Dass Oliver Blume sich nicht vom Verbrenner verabschieden will, hat er nicht nur als Porsche-Chef gesagt, sondern auch noch in einem Pilotprojekt die E-Fuel-Produktion in Chile angeschoben. Natürlich dachte Blume dabei nicht nur an die 911er-Besitzer. Während Vorgänger Herbert Diess als Volkswagen-Konzernchef voll aufs Verbrenner-Aus und Batterie-Mobilität gesetzt hatte, steuert Blume den Konzern nun vorsichtig in Richtung Technologie-Offenheit, die Verbrenner mit E-Fuels ermöglichen soll.
Für Audi-Chef Markus Duesmann ist es offenbar nicht einfach, dem neuen technologieoffenen Kurs des Konzernchefs Blume zu folgen, ohne intern und extern gefragt zu werden, was dieses Hin und Her zu bedeuten hat. Während Audi noch unter Volkswagen-Konzernlenker Diess dem Verbrenner total abgeschworen hatte (oder abschwören musste), ab 2026 keine neuen Verbrenner mehr auf den Markt bringen wollte, deutet sich nun die Wende an. Im Interview mit der Bild-Zeitung eiern Duesmann und Audi-Entwicklungschef Oliver Hoffmann verbal in eine neue Richtung. Es ist schwer zu argumentieren, dass die noch 2021 verkündete Strategie nun eine Art Öffnungsklausel erhält. Für die PR-Strategen eine harte Nuss.
Die Antwort auf die Frage, wie kriegt man die Kurve zum Verbrenner-nicht-ganz-aus?, deutet sich nun in einem Interview mit der Bild-Zeitung an. Der Satz im Vorspann des Interviews lässt aufhorchen: „Die besten Verbrenner kommen jetzt erst noch!“ Wie das denn, wo doch Audi die Entwicklung von Verbrennern eigentlich einstellen wollte? Natürlich wird nach wie vor das Ziel E-Mobilität betont, aber es quietscht gewaltig in der Argumentations-Kurve. Da hilft auch kein das Schleudern verhinderndes Verbal-ESP. Zu offensichtlich scheint uns das Wendemanöver, das einerseits kommunikativ die Elektromobilität forcieren will, aber im Gegensatz zur früheren Strategie den E-Fuels im Verbrenner nun ebenso Platz einräumen soll.
Kommt wirklich die „letzte Generation“ Audi-Verbrenner?
Interessant wie Audi-Chef Duesmann auf die Frage, „Zuletzt war immer wieder zu hören, dass Audi sich eine klare Entscheidung zum Verbrenner-Verbot wünscht. Bleibt es dabei?“, reagiert. Er antwortet wie ein Politiker, ohne zu antworten: „Aufgrund der hohen Investitionen, die mit einer neuen Fahrzeuggeneration verbunden sind, ist es wichtig, dass Klarheit herrscht. Klarheit in der Gesetzgebung. Klarheit für die Kundinnen und Kunden und ihre Investitionen in Technologien. Daher wünschen wir uns Klarheit in Bezug auf die Regulierung bis 2035 und danach, dafür plädieren wir.“ Ob Audi fürs Verbrenner-Aus ist, sagt Duesmann nicht.
Audi-Entwicklungschef Oliver Hoffmann wird konkreter: „Wir bringen ab 2024 parallel zu den neuen E-Modellen auch eine spezifische Verbrenner-Plattform für unsere letzte Generation neuer Verbrenner auf den Markt.“ „Letzte Generation“ klingt ziemlich zweideutig und nicht wirklich final.
Markus Duesmann ergänzt, dass auch die Politik noch Fragen unbeantwortet lässt: „Bis Mitte der 2030er-Jahre wird noch viel passieren. Unser Fahrplan steht. Die besten Verbrenner kommen erst noch.“ Zu den E-Fuels sagt Duesmann Grundsätzliches: „Audi hat sich sehr klar und frühzeitig zur E-Mobilität bekannt und mit 2033 ein fixes Ausstiegsdatum aus dem Verbrenner festgelegt. Der gesamte Volkswagen-Konzern bekennt sich ganz klar zum elektrischen Antrieb. Ergänzend zur E-Mobilität setzen wir im Konzern auch auf E-Fuels. Um die Bestandsflotte, und das sind heute 1,3 Milliarden Verbrenner, CO₂-neutral zu machen, sind E-Fuels die einzige Technologie, die bekannt ist. Aufgrund der Wirkungsgrade ist ein Batterie-Auto einem mit E-Fuels betriebenen Auto bei Weitem überlegen. Die Produktion von E-Fuels ergibt dennoch Sinn, wenn sie an Orten auf der Welt hergestellt werden, wo nachhaltige Energie im Überfluss vorhanden ist. E-Fuels werden für uns als Gesellschaft also sicherlich eine Rolle spielen. Wir werden E-Fuels auch für andere Verkehrssektoren brauchen, zum Beispiel für Flugzeuge, Schiffe und Lkw. Wir setzen auf Batterietechnologie für den individuellen Pkw-Verkehr.“ Sein Kollege Hoffman verweist auf den Audi-Einstieg in die Formel 1 2026, „…wo wir mit einer Kombination aus Elektromotor und E-Fuel-Verbrenner CO2-neutral an den Start gehen werden“.
So deutlich jedenfalls hat sich Audi noch nie zu E-Fuels und – ohne es auszusprechen – zur Technologie-Offenheit bekannt. Es sieht so aus, als ob auch die EU-Kommission in diese Richtung gehen wird, zumal mehrere Länder sich gegen ein totales Verbrenner-Autos sträuben.
Es ist ein grünes Märchen, wenn ständig behauptet wird, dass es nur Vorteile und Chancen geben würde, die mit der Elektrifizierung des Verkehrs einhergehen. Technologie und die Marktbedingungen entwickeln sich zwar ständig weiter, aber es ist schwierig, alle Auswirkungen und Entwicklungen genau vorherzusagen.
Die EU und andere Regierungen haben in der Tat erkannt, dass der Übergang zur Elektromobilität eine erhebliche Menge an Rohstoffen erfordert.
Dies war auch vor dem Beginn der Antriebswende bekannt.
Wer den Anspruch hat, mit dem Übergang zur Elektromobilität nicht nur eine technologische Veränderung, sondern auch eine Veränderung in der Gesellschaft und Wirtschaft herbeizuführen, der sollte schon eine umfassende Strategie parat haben und bereit zu einer Zusammenarbeit auf allen Ebenen sein. Nur so sind diese selbst gesetzten Herausforderungen, die darauf abzielen, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren, zu bewältigen.