Vor 70 Jahren begann die Erlkönig-Jagd – Unscharf, teuer und geheim

Mercedes-Benz startete Jagd auf die QR-Code Erlkönige als innovativen PR-Gag.

Wie kommen Medien an Fotos von geheimen Autos? Harald Kaiser, lange stern-Ressortleiter für Auto und Technik, plaudert aus dem Nähkästchen, wie es zum allerersten Erlkönigfoto kam und wie die Industrie bis heute damit umgeht.

Von Harald Kaiser

„Was issn dat fürn Hobel?“ In schwarzweiß liegt ein Bild auf dem Tisch des Chefs vom Dienst beim stern, das den Prototyp eines neuen Autos zeigt. „Das ist der neue Opel Astra“, sagte ich als verantwortlicher Redakteur und hoffte, dass das Bild gedruckt wird. Das Erlebnis ist etwa 30 Jahre her.

Sicher konnte ich nie sein. Solch ein Bild ist zwar eine Nachricht, die steht aber in Konkurrenz zu vielen anderen Nachrichten oder Bildern, die auf die Seite sollen, die noch frei ist. „Hat uns 14 Tage und 30 000 Mark gekostet“, schob ich als Argument in der Hoffnung nach, dass der Blattmacher die Druckpflicht angesichts der horrenden Summe nun auch sieht. Doch die Reaktion kommt einem Niederschlag gleich: „Kann man dat Ding nich schärfer kriegen, frag‘ doch mal die Presseabteilung von Opel, ob die uns ein besseres Bild von dem Hobel geben können.“

 

Mit einem Erlkönigfoto dieses Mercedes 180 – Premiere 1953 – wurde die Erlkönigj-Jägerei ausgelöst

Es ist wie immer. Da steht man schon seit Jahren mit einem Bein vorm Kadi, weil Erlkönigbilder oft mit Geheimnisverrat in Verbindung gebracht werden können, reißt sich den Hintern auf, damit man die Bilder vor der Konkurrenz hat und dann diese Ignoranz. Es interessiert wenig, dass der Verband der Automobilindustrie damals unserem Erlkönigjäger gefährlich dicht auf den Fersen war oder dass die Auto-Lobby auf Betreiben eines einzelnen Vorstandsvorsitzenden, eines knorrigen Österreichers, einen Stab von Anwälten mit der Prüfung rechtlicher Schritte betraute, weil die Veröffentlichung solcher Bilder angeblich schnell zu einer Kaufzurückhaltung bei den aktuellen Modellen und damit zu Umsatzausfällen in Millionenhöhe führt. All dies wird vom Blattmacher mit einem gequältem „Ja, ja“ vom Tisch gewischt.

Mitunter habe ich geglaubt, dass ich schon deswegen angemosert werde, weil die neuen Autos sich oft gleichen wie ein Ei dem anderen. Was können wir dafür, wenn den Leuten in den Designstuben nichts besseres einfällt? Bilder sind Bilder. Ein letzter Versuch: „Die Konkurrenz wäre froh, sie hätte so ein Foto.“ Er lächelt mich mitleidig an als wollte er damit sagen: „Du armer Tropf.“

Tja, wenn das Auto einen knackigen Busen hätte oder wenigstens eine halbnackte Promi-Lady drinsäße, dann wäre Aussicht auf Ver-öffentlichung hoch gewesen. Also bin ich in meine Stube getrottelt, habe das Bild ins Handarchiv gesteckt, die Füße auf den Tisch gelegt und mich gefragt: Wie sag‘ ich das dem Fotografen, der 14 Tage im Dreck lag oder stundenlang reglos auf einem Baum saß, nur um dieses verdammte Bild zu schießen? Nun gut, er hat sein Geld für den Einsatz natürlich bekommen. Wie immer in bar.

Das weltweit erste Auto, das abgeschossen wurde, war der Mercedes 180, der 1953 in die Verkaufsräume geschoben wurde. Wenige Monate zuvor veröffentlichte das Stuttgarter Magazin „Auto Motor und Sport“ ein unscharfes Schwarzweißbild des Wagens auf Testfahrt, das ein Leser zufällig knipsen konnte. 70 Jahre ist das nun her. Die Texter in der Schwabenmetropole dachten sich auch den Namen für solche oft düsteren Fotos aus: Erlkönig. Begrifflich abgeleitet von Goethes Erlkönig-Gedicht des Jahres 1782 mit der mystifizierenden ersten Zeile „Wer reitet so spät durch Nacht und Wind.“ Dieses Foto etablierte vor allem in Deutschland allmählich einen Berufstand, der dank der zahlreichen Automarken lukrativ zu werden versprach: der des Erlkönigjägers. Eine Sensation war beispielsweise das Bild des noch geheimen VW Golf, der 1974 den ollen Käfer ablöste. Das Erlkönigfoto kam auf den stern-Titel. Damit stieg die Auflage. Inzwischen leider noch nicht mal mehr der Puls des Chefredakteurs.

