Entscheidend ist, was hinten rauskommt, soll einmal ein deutscher Bundeskanzler gesagt haben. Treffender könnte man es auch beim Toyota Mirai nicht formulieren. Es ist reinstes Wasser, was dem Mirai aus seinem Auspuff entweicht. Keine schädlichen Stickoxide, weder Ruß noch andere Schadstoffe. Wenn überhaupt ist das nasse Element in Form von Wasserdampf das einzige Abfallprodukt des Japaners.
Seit 2015 hält Toyota der Wasserstofftechnik die Treue. Genauso lange wie Hyundai. Ansonsten sieht es ziemlich mau aus. Mercedes wagte zwar mit dem GLC F-Cell einen Vorstoß, doch flog der im Frühjahr wieder aus dem Programm. Andere deutsche Autobauer sucht man übrigens vergebens, einzig Honda hat noch ein Serienmodell in petto. Nur fehlte den Japanern bislang der Mut, ihren Clarity auch bei uns zu etablieren. Es gibt ihn nur in vereinzelten Stückzahlen in Nordamerika und Japan.
Innen und außen endlich mit gefälligem Design
Es ist also scheinbar so wie damals als Toyota 1997 mit dem Prius den ersten Hybrid auf den Markt brachte. Von einem Antriebskonzept aus Benziner und Elektromotor wollte die restliche Automobilwelt nichts wissen und hatte die Japaner für ihre Öko-Modelle belächelt. Heute ist allein schon aus Umweltgründen eine Teilelektrisierung nicht mehr wegdenkbar. So verhält es sich scheinbar auch mit der Brennstoffzelle. Während andere noch lange grübeln, legt Toyota bereits die zweite Generation seines Mirai auf. Jetzt auch in schön. Die Neuauflage der viertürigen Mittelklasselimousine startet Anfang April und macht vieles besser als sein Vorgänger. Das beginnt schon beim Design, welches mit seinen coupéhaften Linien wesentlich harmonischer ausfällt als noch beim stark polarisierenden alten Modell.
Verlockend ist allerdings viel mehr der Preis. Mit 63.900 Euro wird der Mirai 20 Prozent günstiger als bisher. Hinzu kommt eine Förderprämie von 7500 Euro, die die alternative Brennstoffzellen-Technik nun endlich bezahlbar macht. Der Mirai steht auf einer neuen Plattform und ist daher mit knapp fünf Metern in den Abmessungen gewachsen. Auch die Technik hat sich weiterentwickelt. Die Brennstoffzellen-Stacks mit ihren 330 Zellen sind kompakter, dennoch verfügen sie über eine höhere Energiedichte. Zudem rückten die Stacks, die bisher unter den Vordersitzen eingebaut waren, in den Motorraum. Das senkt nochmals das Geräuschniveau beim Fahren. Unter der Haube befindet sich auch der Elektromotor, der mit 182 PS (134 kW) über mehr Leistung verfügt; trotzdem arbeitet der Antrieb wirkungsvoller und sparsamer.
Der Elektromotor bietet aus dem Stand 300 Newtonmeter Drehmoment
Größere Tanks sowie der effizientere Antrieb erhöhen außerdem die Reichweite. Waren es beim alten Mirai noch gute 500 Kilometer sollen es beim Neuen jetzt stolze 650 Kilometer sein. Da können konventionelle Elektroautos weiterhin nicht mithalten. Unbeeindruckt zieht der Brennstoffzellen-Toyota an ihnen vorbei und lässt sie einfach rechts liegen. Bei 175 km/h ist Schluss. Großartig umstellen braucht man sich beim Mirai nicht. Das Fahren (im noch leicht getarnten Vorserienfahrzeug) erweist sich als äußerst unkompliziert. Einfach den Starterknopf drücken, dann den kleinen Joystick auf D stellen und schon geht´s los. Der Elektromotor entfaltet sein maximales Drehmoment sofort und schickt 300 Newtonmeter an die Hinterräder.
