Golf 1,5 TSI Highline: Mehr Auto braucht man (eigentlich) nicht

Obwohl nächstes Jahr der Golf VIII auf den Markt kommt, haben wir uns noch einmal den aktuellen Golf mit dem 1,5-Liter-Motor und 150 PS genauer angesehen. Und wir stellen fest, dass das klassenloseste unter allen Autos mittlerweile in jedem Detail so ausgereift erscheint, dass es einer Neuauflage eigentlich nicht bedarf.

 

Das ist natürlich unternehmens- und entwicklungspolitisch völliger Unsinn. Das Bessere ist nun mal des Guten Feind. Kein Autohersteller kann auf die Weiterentwicklung seiner Modelle verzichten, die ja in der Regel auch zu einem besseren Produkt führt. Mindestens führen sollte. Es bedarf aber viel Fantasie, sich Verbesserungen des aktuellen Golfs, wie wir ihn gefahren haben, vorzustellen. Mehr Auto braucht man (eigentlich) nicht. Allerdings erscheint das von uns getestete Fahrzeug wohl auch deshalb so perfekt, weil zum Fahrzeug-Basispreis mit 7-Gang-Doppel-Kupplungsgetriebe von 29.950 Euro eine Menge Extras dazugekommen sind, die den Testwagen 43.630 Euro teuer machen. Diese mehr als 13.000 Euro an Optionen machen diesen Golf allerdings dermaßen rund, um nicht zu sagen perfekt, dass nichts übrig bleibt, was man vermissen könnte. Außerdem: Schließlich ist dieser Golf VII erst vor drei Jahren facegeliftet worden.

Der Golf ist nach jedem Modellwechsel immer ein Golf geblieben

Und die Modellpolitik der letzten Jahre in Sachen Golf hat nie große Design-Sprünge gebracht. Die Unterscheidungen von Golf zu Golf waren meistens nur zur erkennen, wenn man Vorgänger und Nachfolger nebeneinander betrachten konnte. Dass diese Strategie erfolgreich war, weil die Kunden auch mit dem Vorgänger nie alt aussahen, hat den Golf zu einem auch formal nachhaltigen Auto gemacht. Keinen modischen Trends folgend, ist die formale Beständigkeit zu einem Qualitätsmerkmal geworden. So ist der Golf von Modellwechsel zu Modellwechsel äußerlich immer ein Golf geblieben, während sich der Fortschritt vor allem unterm Blechkleid vollzogen hat. So dürfte es auch diesmal sein, wenn der Golf VIII nächstes Jahr die Nachfolge antritt.

Die Aufpreisliste ist lang und teuer

Ergonomisch und digital: das Cockpit                                                   Fotos:Volkwagen

Alle 40 Sekunden verliebt sich ein Kunde in einen Golf, könnte man sagen. Tatsächlich rollt in dieser kurzen Zeitspanne jeweils ein Golf vom Band. Seit 1974 sind über 33 Millionen „Gölfe“  auf den Markt gekommen. Der Golf dominiert seit den Siebzigern die Kompaktklasse und hat ihr seinen Namen gegeben. Das ultimativ klassenlose Auto steht bei den Schönen und Reichen ebenso in der Garage wie bei den weniger Betuchten, die allerdings – siehe oben – angesichts der Aufpreis-Möglichkeiten schon mal tief durchatmen müssen. Gleichwohl nennen wir den Golf in seinen Allroundqualitäten durchaus für preiswert, anders gesagt: Er ist seinen Preis wert. Allerdings muss es nicht jedes Extra sein, das wir in unserem Testwagen genießen durften.

Der Motor hängt gut am Gas, das DSG-Getriebe ist manchmal etwas ruppig

Dass sich unser Testwagen so alltagstauglich, praktisch und allroundfreundlich präsentiert, ist einerseits seinem drehmomentstarken (250 Newtonmeter) 1,5-Liter-Motor, andererseits dem Doppelkupplungsgetriebe und nicht zuletzt einer harmonischen Fahrwerkabstimmung zu verdanken. Unerwähnt bleiben darf auch die präzise Lenkung nicht.