Diese Geschichte verärgerte den Mercedes-Pressechef

Wehe aber, die Blattleitung hat den Eindruck, man ließe die Zügel schleifen und ein noch so unscharfes Bild irgendeines Hobels taucht in einem Konkurrenzblatt auf. Dann wird man sogar sonntags zuhause am Telefon abgemeiert. „Warum haben wir das nicht?“ fragt der Boss scharf. Antwort: „Sorry, Euer Merkwürden, das habe ich schon vor zwei Wochen angeboten.“ Stille am anderen Ende. „Ähm, so, na, ja. Dann ist es gut.“

„Warum haben wir das nicht?“

Genau so ist es abgelaufen, als mich irgendwann 1989 ein neuer stern-Chefredakteur in sein Büro zum Rapport bestellte. Es ging um eine Doppelseite in der BUNTEN, worauf das neue Sportcoupé von BMW zu sehen war, der 850i. Unverholen blaffte er mich mit den Worten an: „Warum haben wir das Bild nicht?“ Meine Antwort: „Wir hatten ein Foto des 850i schon vor drei oder vier Wochen im Blatt, aber das können Sie nicht wissen, weil Sie noch nicht solange im Amt sind.“ Antwort: „Das glaube ich nicht.“ Meine Reaktion: „Ich hole das Heft, in dem die Geschichte stand.“ Als der neue Boss die Einzelseite anschaute, auf der das Erlkönigfoto dieses Autos zu sehen war, brummte er und stichelte weiter: „Warum nur auf einer Seite?“ Antwort: „Das müssen Sie die damalige Blattleitung fragen.“ Wie man’s macht, ist’s falsch. Und hat man den Knaller, auf den Millionen warten, dessen Bild sich obendrein blendend weiterverkaufen ließe, es wird nicht einmal ignoriert.

Immer nah am Geheimnisverrat

Ich erinnere mich noch gut an einen ganz besonderen Fall. Damals hatten wir gestochen scharfe Bilder des Autos mit dem Namen einer Uhr. Stolz ging ich damit in die tägliche Konferenz und pries sie an wie die Entdeckung eines Goldschatzes. Es wurde zur Kenntnis genommen. Mehr nicht. Vorübergehend hieß es, die Bilder seien im Blatt. Aber eigentlich waren sie draußen. „Vielleicht kommt ja noch was besseres“, wurde mir mitgeteilt. Dann, am Tag des Redaktionsschlusses, endgültig: „Vielleicht nächste Woche.“ Als kurz darauf ein bekanntes  Nachrichten-Magazin lediglich eine Zeichnung davon druckte und ich deswegen schadenfroh rummaulte, dass die Chefredaktion wiedermal irgendein Blut-Bild für wichtiger gehalten habe, kam das Thema endlich ins Blatt. Nun wurde es sogar, kaum zu glauben, am Montagmorgen punkt acht Uhr „reinaktualisiert“.

Dieses Erlkönig-Foto vom künftigen Porsche 911 entstand 1962

Die Moral von der Geschichte ist die: Ich weiß, dass Bilder von geheimen Autos bei den Lesern auf großes Interesse stoßen. Für die Auflage scheinen sie jedoch nicht mehr viel zu bringen. Vor Jahren hat mir ein ehemaliger Chefredakteur von Auto Motor und Sport, einst die Bibel der Autowelt, dies zu dem Thema gesagt: „Wissen Sie, wenn ich den geheimen Porsche auf den Titel nehme, bringt der nicht soviel wie die Kaufberatung des neuen Passat.“

Bilder von geheimen Autos  stoßen auf brennendes Interesse

Warum, bitte schön, hetzen dann immer noch Fotografen rund um die Welt den Prototypen neuer Autos hinterher? Mal im vereisten schwedischen Arjeplog, mal in der staubigen Savanne Südafrikas, im glühend heißen Death Valley in Nevada oder irgendwo im bitterkalten Finnland. Warum werden tausende von Euro für die grobkörnigen Bilder rausgeschmissen, die früher noch von Hand aufwändig retuschiert werden mussten? Antwort: Weil es die Leser nach wie vor brennend interessiert. Heutzutage allerdings mit einer anderen Quellenlage und deutlich unaufwendiger, wovon gleich noch zu reden sein wird.

