Das Beste an der Elektromobilität ist (noch) der Kompromiss. Und der heißt nach meiner Überzeugung: Plug-in-Hybrid. Keine Reichweiten-Sorgen, Fahren, ohne unbedingt vorher elektrische Energie laden zu müssen, trotzdem in der Stadt emissionsfrei unterwegs sein zu können und selbst mit dem Verbrenner sparsam zu fahren. Bestätigt hat mich in dieser Sichtweise der BMW 330e Touring Plug-in Hybrid, der mich nicht nur als Automobil begeistert hat, sondern auch mit ein paar interessanten technologischen Features.
Fangen wir mit einem unwesentlichen Detail an, das mich noch nie überzeugen konnte: die Spracherkennung. Endlich ein Auto, das mich versteht. Selbst komplexere verbal vorgetragene Aufgabenstellungen hat das Sprachsystem präzise erkannt bzw. umgesetzt. Selbst der Wunsch nach einem Oldie-Radiosender wurde verstanden und prompt eingestellt. Ob ich um mehr Wärme bat oder eine komplizierte Adresse formulierte: Im Gegensatz zu früher verstand mich das System im Testwagen besser als zuweilen meine Frau. Und das will was heißen. Hier haben die IT-Entwickler bei BMW einen Super Job gemacht.
Ein Old-School-Relikt begeistert
Bevor wir uns dem Großen und Ganzen dieses Automobils zuwenden, noch ein Detail, das aus der Digitalisierungs-Euphorie (der auch ich verfallen bin) als Old-School-Relikt sowie als non-digitales Paradoxon positiv herausragt. Es hat sicher vieler Diskussionen bedurft, bis sich jene Entwickler-Fraktion durchgesetzt hat, die dem guten alten Laut-leise-Drehknopf anhängen. Kein berührungsempfindlicher Slider, keine Taste im Lenkrad kann diesen seit Jahrtausenden in unserem Kleinhirn gespeicherten Griff zu diesem magischen Knopf ersetzen, der keinesfalls als Fossil ergonomischer Vergangenheit betrachtet werden sollte. Vielleicht ist dieser Knopf eine der letzten physischen Verbindungen zur automobilen Vergangenheit, die digitalistisch am Horizont erscheint. Kurz: Der Knopf ist jedenfalls ein ungemein praktisches Detail, das auch Digitalisierungs-Skeptiker versöhnt. Einem Laut-Leise-Drehknopf so viele Zeilen zu widmen ist deshalb durchaus berechtigt. Auch deshalb, weil wir uns an das großartige System iDrive mit seiner Logik längst gewöhnt haben, das übrigens BMW im Siebener vor über 20 Jahren eingeführt ha. Aber jetzt zum eigentlichen Hauptdarsteller 330e.
Der 3er ist vollends erwachsen geworden
Was sofort von außen auffällt: die Länge bzw. Größe. Der wahrnehmbare „Präsenzwert“ des 330e Touring mit seinen nunmehr 4,71 Meter berührt den eines Fünfers, der zwar noch rund 20 Zentimeter länger ist, aber nicht als deutlich größer wahrgenommen werden dürfte. Das Design des immer noch neuen Dreiers ist quasi zeitgemäß nachgeschärft worden, wobei die Form der Niere immer noch polarisierend zu Diskussionen führt, die in ihrer Intensität immer leiser werden. Für den hyperkritischen BMW-Fan ist das nur eine Frage der Zeit, die schließlich alle Wunden heilt. Die wahre Design-Kunst wird erst dann sichtbar, wenn eine zunächst kritisierte Formgebung in unseren Köpfen zum ästhetischen Narrativ gereift ist. Im Design gilt, dass Liebe auf den ersten Blick meistens schnell verwelkt. Nachhaltiges Design stößt anfangs oft erstmal auf skeptische Ablehnung. Und plötzlich erscheinen uns neue Formen als der wahre Trend-Maker, als modern und zukunftsfähig.
Auch im Verbrenner-Modus sehr effizient
Obwohl wir in diesem technisch sehr ausgereiften Plug-in unterwegs waren, haben wir die Batterie nie an einer Ladesäule geladen bzw. laden können. Die in unserem Wohnort verfügbare eine Säule ist ständig belegt, weil nur zwei Autos gleichzeitig laden können. Die Batterie mit 12 kWh Kapazität würde mit der maximal möglichen Ladepower von 3,7 kW etwa 3,5 Stunden Ladezeit brauchen, am 230-Volt-Haushaltsanschluss sogar acht Stunden, was nur über Nacht z.B. für einen Pendler Sinn macht. Allerdings lässt sich die Batterie auch beim Fahren voll aufladen. Per Knopfdruck auf „Battery Control“ zeigt sie sich nach etwa 80 Kilometer Benziner-Fahrt voll aufladen, was den Benzinverbrauch natürlich deutlich in die Höhe treibt.
Wir sind überwiegend im Hybrid-Modus gefahren und haben darauf geachtet, möglichst vorausschauend zu fahren. Das heißt frühzeitig vom Gas gehen, um die kinetische Energie im Schiebebetrieb per Rekuperation in Strom für die Batterie umzuwandeln. So bleibt immer ein Reststrom in der Batterie, der beim Anfahren hilft, die Masseträgheit des immerhin 1,9 Tonnen schweren Fahrzeugs zu überwinden. Auf unseren rund 2500 Kilometer langen Testfahrt ohne Laden an einer Ladesäule (!) verbrannten wir im Schnitt 7,4 Liter Benzin auf 100 Kilometer. Für eine Systemleistung aus 2-Liter-Vierzylinder und Elektromotor von 292 PS ein absolut effizienter Verbrauchswert.
