegt werden. Bis 2025 soll die Hälfte aller Pkw-Neuzulassungen auf Elektroautos entfallen. Ab 2030 sollen nur noch Fahrzeuge mit Elektroantrieb neu zugelassen werden. Davor hatte schon Los Angeles mit dem Plan zum „Green New Deal“ angekündigt, unter anderem den öffentlichen Nah-verkehr, aber auch den Lieferverkehr und die privaten Pkw in den Fokus zu rücken. So sieht der Plan des Bürgermeisters radikale Einschnitte vor: Bereits 2025, also in vier Jahren, sollen 25 Prozent der Autos in Los Angeles rein elektrisch fahren, im Jahr 2050 dann ausschließlich E-Mobile erlaubt sein. Schon deutlich früher soll der öffentliche Transport revolutioniert werden: Ausschließlich elektrische Taxis ab 2028, ebenfalls komplett lokal emissionsfreie Schulbusse ab 2028, ab dem Jahr 2035 muss der gesamte Lieferverkehr in der Stadt emissionsfrei fahren.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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