Die Mercedes A-Klasse wurde vollflächig mit QR-Codes beklebt

1990 lagen auf meinem Schreibtisch mehrere Fotos des neuen, noch unbekannten Golf III, der deutlich runder gestaltet worden war als sein kantiger Vorgänger. Er würde bestimmt wieder ein Weltbestseller und Publikumsliebling schlechthin, mutmaßte ich und ging davon aus, dass das Bild ein ein großes Leserinteresse auslösen wird. Der Fotograf hatte nach der Entwicklung der Bilder selbst zum Retuschepinsel gegriffen, um die Umgebung weitgehend unkenntlich zu machen. Die Vernebelung sollte verhindern, dass ihm Volkswagen auf die Schliche kommen kann, wo er die Bilder geschossen hat.

Mercedes-Benz startete Jagd auf die QR-Code Erlkönige als innovativen PR-Gag.

Doch so glatt lief die Chose nicht. Nachdem der stern zwei Bilder und eine Exklusivstory über eine geheime Publikumsbefragung zu dem Auto im Blatt hatte, kam heraus, dass der VW-Werksschutz den Lichtbildner damals bereits in der Zieloptik hatte. Offenbar konnte der sich auf das VW-Testgelände Ehra-Lessien in der Nähe Wolfsburgs einschleichen. Unter anderem dort wurde jener neue Golf getestet. Der Mann wurde schließlich angezeigt. Vor Gericht wurde zudem offenkundig, dass die VW-Aufpasser routinemäßig alle Nummernschilder ortsfremder Autos überprüfen ließen, die im Umfeld des Testgeländes beobachtet wurden. Durch eine Recherche dank entsprechender Kontakte wurde festgestellt, dass es sich bei dem Auto um einen Mietwagen handelte, der von jenem Fotografen gefahren wurde. An seinem Wohnort in der Nähe Münchens kam es anschließend zu einer Hausdurchsuchung, die am Ende der Reibereien in eine Geldstrafe wegen Hausfriedensbruchs mündete. Der stern war im übrigen nie Auftraggeber, sondern lediglich Aufkäufer der Bilder mit Erstveröffentlichungsrecht.

Erlkönig-Fotograf lauerte oft tagelang im Schnee

Im Zusammenhang mit dieser Golf-Affäre gibt es noch eine ulkige Begebenheit zu berichten. Als mir der Fotograf die Fotos aushändigte betrachtete ich auch eines, das einen Schäferhund zeigte, der mit seiner Nase ganz dicht an der Kameralinse schnüffelte. Der Fotograf lachte und erzählte: „Offenbar hat der Hund der VW-Wachmannschaft zwar registriert, dass es sich bei der automatisch arbeitenden Kamera um ein fremdes Objekt handelt, dies aber nicht durch Bellen vermeldet, sondern er hat das Objektiv durch Anpinkeln sozusagen in Besitz genommen.“

Der Fotograf der Kölner Auto Zeitung berichtet ebenfalls von einem speziellen Erlebnis auf der Erlkönigjagd 1975 oder 1976 im schwäbischen Weil der Stadt. Sie scheiterte an seiner pausenlosen Qualmerei. Er erzählt: „Ich lauerte angespannt in einem schmalen Gang zwischen einem Juweliergeschäft und einem Haushaltsladen vis-a-vis einer Eisdiele der Testruppe von Mercedes auf. Wir wussten, dass die dort gerne Päuschen macht – mit drei oder vier Erlkönigen vor der Tür des Eiscafés. Vorher klärte ein Kundschafter, ob die Luft frei von Fotografen ist. Natürlich noch ohne die Autos. Leider entdeckte er meine Rauchwolken, die aus der schmalen Häuserlücke aufstiegen und alarmierte die Polizei, weil er annahm, dass jemand bei dem Juwelier einsteigen wolle. Als die Beamten meine Personalien überprüften, sah dies der Kundschafter und natürlich auch die Kameras. Damit war die Chance zu einem Schuss dahin und die Testtruppe gewarnt.“

