Der Streit um die Zukunft des Autoantriebs: Zwischen Wunschdenken, Physik, Firmen-Interessen und Kundenwünschen

Technologie-Offenheit gehört zur automobilen Zukunft

Wenn Audi-Chef Markus Duesmann die Wasserstoff-Brennstoffzelle im Pkw in Frage stellt, dann ist diese Aussage genauso von Konzern-Interessen getragen wie das Plädoyer des Ex-BMW-Entwicklungschefs und Linde-Aufsichtsratsvorsitzenden Wolfgang Reitzles für die Wasserstoff-Brennstoffzelle. Dabei ist Technologie-Offenheit der einzig richtige Weg, weil er die Entscheidung der physikalischen Realität und dem Markt überlässt, nicht politisch-ideologischem Wettbewerb.

Der neue Audi-Chef Markus Duesmann steht in der Pflicht der konsequenten VW-Konzern-Strategie zur Elektromobilität mit Batterie, der andere steht als Ex-Linde-Chef für die Überzeugung, dass Wasserstoff der Kraftstoff der Zukunft ist. Allerdings hat Reitzle dies schon als Entwicklungschef bei BMW so gesehen. Und letztlich sind sich alle einig, dass die langfristige Lösung – wir sprechen hier von 50 Jahren – Elektromobilität heißt. Denn auch die Brennstoffzelle mit Wasserstoff bedeutet ja, dass das Fahrzeug von einem Elektromotor angetrieben wird. Allerdings gibt es ja auch Entwicklungen, Wasserstoff im Verbrennungsmotor zu nutzen, wie es BMW schon erfolgreich in einem 12-Zylinder 7er serienfähig entwickelt hatte. Außerdem liegen rechts und links der Antriebstechnologie-Roadmap noch andere Möglichkeiten wie z.B. Gas- oder synthetische Kraftstoffe.

Wolfgang Reitzle hält eine kluge Rede

Beide Protagonisten kann man getrost als Überzeugungstäter bezeichnen. Reitzle hat schon in den Neunzigern des vorigen Jahrhunderts die Wasserstoff-Technologie im Pkw-Verbrennungsmotor angeschoben und auch später als Linde-Manager den Gase-Weltmarktführer auf die Wasserstofferzeugung ausgerichtet. Was Wolfgang Reitzle aktuell über diese Themen denkt, hat er in einer hoch interessanten Rede zur Preisverleihung des Nicolaus-August-Otto Awards 2020 an Reitzle erläutert. Der Car-Guy Reitzle hält einen überstürzten Weg zum Batterie-Auto für falsch. https://www.youtube.com/watch?v=Qa0dI38d-QM

Viele Medien klatschen unkritisch Beifall zur Batterie-Mobilität

Wie kontrovers, aber dennoch sehr subtil die Diskussion über die Zukunft des Autoantriebs geführt wird, wird auch in der Berichterstattung der Medien deutlich, die überwiegend die Intentionen der Regierung beklatschen, schnell und ausschließlich dem Batterie-Auto zum Durchbruch zu verhelfen. Da freut sich in einer Headline die FAZ, dass das „deutsche E-Auto-Ziel halb erfüllt“ sei. Mit dem Satz, mittlerweile seien 520.000 Fahrzeuge zugelassen“ suggeriert die FAZ bewusst unvollständig, dass das E-Auto-Ziel tatsächlich zur Hälfe erfüllt wäre. Das stimmt aber nicht! Denn in dieser Zahl sind auch etwa zur Hälfte Plug-in-Hybride enthalten, die zusätzlich einen Verbrenner an Bord haben. Dies wird zwar im Artikel erwähnt, aber es bleibt eben doch unwahr, dass das deutsche E-Auto-Ziel (1 Million Batterie-Autos in 2020) zur Hälfte erfüllt sei.

Energie-Experten erwarten, dass die angebliche Batterie-Auto-Euphorie schon bald abklingen werde. Nicht nur deshalb, weil die Ladesäulen-Infrastruktur zu wünschen übrig lässt. Dies kann und wird sich wahrscheinlich bald ändern. Sondern vor allem deshalb, weil die Reichweitenangst immer noch Autokäufer vom Kauf eines Batteriefahrzeugs abhält. Die Käufer eines Batterieautos bleiben eine Minderheit. Und für tief nachdenkliche Autokäufer gilt: Bei nüchterner Analyse wird deutlich, dass Batterie-Antriebe noch immer umweltkritischer sind als ein effizienter Verbrenner. Zumal weil der Ladestrom zum Teil aus der Kohleverstromung stammt.

Die Bundeskanzlerin hat ihre Überzeugungen um 180 Grad gedreht

Und da vermeldet die Bundesnetzagentur und Statistisches Bundesamt Bedenkliches: Weil die Stromproduktion in Deutschland aus Kohle und Kernkraft sinkt, muss mehr Strom aus Kohle und Kernkraft aus dem Ausland importiert werden. Der Importstrom werde ganz besonders bei Windstille und Dunkelheit benötigt. In 2020 stieg der importierte Strom im Vergleich zu 2019 um 35 Prozent auf 33.000 Gigawattstunden. Wie werden diese Zahlen aussehen, wenn wir Millionen Batterie-Autos auf den Straßen haben?

Interessant ist in diesem Zusammenhang, was eine namhafte Politikerin schon 2008 auf dem Katholikentag gesagt hat: „Ich halte es für nicht sinnvoll, dass ausgerechnet das Land mit den sichersten Atomkraftwerken die friedliche Nutzung der Atomenergie einstellt. Deutschland macht sich lächerlich, wenn es sich dadurch ein gutes Gewissen machen will, dass Atom- und Kohlekraftwerke stillgelegt werden und gleichzeitig Strom, der aus denselben Energieträgern erzeugt worden ist, aus den Nachbarländern importiert wird.“ Diese vorausschauende Politikerin war keine geringere als Kanzlerin Angela Merkel, die bekanntermaßen alles vom Ende her denkt. Ob sie es auch zu Ende denkt, ist mehr als fraglich.

 

 

 

 

 

 

 

 

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