BMW-Chef Oliver Zipse lässt Spiegel-Inquisition ins Leere laufen

BMW-Chef Oliver Zipse ist kein Opportunist. Im Spiegel-Interview zeigt er Rückgrat und lässt die beiden Spiegel-Redakteure mit ihren voreingenommenen Fragen ins Leere laufen. Obwohl sich auch BMW dem oktroyierten Druck zur E-Mobilität nicht entziehen kann, macht Zipse klar, dass der politisch gewünschte Wandel zur E-Mobilität nicht erzwungen werden kann.

Oliver Zipse räumt ein, dass er neben einem vollelektrischen iX auch einen 7er mit Verbrennungsmotor fährt. Auf die Frage, ob er seinen Kunden angesichts steigender Benzinpreise empfehlen würde, auf E-Mobilität umzusteigen, weist er darauf hin, dass auch die Strompreise steigen. Eine vorzeitige Festlegung auf eine einzige Antriebsart wäre ein Fehler. Es gelte den gesamten CO2-Fußabdruck eines Autos über die gesamte Lieferkette, der Produktion bis zur Entsorgung zu betrachten. BMW wolle den CO2-Fußabdruck bis 2030 um 40 Prozent gegenüber 2019 senken. Bis 2030 wolle BMW weltweit 50 Prozent des Absatzes mit reinen E-Autos bestreiten. Der Erfolg der E-Mobilität hänge zudem vom Ausbau der Ladeinfrastruktur ab, die aktuell fünfmal schneller wachsen müsste.

Ohne 100 Prozent Grünstrom bleibt E-Mobilität wirkungslos

Was er von einem Verbrenner-Verbot halte, wie es die fragenden Redakteure von der künftigen Regierung erwarten, als sei es schon beschlossen. „In dieser Pauschalität nichts“, enttäuscht er die Fragesteller. „Die Hoffnung, dass dann alle nur noch elektrisch fahren, wird sich nicht erfüllen“, beschreibt Zipse die Realität. „Was bringen uns Elektroautos, die mit Kohlestrom angetrieben werden?“ Es fehle noch immer ausreichend erneuerbare Energie. Die Spiegel-Redakteure bleiben inquisitorisch hartnäckig: Das US-Institut ICCT und der ADAC hätten bewiesen, dass E-Autos auch beim aktuellen Energiemix umweltfreundlicher seien als Verbrenner. Wie voreingenommen die Fragesteller pro E-Automobilität sind, wird deutlich, dass sie an dieser Stelle keine Frage stellen, sondern suggerieren: „Ein Komplettumstieg würde dem Klima bereits heute nützen“, behaupten die Spiegel-Redakteur in ihrer unjournalistischen „Frage“, die die gewünschte Antwort schon in sich trägt. Zipse bleibt bei seiner Überzeugung: E-Autos hätten in der Batterie-Produktion einen höheren CO2-Ausstoß, der nur dann kompensiert werde, wenn auch der Betrieb aus 100 Prozent Grünstrom betrieben werde. „100 Prozent Grünstrom für alle Fahrzeuge wird in achteinhalb Jahren aber kaum zur Verfügung stehen. Die E-Mobilität wächst auch ohne (Verbrenner-)Verbot rasant. Unsere Marken Mini und Rolls-Royce werden in zehn Jahren 100 Prozent elektrisch sein. Aber das funktioniert eben nicht in allen Segmenten weltweit bis 2030 und auch nicht bis 2035.“