Der Motor hängt gut am Gas, das Turboloch ist vernachlässigbar, das Fahrwerk ist jener Kompromiss zwischen sportlicher und komfortabler Auslegung, die den Golf so unauffällig angenehm oder angenehm unauffällig macht. Seine Langstreckenqualität ergänzt seine Agilität und Wendigkeit im Stadtverkehr, er liebt die kurvenreiche Landstraße ebenso wie den freien Auslauf auf der Autobahn. Wer ihn fahrdynamisch ausreizt, ist in 8,3 Sekunden auf 100 km/h und bis zu 216 km/h schnell. Allerdings kostet das deutlich mehr Kraftstoff als bei einem Durchschnittstempo zwischen 130 und 160 km/h. Wir haben den Golf bis zu einem Durchschnittsverbrauch von 9,8 Liter getrieben, allerdings mit gefühlt ständig durchgetretenem Gaspedal. Im Schnitt eines vernünftigen Alltagsgebrauch verzeichneten wir einen Durchschnittsverbrauch zwischen sechs und sieben Liter. Das ist durchaus angemessen.

Das Golf-Design ist im besten Sinne nachhaltig

Als lohnend würden wir die Adaptive Fahrwerksregelung DCC (Aufpreis 1.100 Euro) bezeichnen, die dem Fahrer verschiedene Dämpfer-Modi bietet. Im Sportmodus wird auch die Kennlinie der Lenkung verändert und das Fahrzeug spürbar straffer. Grundsätzlich würden wir uns eine noch deutlichere Unterscheidung zwischen der Einstellung Sport und Comfort wünschen. Hier haben die Ingenieure unserer Überzeugung nach zu sehr den Kompromiss zwischen Komfort und Sportauslegung gesucht. Man muss schon sehr sensibel sein, um die Unterschiede zu spüren. Aber sie sind da, keine Frage.

Teuer erscheint uns das Navisystem Discover Pro für 2.435 Euro. Es funktioniert hervorragend und schnell, aber das billigere Navigationssystem Discover Media tut es auch. Die Gestensteuerung im Pro ist wie bei allen auf dem Markt verfügbaren Gesten-Systemen überflüssig. Nach unserer Überzeugung werden Gestensysteme vielleicht wieder ganz vom Markt verschwinden. Es sieht schon ein wenig lächerlich aus, mit der Hand vor dem Bildschirm herumzuwedeln, ohne dass man wirklich eine Kontrolle wahrnimmt. Die Touchscreens sind mittlerweile so sensibel, dass der Druck auf einen Punkt bzw. das Wischen auf dem Bildschirm zuverlässiger ist, als jede Handbewegung. Dass beim preiswerteren Media-System noch Knöpfe für die Lautstärke vorhanden sind, ist in unseren Augen sogar für Leute ein Vorteil, die nach wie vor am Drehknopf für die Lautstärke hängen.

Das Soundsystem holt den Konzertsaal ins Auto

Geradezu genossen haben wir das 680 Euro teure Soundsystem „Dynaudio Excite“ mit einem digitalen 10-Kanal-Verstärker, Subwoofer, acht Lautsprechern und 400 Watt Gesamtleistung. Ob Rock, Pop oder Klassik: Das Klangerlebnis holt den Konzertsaal ins Auto. Unverzichtbar für uns die Rückfahrkamera „Rear View“ für 295 Euro, das Fahrerassistenz-System „Plus“ mit Verkehrszeichenerkennung, automatisches Abblendlicht, Stauassistent, Spurhalteassi und weitere Features. Entspanntes Dahinrollen mit der automatischen Abstandsregelung „ACC“ ist einfach ein unverzichtbares Details, das Autofahren sicherer macht. Und auf mehr Sicherheit sollten Assistenzsystem schließlich ausgerichtet sein.

Fazit: Alles in allem hat uns dieser Golf rundum überzeugt. Obwohl der nächste Golf praktisch vor der Türe steht, ist auch der Golf VII immer noch auf der Höhe der Zeit. Seine Allround-Qualitäten beeindrucken funktional und unter dem Aspekt der Alltagstauglichkeit. Man kann zügig unterwegs sein, komfortabel lange Strecken zurücklegen und Digitalität auf hohem Niveau genießen. Ob man allerdings automatisch einparken muss, per Geste das Radio bedienen will oder digitalen Radioempfang (245 Euro) braucht und viele der weiteren Optionen haben will, kann und muss jeder Kunde für sich entscheiden.

 

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