Verstößt die Maut gegen EU-Recht?

Bildschirmfoto 2015-02-27 um 16.33.11In Sachen Maut pflegen viele Politiker den vorauseilenden Gehorsam. Weil sich die EU-Kommission angeblich auf ein Gutachten des Juristischen Dienstes in Brüssel berufe (das noch niemand genau kennt), jubeln die Maut-Gegner, dass der Gesetzentwurf aus Deutschland damit quasi gescheitert wäre. Verkehrsminister Dobrindt drohe ein Debakel. Das ist aber noch lange nicht der Fall.

Ausländer würden diskriminiert, sei eine Schlussfolgerung der Gutachter. Außerdem sei die Kurzzeit-Maut zu teuer, weil die Jahresvignette zu billig sei. Was widersprüchlich klingt, hat folgenden Hintergrund: Die EU-Kommission hat vor längerer Zeit die Regel formuliert, dass eine Jahresvignette achtmal so viel kosten soll wie eine Kurzzeit-Vignette. Da die billigstes Jahresvignette nur 20 Euro kosten soll, wäre jene für zehn Tage tatsächlich unverhältnismäßig teuer. Aber das ist nur ein Nebenkriegsschauplatz.

Das Gutachten stößt sich offensichtlich vor allem daran, dass deutsche Autofahrer in der Höhe des Vignetten-Preises von der Kraftfahrzeugsteuer entlastet werden sollen. Dieser Zusammenhang sei ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot, also eine Diskriminierung ausländischer Autobesitzer. Das kann man so sehen, muss man aber nicht.

Jedes Land hat das Recht, die Höhe seiner Steuern selbst zu bestimmen. Ob der deutsche Finanzminister die Kraftfahrzeugsteuer erhöht oder senkt, bleibt allein ihm bzw. dem souveränen Bundestag überlassen. Hier hat die EU-Kommission keinerlei Mitspracherecht.

Es ist also keinesfalls sicher, dass ein Gericht dies anders beurteilen wird. Die Frage ist nämlich: Kann die EU-Kommission die Senkung der Kfz-Steuer in Deutschland untersagen, wenn diese Entscheidung allein beim souveränen deutschen Staat liegt? Hier kann ein Gericht (wahrscheinlich landet das Gesetz dann doch beim Europäischen Gerichtshof) durchaus anders entscheiden, als es die Maut-Gegner für richtig halten. Ob sich aus dem zweifellos bestehenden Zusammenhang zwischen einer Kfz-Steuersenkung und Maut eine Diskriminierung ausländischer Autohalter ableiten lässt, wird selbst bei renommierten Juristen verneint. Und weil zwei Juristen durchaus drei oder noch mehr Meinungen haben können, wird die Maut wahrscheinlich erst vom EU-Gerichtshof entschieden.

Verkehrsminister Dobrindt hat´s nicht leicht. Er weiß natürlich und muss es befürchten, dass die Kanzlerin („Mit mir wird es eine Pkw-Maut nicht geben“) taktisch raffiniert über Bande spielend, ihm in Brüssel ein Bein stellen lässt. Ja, lässt. Sie selbst kann sich fein raushalten, sollen doch die anderen die Arbeit machen, die Maut zu Fall zu bringen. Die CSU hatte die Maut zum zentralen Wahlversprechen in Bayern gemacht. Es bleibt abzuwarten, wie hart sich der bayerische Ministerpräsident Seehofer zeigen wird, wenn es in Brüssel tatsächlich eng wird. Allerdings haben die Befürworter der Maut schon angekündigt, bei einer Ablehnung durch die Kommission zum EU-Gerichtshof zu gehen. Sollten sich  Dobrindt und Seehofer dem Widerstand ohne EU-Gerichtsverfahren beugen, wären sie zu Hause bei den Wählern mehr als nur blamiert. Nur mit einem letztinstanzlichen Urteil könnten sie vor die Wähler treten und behaupten: Wir haben doch alles versucht. Blamabel wär´s trotzdem. Denn Dobrindt hat ja eine EU-konforme Maut fest versprochen.

 

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