„Wir entwickeln auch den Verbrenner weiter!“

Immer wieder antwortet der BMW-Chef im Spiegel-Interview aufgrund realistischer Ideologieferne sachlich orientiert und keineswegs im Sinne der Fragesteller, die erkennen lassen, dass sie die Antworten am liebsten selbst formulieren würden. Man spürt im ganzen Interview nicht nur zwischen den Zeilen den subtilen Versuch fernab journalistischer Regeln, Zipse in die argumentative Enge treiben zu wollen. „Sie wollen also weiterhin in Verbrenner-Technologie und Abgasreinigung investieren?“, versuchen die Journalisten Zipse zu provozieren. Der antwortet sachlich: „Der Schwerpunkt liegt auf dem E-Antrieb, aber ja: Wir entwickeln auch den Verbrenner weiter. Die Autoindustrie Europas sei dabei führend. Mit einem Verbot würde man diese Stellung aufgeben. Warum sollte das ein Land der Ingenieure tun, anstatt das Potenzial zur CO2-Reduktion auszuschöpfen. „Und wenn der Standort Deutschland vom Export solcher Technologien profitieren kann, um so besser!“, retourniert Zipse die Frage.

E-Mobilität boomt nur dank Kaufprämien

Auch dass BMW weiterhin auf die Brennstoffzelle und Wasserstoff setzt, scheint den Spiegel-Redakteuren zu missfallen. Zipse listet die vielen Vorteile von Wasserstoff auf und kommt zum Schluss: „Die Energiewende wird nur mit Strom und Wasserstoff gemeinsam gelingen.“ Und er weist darauf hin: „Diese Ablehnung gegenüber dem Wasserstoffantrieb gibt es übrigens weder in China noch in Japan, noch in den USA, sondern vor allen Dingen in Deutschland.“ Die Spiegel-Redakteure bleiben bei ihrer Ablehnung. Schließlich versuchen sie´s mit dem Verweis auf Allround-Genie Elon Musk, der nichts von Wasserstoff halte und voll auf Elektro setze. Zipse lässt sich nicht irritieren. Jedes Unternehmen müsse seine Entscheidung für sich treffen. Ein reiner Elektrohersteller (wie Tesla) decke auch nicht alle Segmente weltweit ab. Und dann klärt Zipse sachlich auf: „Fakt ist: In Deutschland boomt die E-Mobilität bislang dank der Kaufprämien, die Staat und Hersteller gemeinsam finanzieren. Der Verkauf der E-Autos muss sich aber irgendwann selbst tragen. Subventionen verzerren den Markt.“ Diese Gelder sollten schrittweise vom Produkt auf die Infrastruktur umgeleitet werden. Deren Aufbau könnten nicht die Autohersteller allein leisten.

„Warum eigentlich nicht? Das Tankstellennetz wurde doch auch nicht vom Staat aufgebaut?“ wollen die Redakteure wissen. Zipse verweist darauf, dass das Tankstellennetz vor allem von Mineralölunternehmen aufgebaut wurde und nicht von Autoherstellern. Und noch ein untauglicher Versuch, Zipse zu verunsichern. „Wenn jemand sein Produkt verkaufen will, muss er dann nicht selbst dafür sorgen, dass der Kunde es nutzen kann?“ Auch diese Frage geht ins Leere, denn Zipse antwortet schlagfertig: „Soll ein Lampenhersteller künftig ebenfalls den Strom erzeugen und liefern?“ Auch dass Tesla mehr als 29.000 Ladesäulen aufgestellt hat und trotzdem Rekordgewinne vermeldet, ändert nichts an Zipses Überzeugung. „Die Rekordgewinne stammen meines Wissens nicht aus Stromerzeugung und Ladeinfrastruktur.“