Allerdings lässt sich der Verbrauch bei längerer Vollgasfahrt auf der Autobahn auch auf über 10 Liter auf 100 Kilometer steigern. Schließlich ist der BMW mit 230 km/h Spitze kein Kind von Langsamkeit. Rein elektrisch schafft er 140 km/h, von 0 auf 100 km/h vergehen mit der Power der zwei Herzen und aktiviertem „XtraBoost“ minimal 5,9 Sekunden, ein Sportwagenwert. Dieser „XtraBoost“ legt nochmal eine Leistungsschippe von 40 PS drauf, steht aber nur für zehn Sekunden zur Verfügung. Beim Fahrerlebnis tut das keinen Abbruch, weil in der gefühlten Leistungssumme durchaus der sportlich-dynamische Charakter der sprichwörtlichen „Freude am Fahren“ zutage tritt.
Der WLTP-Verbrauchswert ist eine Milchmädchenrechnung
Der Benzinverbrauch wird wie bei Plug-ins üblich unrealistisch nach WLTP mit 1,7 Liter angegeben. Hier belügt sich die EU mit ihrer komplizierten Verbrauchsberechnung hemmungslos selbst. Nur wer mit voller Batterie losfährt, kann diesen Wert auf den ersten 100 Kilometern erreichen. Kein Wunder, dass Autokritiker diese Milchmädchenrechnung scharf kritisieren. Wenn die Batterie nach etwa 55 Kilometern elektrischen Fahrens leer ist, legt der Benzinverbrauch natürlich deutlich zu. Der von uns ermittelte Durchschnitt von 7,4 Liter ist allerdings einer – wie geschildert – vorausschauenden Fahrweise zu verdanken, aber ohne auf der Autobahn oder auf Landstraßen zum Verkehrshindernis zu werden. Also kein Bummel-Tempo, sondern zügige Fahrweise unter dem Vorbehalt angewandter Vernunft.
Die Freude am Fahren ist immer gewährleistet
Beim Antrieb zeigt sich die perfekte Abstimmung im Zusammenspiel von Vierzylinder-Turbobenziner, Elektroantrieb und 8-Gang-Automatik. Das niedrige Geräuschniveau erinnert an einen geschmeidigen Sechszylinder, die weichen Gangwechsel rauf und runter zeigen das optimale Zusammenspiel aller Komponenten. Gut gefallen haben uns auch die zahlreichen Assistenten.
Herausragend dabei der Driving Assistant Professional (1.950 Euro), auf den nicht verzichtet werden sollte. Seine zahlreichen Fähigkeiten sind beeindruckend. Eine davon ist die aktive Geschwindigkeitsreglung, sie hält nicht nur den Abstand zum Vordermann, sondern fährt im Stau auch nach längerem Halt automatisch an. Der Fahrer muss nicht selbst das Startsignal per Gaspedal geben. Das funktioniert ausgesprochen sanft, also kein Sprung nach vorne, sondern gefühlvolles Anfahren, wie es selbst ein Mensch nicht besser kann.
Die Verkehrszeichen-Erkennung funktioniert zuverlässig und weist sogar vorausschauend auf Tempolimits hinweist. Beeindruckend die intelligente Programmierung der „Geo-Fencing-Technologie“, die automatisch alle ausgewiesenen Umweltzonen erkennt und beim Erreichen einer solchen Zone vollautomatisch in den rein elektrischen Fahrbetrieb wechselt, vorausgesetzt die Batterie ist geladen. Das ist eigentlich künstliche Intelligenz, wie sie klüger nicht programmiert werden kann. Die Entwickler haben wirklich an alles gedacht.
Der Plug-in-Touring hat uns in allen Kriterien begeistert
Fazit: Der 330e ist das ideale Automobil für den Übergang in die Elektromobilität. Wer sich nicht zwischen Benziner und Diesel entscheiden kann, findet hier den schmerzlosen Kompromiss, weil er weder auf Reichweite noch auf emissionsfreies Fahren vor Ort verzichten muss. Wenn eines nicht mehr fernen Tages der hier verbaute Vierzylinder auch mit synthetischem Kraftstoff befeuert werden kann, lässt sich auch dieser BMW quasi „klimaneutral“ bewegen. Die Qualitäten dieses Touring – von der Materialauswahl im Innenraum bis zur perfekten Verarbeitung – stehen auch heute schon außer Frage, seine Praktikabilität ist durch den dem Akku geschuldeten kleineren Laderaum kaum eingeschränkt. Das Fahrverhalten ist typisch BMW präzise beherrschbar, sportlich komfortabel und sehr ausgewogen. Das Layout der Tacho- und Drehzahlanzeigen ist uns ein wenig zu exaltiert ausgefallen, aber das ist eine Geschmacks- und Gewöhnungsfrage. Der Basis-Preis ist mit rund 51.000 Euro noch nicht das Ende der Fahnenstange. Unser Testwagen inklusive zahlreicher Sonderausstattungen beträgt 62.961 Euro, die sich mit weiteren Extras durchaus noch deutlich steigern lassen. Dank Umweltprämie von 5.625 Euro und geringerer Dienstwagen-Besteuerung fällt auch dieser Preis in die Kategorie „Relativitätstheorie“.
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