Mit einer anderen Aktion habe ich 1979/80 die Firma Porsche verärgert. Ich war damals stellvertretender Chefredakteur von hobby – magazin der technik in Stuttgart. Aus einer guten Quelle hatte ich erfahren, dass Porsche ein Cabriolet des Typs 911 auf den Markt bringen will. Ich wusste ferner, dass auto motor und sport einen größeren Bericht dazu vorbereitet. Um nicht nur die Meldung über das neue Auto exklusiv zu haben, sondern auch ein Bild, habe ich einen Grafiker gebeten, anhand einer seitlichen Aufnahme eines 911-Modells das Blechdach weg zu retuschieren und stattdessen ein gefaltetes Klappdach zeichnerisch einzubauen. So, dass es wie ein offenes Cabrio aussieht. Dieses bearbeitete Foto haben wir dann an alle größeren Tageszeitungen als Erlkönigbild verschickt – und natürlich auch im eigenen Blatt veröffentlicht. Der gewünschte Effekt trat ein: Das Bild wurde vielfach nachgedruckt, wir hatten den Scoop. Natürlich folgte ein entsprechend unerfreuliches Telefonat mit dem erbosten Pressechef, dessen Kollege ich übrigens einst bei auto motor und sport war.

Opel Mokka bei Testfahrten in Schweden, März 2020

Inzwischen hat sich der Kampf um die ersten Erlkönigfotos eines neuen Autos grundlegend gewandelt und verlagert. Brauchten wir vor Jahrzehnten noch Infos von Werksangehörigen, die gegen Honorar dem freiberuflichen Fotografen verrieten, wann welcher Prototyp wo fährt, damit er seine Reise in die Affenhitze oder die Eiseskälte eines fernen Landes planen konnte, findet die Bildbeschaffung schon seit langem am Computer-Bildschirm im Büro statt. Auf Basis einigermaßen sicherer Informationen von Insidern zaubert ein talentierter Grafiker mit Hilfe seiner schlauen Software ein realistisches Bild des in Frage kommenden Autos. So haben wir das beispielsweise 1997 gehandhabt, als der stern in Heft 39 ein computeranimiertes Bild des kommenden BMW Z8-Roadsters und in Heft 14/1998 eines des künftigen Geländewagens von Porsche zeigte. 2005 folgte in stern-Heft 29 ein gleichermaßen erzeugtes Bild der ersten viertürigen Limousine Porsches. Dieser Weg ist nicht nur sehr viel billiger, sondern auch rechtlich nicht angreifbar, weil immer auch ein Stück Phantasie des Grafikers mit am Werk war. Dennoch hat die Industrie jedesmal aufgejault und sogar ab und an mit Konsequenzen gedroht – die nie kamen.

Bei den Erlkönigen steht vor allem das Verschleiern des Designs im Mittelpunkt. Denn von den Formen soll die stets wache Konkurrenz so wenig wie möglich im Vorfeld der Markteinführung erfahren. Obendrein wird das Design zur Sicherheit in der Regel patentiert, um  Abkupferungen einen Riegel vorzuschieben. Eine sensible Sache also. Deswegen die Tarnung. Früher geschah dies mit allerlei Verklebungen, heute mit ganzen Tarnkleidern in schwarz oder weiß, die ausgefuchste grafische Elemente enthalten, mit deren Hilfe Design-Details wie die Linienführung oder besondere optische Kniffe im Blechkleid auf den ersten Blick unsichtbar gemacht werden sollen.

Hausdurchsuchung beim Erlkönig-Fotografen

Nicht nur das. Längst verhält sich die Autoindustrie bei dem Katz-und-Maus-Spiel um Erlkönigabschüsse auch nicht mehr durchgängig defensiv. Früher kam schon mal vor, dass Testfahrer aus den geheimen Vorserienmodellen rausgeschossen sind, um lästigen Fotografien mit Armfuchteln das Knipsen zu vermasseln. Ab und an kam es dabei sogar zu kleineren Handgreiflichkeiten. Inzwischen hat sich die Szene entspannt und die Autoindustrie ging auf zwei Arten in die Offensive. Zum einen werden schon mal alte Autos als Erlkönige getarnt und auf die Reise geschickt, um die Fotografen zu täuschen. Zum anderen wird das nach wie vor große Interesse in der Öffentlichkeit dafür genutzt, um genau damit Stimmungen einzufangen.