„Es gibt überhaupt keine Alternative zu E-Fuels“

Auch BMW beteilige sich im Konsortium Ionity am Aufbau der Ladeinfrastruktur vor allem an Autobahnen. Umgekehrt hält es Zipse für sinnvoll, dass die Kraftstoffindustrie an ihren Tankstellen auch CO2-freien Strom, Wasserstoff und E-Fuels anbietet. Die beiden Spiegel-Redakteure – voll auf alleinseligmachender E-Ideologie gepolt – fragen entsetzt: „Synthetische Treibstoffe sollen ebenfalls noch zum Antriebsmix gehören? Sogar in Ihrem eigenen Lobbyverein VDA gibt es mächtige Vertreter, die das für einen Irrweg halten“, versuchen sie Zipse mit dem subtilen Verweis auf VW-Chef Herbert Diess zu irritieren.  Zipse kontert kühl: „Für den heutigen Bestand an Fahrzeugen gibt es überhaupt keine Alternative zu E-Fuels. Wir reden von 200 Millionen Fahrzeugen in der EU. Wenn die nicht zur CO2-Reduzierung beitragen, dann sind die Klimaschutzziele in Deutschland und der EU nicht erreichbar – egal wie viele neue E-Modelle wir bringen. Sie können die Menschen ja schlecht zum Neuwagenkauf zwingen.“

Dass die Spiegel-Fragesteller einen solchen Zwang insgeheim doch für sinnvoll halten, können sie zwar nicht sagen, aber man spürt es in jeder Frage. Ob die Mobilitätswende eine soziale Frage aufwerfe, „weil sich nur eine Elite ein E-Auto mit eigener Ladestation im Haus leisten kann“? fragen sie. Zipses Antwort: „Dazu darf es nicht kommen. Wir dürfen den allgemeinen Zugang zu Mobilität nicht gefährden – das ist auch ein soziales Gebot.“

BMW will kein Massenhersteller sein

Der BMW-Chef äußert sich noch zu anderen Themen: Autofreie Innenstädte: Autos raus, U-Bahn rein sei zu pauschal. Kleinwagen statt hochpreisiger Limousinen und SUVs? Das größte Volumen mache BMW im unteren und mittleren Marktsegment. BMW habe den Mini elektrifiziert, komme nächstes Jahr mit dem voll elektrischen X1 und dem elektrischen 7er. Die Spiegel-Inquisitoren versuchen es mit dem Hinweis auf das meistverkaufte E-Auto in China, den Hongguang Mini, einen Kleinstwagen und bedauern, dass sich unter den 20 bestverkauften Modellen in China keine einzige deutsche Marke befände. „Verlieren Sie den Anschluss auf Ihrem wichtigsten Absatzmarkt?“ Zipse: „Dafür finden Sie in Europa nach wie vor kaum chinesische Fabrikate. BMW hat mittlerweile 3,4 Prozent Weltmarktanteil; wir waren nie ein Massenhersteller und wollen das auch nicht werden. Wir konzentrieren uns nicht auf maximales Volumen, sondern auf höherpreisige Fahrzeuge in den jeweiligen Segmenten. Im vergangenen Jahr haben wir den vollelektrischen iX3 in China anlaufen lassen, der verkauft sich dort sehr gut.“

Ob die klassischen Industriearbeitsplätze verloren gehen und die klassischen Werksarbeiter Verlierer der Wende seien, wollen die Spiegel-Journalisten wissen. „Nicht bei BMW. Wir haben unsere Fabriken frühzeitig für die E-Mobilität umgerüstet, ersetzen zum Beispiel in München den Motorenbau durch eine Montage für E-Autos. Und das ohne Jobverlust. Wenn Stellen in der Branche weggefallen sind, dann vor allem, weil der globale Absatz im Jahr 2020 von rund 90 Millionen Fahrzeugen auf 78 Millionen eingebrochen ist. Inzwischen sind wir aber wieder auf Wachstumskurs – auch weil wir unsere Modelle mit allen Antriebsarten anbieten können. Der Weltmarkt besteht nicht nur aus reinen E-Auto-Herstellern.“

Fazit: BMW-Chef Oliver Zipse weiß, was Sache ist. Faktenbasiert lässt er sich nicht von der Öko-Inquisition von seinen Überzeugungen abbringen. Die Hoffnung der beiden Spiegel-Redakteure, BMW kommunikativ auf reine E-Mobilität festnageln zu können, ist gründlich misslungen.

 

 

 

 

 

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