Mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs hat niemand gerechnet. Der Paukenschlag aus Luxemburg wird von vielen schadenfroh als schallende Ohrfeige für die Bundesregierung gewertet. Dass es dazu auch andere Meinungen geben kann, hat der Generalstaatsanwalt am EuGH, Nils Wahl, formuliert. Der hatte noch vor kurzem eine Diskriminierung von Ausländern durch die deutschen Maut-Pläne ausgeschlossen, empfohlen, die Maut-Pläne zuzulassen und die österreichische Klage dagegen abzuweisen.
Der Kanzlerin nun eine klammheimliche Freude zu unterstellen, dass ihr Satz, „mit mir wird es eine Pkw-Maut nicht geben“, nun doch wahr wurde, ist zwar Spekulation, aber nicht von der Hand zu weisen. Auch wenn der Verkehrsminister nun darüber nachdenken lässt, ob man durch die Abschaffung der Kfz-Steuer und Einführung einer Maut für alle die juristischen Hürden ausräumen kann, behielte Merkels in Stein gemeiselter Satz seine Gültigkeit. Denn während ihrer Regierungszeit wäre selbst eine rechtskonforme Maut zeitlich nicht mehr realisierbar. Vom Tisch ist eine Maut aber noch lange nicht.
Dass sich aus dem zweifellos bestehenden Zusammenhang zwischen einer entsprechenden Kfz-Steuersenkung für Inländer und Maut für alle eine Diskriminierung ausländischer Autohalter ableiten lässt, wird selbst bei renommierten Juristen verneint. Und weil zwei Juristen durchaus drei oder noch mehr Meinungen haben können, wird die Diskussion um die Richtigkeit des EuGH-Urteils weitergehen.
In CSU-Kreisen wird hinter vorgehaltener Hand bereits diskutiert, ob Kanzlerin Merkel raffiniert über Bande gespielt hat und im intransparenten EU-Apparat auch Einfluss auf die EuGH-Entscheidung genommen haben könnte. Die faktische Unabhängigkeit des Gerichts anzuzweifeln, wäre allerdings falsch. Aber auch die EuGH- Richter sind Menschen, die sich in einem politischen Umfeld bewegen und ihre Entscheidungen nicht zum ersten Mal „politisch gewogen“ getroffen haben. Der eklatante Unterschied in der rechtlichen Bewertung des Maut-Themas wird im Vergleich zum Gutachten des EuGH-Generalstaatsanwalts offensichtlich.
Die CSU hatte die Maut zum zentralen Wahlversprechen in Bayern gemacht. Dass die politischen Gegner das Urteil gegen die Maut nun ausschlachten, kann man ihnen nicht verübeln. Zu lautstark hatte die CSU verkündet, dass man eine EU-konforme Maut-Regelung vorgelegt habe. „Aus die Maut“, jubelt Spiegel online.
Kommentar hinterlassen zu "Merkel hat Recht behalten: Eine Maut wird es mit ihr nicht geben – jedenfalls vorläufig."