Alles nur geklaut: Chinesen kopieren Auto-Designs wild drauf los

Warum anstrengen, wenn man Ideen abkupfern kann! Zumeist sogar ungestraft. Jedenfalls in China. Dort schmücken sich Autofirmen gerne mit fremden Federn und kopieren ungeniert westliche Modelle.

 Von Harald Kaiser

Da staunt der Laie, der Experte wundert sich. Ist das nun das Original oder eine Fälschung? Es geht um den VW Beetle, auf dessen Heckklappe „ORA Punk Cat“ steht. Es ist eine Fälschung aus China. Eine, bei der sich die Bosse des Herstellers über die Frage nach der Rechtmäßigkeit herzlich amüsieren dürften. Rechtliche Bedenken? Was für ein Quatsch. Stattdessen einfach brutal abkupfern, das ist das Geschäftsmodell. Denn so lassen sich Kosten sparen, weil ein Konkurrent bereits die notwendige Design-Vorarbeit geleistet hat.

Wenn das kein Porsche ist…

Nach dieser Maßgabe arbeiten diverse chinesische Autohersteller seit Jahren, wenn sie sich auf Märkten etablieren wollen, auf denen beispielsweise deutsche Konkurrenten erfolgreich sind. Aktuell betroffen ist Volkswagen. Obwohl der Wolfsburger Autoriese die fernöstliche Kopiersucht seit langem kennt, muss er zur Kenntnis nehmen, dass Great Wall Motors die Produktion einer Beetle-Kopie mit Elektromotor gestartet hat. Es gibt lediglich drei augenfällige Unterschiede:
vier Türen statt zwei wie am Original,
der Wagen ist einen Tick länger
und das Namensschild hinten.

Ansonsten sieht die chinesische Doublette dem VW-Beetle wie aus dem Gesicht geschnitten ähnlich.

Beetle oder nicht?

Zudem trägt die rotzfreche Kopie, die bereits auf der Shanghai Motor Show im April 2021 gezeigt wurde, viel Chromschmuck um die Radläufe, den Stoßstangen, den Fenstern und an den Karosseriesicken. Am Heck kopiert der Ora Punk Cat die ovalen Rückleuchten der frühen Käfer-Modelle. Selbst das Lenkrad mit dem filigranen Hupring könnte aus dem VW-Regal stammen. Jetzt soll der Wagen in Serie gehen.

Die formale Nähe zum alten VW Käfer oder auch zum modernen VW Beetle ist den Wolfsburgern natürlich nicht verborgen geblieben, zumal der Konzern in China ja  mächtig tätig ist. Dazu ein paar Fakten: Die Volkswagen Group China betreibt 33 Werke in Shanghai, Changchun, Dalian, Nanjing, Yizheng, Chengdu, Foshan, Ningbo, Changsha, Urumtschi, Hefei und Tianjin für die Produktion von Fahrzeugen und Komponenten. Ende Oktober 2019 hatte die Volkswagen Group China einschließlich der Mitarbeiter dieser Joint Ventures mehr als 100.000 Mitarbeiter. Jedes Jahr werden dort vier bis fünf Millionen Autos hergestellt, durch Corona stockte die Produktion zuletzt jedoch.

Neu ist die Kopiererei nicht

Angesichts dieses großen Engagements von Volkswagen in dem Riesenreich, was selbstverständlich enorme und vor allem willkommene volkswirtschaftliche Effekte hat, sollte man annehmen, dass die Zentralregierung den frechen Kopierern in die Parade fährt und derartiges Geschäftsgebaren verbietet. Doch davon ist zumindest offiziell nichts zu spüren. VW sagt, man prüfe, ob gegen Great Wall Motors wegen Design-Patentverletzungen rechtlich vorgegangen werden könne. Mitte Februar hat VW-Chef Herbert Diess – irgendwie hilflos – mitgeteilt, dass man erwäge, den Beetle als Elektroversion rauszubringen.

Daimler lässt grüßen….

Darüber lacht Great Wall und hat nach einer Meldung des Automagazins „auto motor und sport“ inzwischen das Design des Ora Punk Cat in China als auch in Europa patenrechtlich in zwei Varianten schützen lassen. Der Schutz auf diese Geschmacksmuster läuft zunächst fünf Jahre – also bis wenigstens 2026. Er kann aber wiederholt um jeweils fünf Jahre auf maximal 25 Jahre verlängert werden. Unklar ist derzeit, ob Great Wall Motors beide Varianten demnächst auch in Europa verkaufen will. Klar ist indes, dass die dreisten Kopisten zunächst ein anderes Auto in Europa anbieten werden: den Elektro-Kleinwagen „Ora Cat“, der von vorne wie ein kleiner Porsche wirkt und der gegen den Mini Cooper SE, den VW ID3 und den Renault Zoe antritt.

Internationalen Design-Schutz gibt es praktisch nicht

Neu ist die Kopiererei nicht. Chinesische Autohersteller kupfern immer wieder Designs anderer Marken ab, ohne dass diese dagegen vorgehen, denn einen internationalen Design-Schutz gibt es nicht. Jeder Markt hat seine eigenen rechtlichen Rahmenbedingungen, was die Durchsetzung eventueller Ansprüche schwierig macht. Die Kölner

Unverkennbar: eine smarte Kopie

„Auto Zeitung“ monierte schon 2020, dass der „Songsan Summer,“ der „Huansu Hyosow C60“ und der „BAIC BJ80 (6×6)“ Plagiate des kultigen VW Bus T1, des Sport-SUV Lamborghini Urus und der Mercedes G-Klasse sind. Auch der „Beijing BJ40L“ und der „Zotye SR8“ besitzen Vorbilder: Jeep Wrangler und Porsche Macan. Der Möchtegern-Porsche, umgerechnet 15.000 Euro billig, unterschiedet sich äußerlich vom Original nur dadurch, dass er keinen Porsche-Schriftzug trägt.

Ein Gericht in Peking gab Range Rover Recht

Was tun? Zumeist ist mangels entsprechender chinesischer Gesetze kein Kraut dagegen gewachsen.Bisher hat es lediglich Land Rover 2019 nach mehr als drei Jahren rechtlicher Auseinandersetzung geschafft, den „Landwind X7“ von „Jiangling Motors“ verbieten zu lassen, der dem Range Rover Evoque nachgebaut worden ist. Das Distriktgericht Peking Chaoyang stellte in dem Verfahren fest, dass der Landwind X7 von Jiangling eine Kopie des Evoque ist. Die Ähnlichkeit der beiden

Landwind-X7Range-Rover-Evoque-Kopie

Fahrzeuge sei zu hoch und es sei bereits zu weit verbreiteten Verwechslungen bei Kunden gekommen. Das Gericht legte fest, dass Verkauf, Herstellung und Marketing des Landwind sofort einzustellen sind. Zudem musste die Jiangling Motor Corporation den Briten eine Entschädigung zahlen. Über die Höhe der Summe wurde Vertraulichkeit vereinbart. Wer aber will prüfen, was in den Weiten des großen Landes in irgendwelchen Wellblechbuden munter weiter nachgebaut wird?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kommentar hinterlassen zu "Alles nur geklaut: Chinesen kopieren Auto-Designs wild drauf los"

Hinterlasse einen Kommentar

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*