Dementsprechend flott geht es voran. Ampelsprints würde der Toyota, wenn nötig, locker gewinnen, und wer das Fahrpedal ganz bis zum Bodenblech herunterdrückt, schafft den Sprint auf Tempo 100 innerhalb von 9,2 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit wird hingegen bei 175 km/h abgeregelt. Das muss genügen. Insgesamt bietet der Japaner seinen Passagieren einen angenehmen Fahrkomfort und ist hörbar leiser als sein zischender Vorgänger. Hinzugewonnen hat er beim Fahrspaß, da die Gewichtsverteilung mit 50:50 ausgewogen ist. Auch das Ansprechverhalten bei Kälte hat Toyota verbessert. Die Zelle startet jetzt bei Temperauren von bis zu minus 30 Grad, so lautet das Versprechen.
Innen völlig umgestaltet
Den Innenraum hat Toyota völlig neu gestaltet. Die Instrumente befinden sich nicht mehr weit entfernt unter der Windschutzscheibe, sondern sind nun direkt vor dem Fahrer angeordnet. Das digitale Kombiinstrument ist leicht ablesbar und die Bedienung der Schalter bis hin zum Touchscreen-Monitor erfolgt selbsterklärend. Kein Vergleich mehr zu seinem völlig überfrachteten Vorgänger. Licht und Schatten gibt es hingegen beim Platzangebot. Das fällt auf den Vordersitzen zwar ordentlich aus, im Fond geht es dagegen spürbar enger zu. Besonders große Personen wünschen sich hier mehr Knie- und vor allem mehr Kopffreiheit. Ebenso fällt das Fassungsvermögen des Gepäckabteils gering aus. Genaue Angaben macht Toyota noch nicht.
Nach unserer ersten Sichtprobe schätzen wir so knapp über 350 Liter, wobei aber schon nach zwei übereinander gestapelten Koffern sowie zwei Reisetaschen Schluss ist. Der Grund für die Enge ab der zweiten Reihe ist einleuchtend. Die drei Hochdruck-Wasserstofftanks sind im Fahrzeugboden eingebaut und fordern ihren Tribut. Zudem befindet sich unter den Rücksitzen die Batterie, deren Größe aber fast schon zu vernachlässigen ist, da sie eine geringe Stromstärke von 4,0 Ah aufweist. Mehr Kapazität brauchen die Lithiumionen-Akkus in einer Brennstoffzelle wie dem Mirai aber auch nicht. Anders als bei einem reinen Elektroauto dienen sie nur als Energie-Zwischenpuffer und nicht als leistungsspendender Antrieb.
Ein Espresso statt literweise Kaffee
Trotz seines leichten Platz-Defizits hat der Mirai gegenüber einer rein batteriebetriebenen E-Mobilität erhebliche Vorteile. Beispiel Ladestopp an einem Autobahnparkplatz. Während sich der Fahrer eines Elektroautos literweise den Kaffee hineinschütten muss, um die lange Wartezeit zu überbrücken, reicht dem Mirai-Besitzer gerade mal ein Espresso bis sein Gefährt wieder einsatzbereit ist. Der Wasserstoff wird mit 700 bar Druck in die Tanks gepresst, daher benötigt das Nachtanken noch nicht einmal fünf Minuten. Der Kraftstoffverbrauch liegt bei unter einem Kilogramm Wasserstoff auf 100 Kilometern. Der Preis liegt bei allen öffentlichen H2-Tankstellen mit 9,50 Euro pro Kilo gleich. Daher bleiben die Kraftstoffkosten in einem überschaubaren Rahmen.
Dafür haben Brennstoffzellen-Fahrer ein anderes Problem: Das Tankstellennetz ist dünn gesät, gerade einmal unter 100 Stationen sind es in Deutschland, doch ist die Infrastruktur im Aufbau. Verglichen mit unseren europäischen Nachbarn stehen wir aber noch sehr gut da. Andere Länder besitzen gerade einmal jeweils gut zwei Handvoll Wasserstofftankstellen. Und wer mit dem Auto Richtung Süden will, muss seinen Aktionsradius ebenfalls stark einschränken. Schon kurz vor Mailand ist bereits Schluss in Sachen Wasserstoff-Versorgung. Bleibt abzuwarten, inwieweit die Entwicklung noch voranschreitet. Aber wie sagte doch gleich unser Alt-Bundeskanzler? Entscheidend ist, was hinten rauskommt. (ampnet/Guido Borck)
Bin begeistert – und schäme mich für die deutsche Automobilindustrie. Deutschland, das Volk der Irrdenker und Umdichter…