Wie 2012 Mercedes. Damals drehten die schwäbischen Pfiffikusse den Spieß um, sie wurden nicht mehr gejagt, sondern sie riefen stattdessen die Autointeressierten zu einer inszenierten Erlkönigjagd auf. Eigens dafür schickten die Stuttgarter Erlkönige der damals neuen A-Klasse quer durch Deutschland. Statt mit den üblichen psychedelischen Tarnmustern waren die schwarzen Fahrzeuge vollflächig mit QR-Codes beklebt. Autointeressenten konnten diese mit ihren Smartphones scannen, erhielten darüber Zugang zu einer App, die es nach entsprechenden Eingaben schließlich ermöglichte, eine Reise zur Weltpremiere des Autos zu gewinnen.

Heute kommen Erlkönig-Bilder meistens aus dem Computer

Mehr als ein Jahr im Vorfeld der A-Klasse-Premiere druckte der stern 2010 nicht nur eine zutreffende Computersimulation des Autos, sondern enthüllte im Text dazu auch, dass Mercedes für den Golf-Gegner die Motoren von Renault beziehen wird. Dieses Verständnis von Pressefreiheit, zu veröffentlichen, was recherchiert und belegbar ist, passte dem damaligen PR-Chef für die Pkw-Sparte nicht. Vermutlich weil er von seinen Bossen für das Infoleck gedeckelt worden war, rief er mich ein paar Tage später an, um mir mitzuteilen, dass er es gerade noch verhindern konnte, dass sein Konzernchef mit meinem Chefredakteur telefoniert, um sich über jene Passage im Bericht zu beschweren, die die (zutreffende) Motoren-Kooperation mit Renault öffentlich machte. Dem Subtext seiner Worte entnahm ich, dass er für diese „Hilfe“ offenbar Dankbarkeit erwartet. Darauf bin ich nicht eingegangen. Stattdessen fragte ich ihn, ob an dem Text etwas nicht stimme, was die Lage rapide verschlechtert hätte, oder ob lediglich die frühzeitige Enthüllung ungelegen gekommen ist. Als Antwort brummte er ein leises „mmh“ ins Telefon. Wir verabredeten uns zu einem Bier – das nie getrunken wurde.

Nicht ohne schalen Beigeschmack ist auch die Entwicklung, dass seit Jahren schon Redakteuren insbesondere von Fachblättern in Aussicht gestellt wird, in nahezu serienfertigen Erlkönigen mitfahren zu dürfen, um darüber exklusiv zu berichten. Erreicht werden soll durch solch ein Manöver wohl dreierlei: Um eine zu frühe und vor allem unauthorisierte Erlkönig-Veröffentlichung des Autotyps zu verhindern, der Journalisten-Eitelkeit zu schmeicheln, weil der Schreiber in den inneren Zirkel reinschnuppern darf, verbunden mit der Hoffnung der PR-Strategen, das jeweilige Blatt so auf Schmusekurs trimmen zu können.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2 Kommentare zu "Vor 70 Jahren begann die Erlkönig-Jagd – Unscharf, teuer und geheim"

  1. Klasse Geschichte. Mehr sag ich nicht.

  2. Eine sehr schöne Geschichte mit vielen interessanten Aspekten. Danke, Harald! Meine einzige Erlkönigjagd für die „Auto Zeitung“ scheiterte übrigens an meiner pausenlosen Qualmerei: Mit dem Informanten lauerte ich angespannt in einem schmalen Gang zwischen Juweliergeschäft und Haushaltsladen vis-a-vis einer italienischen Eisdiele im schwäbischen Städtchen. Hier machte die Testtruppe mit drei, vier Erlkönigen gerne ein cooles Päuschen. Vorher klärten allerdings clevere Kundschafter, ob die Luft rein und frei von Fotografen ist. Einer dieser Cleverle entdeckte meine Rauchwolken aus der schmalen Häuserlücke und alarmierte die Polizei, da wohl jemand beim Juwelier einsteigen wolle…Als die Beamten meine Personalien überprüften feixten die Scouts von gegenüber „Schöne Verbrecherjagd“! Die Testtruppe war somit auch vorgewarnt und verzichtete auf die Eisbombe. Mir platzte dafür nahezu der Kragen, doch das Rauchen wollte ich damals auch nicht aufgeben…

Hinterlasse einen Kommentar

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*