Nach neuem EuGH-Urteil: Abgasmessungen bald in jeder Straße?

Mit seinem neuesten Urteil scheint der Europäische Gerichtshof zur Jagd auf jedes Abgasmolekül zu blasen, das die bisher geltenden Durchschnittswerte als Absolutwert überschreitet.

Diese Neuausrichtung könnte das bisherige Messstationen-Szenario derart verschärfen, dass es zu weiteren Fahrverboten kommen dürfte. Denn nicht mehr die Mittelwerte über einen längeren Zeitraum gemessen, sondern bereits vereinzelte Überschreitungen der Grenzwerte können gegen EU-Recht verstoßen und damit zu Fahrverboten führen. Keine Frage dass der Umwelthilfe-Verein weitere Klagen anstrengen wird, schließlich hat er das oberste europäische Gericht hinter sich.

Die Gerichte können in Zukunft sogar weitere Messstationen anordnen, sobald die Umwelthilfe oder Anwohner belasteter Straßen darauf drängen. Der Gerichtshof beweist mit seinem Urteil vom 26. Juni 2019 erneut seine autokritische Grundeinstellung. Oder aber auch seine Anwohnerfreundliche Sichtweise. Denn die Richter verlangen, dass Messstationen immer an den am schlimmsten belasteten Stellen der Städte platziert werden müssen.

Der Deutsche Städtetag geht nach diesem Urteil davon aus, dass die Fahrverbots-Diskussion „jetzt erst richtig Fahrt aufnehmen“ dürfte. „Die bisherigen Urteile waren erst der Anfang. Wir erwarten eine breit angelegte Klagewelle der Umwelthilfe“, ist zu hören.

Das Urteil widerspricht vehement auch der von Verkehrsminister Andreas Scheuer und anderen Politikern immer wieder geäußerten Meinung, dass die Messstationen gerade nicht an den Abgasschwerpunkten aufgestellt werden sollten, weil dies das Bild der Durchschnittsbelastung verfälschen würde. Da jetzt aber nach dem neuesten Urteil die Durchschnittsbelastung keine Rolle mehr spielt, sondern der einmal gemessene Absolutwert an einer Straßenkreuzung oder an einem Busbahnhof, stellen sich die Städte auf „eine dramatische Verschärfung“ der Rechtsprechung ein.

Die Städte dürfen künftig also nicht mehr den Durchschnittswert mehrere Messstellen ermitteln, sondern müssen schon bei der Grenzüberschreitung einer einzelnen Messstelle einschreiten. „Das wird zu einer Klagewelle anschwellen“, fürchtet man im Stuttgarter Rathaus. Verkehrsminister Scheuer dürfte irren, wenn er jetzt sagt, dass sich an den Diesel-Fahrverboten in den Städten nichts ändere. Das neue Urteil des Gerichtshofes ist nach der Maut-Entscheidung ein weiterer scharfer Verweis gegenüber Scheuers autofreundlicher Sichtweise. Allerdings dürfte das Urteil bei vielen Diesel-Fahrern nicht auf Gegenliebe stoßen, hatten sie doch geglaubt, dass dräuende Fahrverbote mit dem Abschwellen der durchschnittlich berechneten Stickoxidwerte und ständig verbesserter Abgastechnik nun immer unwahrscheinlicher würden.

Das Gegenteil dürfte der Fall sein. Der Umwelthilfe-Verein wird jetzt wohl erst richtig loslegen. Und erst Ruhe geben, wenn auf jedem Aldi-Parkplatz eine Messstation steht.

 

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