Die Autoshow in Los Angeles unterscheidet sich von allen anderen dieses Universums: Das Automobil wird durchweg positiv gesehen, obwohl Kalifornien weiterhin mit Verbrauchs- und Abgasvorschriften in USA den Takt vorgibt. Die Autobegeisterung ist auf der Messe deutlich zu spüren. Da werden V8-Verbrenner ohne schlechtes Gewissen präsentiert und nebenan leise die Elektromobilität zelebriert. Nur eines fehlte auf den von uns besuchten Pressekonferenzen: der hysterische Hinweis auf den Klimawandel.
Tatsächlich ist die Autoshow, die am 1.12. zu Ende geht, im sonnigen Kalifornien völlig unverkrampft dem Automobil zugewandt. Noch immer überwiegen auf den Messeständen die neuesten Verbrenner, Sportwagen und dicke SUV. Aber auch Elektromobilität ist deutlich wahrnehmbar, was auf den Straßen um LA unmittelbar sichtbar wird, wo vor allem Teslas ins Auge fallen. In Los Angeles stellte Ford z.B. seinen ersten Elektro-SUV vor, der seltsamer Weise als Ford Mustang Mach E subtil Verwandtschaft mit dem Kult-Sportwagen suggerieren soll.
„In Los Angeles ist die automobile Welt noch in Ordnung“, sagte uns eine deutscher Automanager und vermittelte den Eindruck, dass der Blick ins „klimahysterische Deutschland“ zeige, wie unterschiedlich individuelle Mobilität gesehen wird. „Ich würde als Autoingenieur lieber in Amerika bleiben. Dieser radikale, quasi von der Straße erpresste Schwenk zur Elektromobilität mit Batterie ist reines Showgetöse und bringt am Ende dem Klima gar nix.“ Das sagte mir ein Mann, der „mit großer Freude am autonomen Fahren“ arbeitet und froh ist, „nicht mehr am geradezu kriminalisierten Verbrenner“ entwickeln zu müssen.
Kein Wunder deshalb, dass die deutschen Hersteller hier in LA Modelle vorstellen, die auf der IAA in Frankfurt als Provokation empfunden worden wären. So zeigte Mercedes AMG seinen GLE 63 mit bis zu 612 PS und V8-Verbrenner, BMW den X5 M mit V8 und 625 PS und das neue Einstiegsmodell für die USA, das 2er Gran Coupé. Neben dem elektrischen Mustang-Feigenblatt servierte Ford den Mustang Shelby GT 500 mit nicht gerade bescheidenen 770 PS. Das Interesse der Messe-Besucher wurde vor allem an den leistungsstarken Verbrennern deutlich. Elektromobilität wird allerdings als coole Normalität empfunden: „Ich fahre mit dem Tesla ins Büro und am Wochenende mit meinem BMW M3 auch mal auf die Rennstrecke.“ Die amerikanischen Kunden lieben nach wie vor den brabbelnden V8 oder Sechszylinder, sehen aber auch die positiven Seiten des Elektroautos. Vielleicht auch deshalb, weil sie damit die schnelle linke Fahrspur am Stau vorbei nutzen können. Apropos Stau: Der ist in Los Angeles kein Ereignis, sondern ein Zustand. Allerdings nehmen Amerikaner dies irgendwie gelassen hin.
Audi zeigte als Weltpremieren den Audi e-tron Sportback und den Audi RS Q8 (600 PS) als Top-Modell der Q-Baureihe und vollzieht damit einen beeindruckenden Spagat zwischen E- und Power-Mobilität. Allerdings: Audi hat in Los Angeles deutlich gemacht, dass es möglich ist, leistungsstarke Verbrenner neben leistungsstarken E-Fahrzeugen zu promoten. Allerdings ist diese Zweigleisigkeit vor allem auf dem Heimatmarkt Deutschland kommunikativ eine Herausforderung, um die die Herolde der Pressearbeit und des Marketings nicht zu beneiden sind.
Einen besonders interessanten Aufschlag im Rahmen einer Vorabend-Präsentation machte Volkswagen mit der Studie ID. SPACE VIZZION, die wohl die ferne Zukunft des rein elektrischen Passats andeutet. Es ist bereits die siebte Studie der ID. Familie. VW definiert die rein elektrisch fahrende Studie „aerodynamisch als ein Gran Turismo mit den Raumverhältnissen eines SUV“. Mit einem Cw-Wert von 0,24 legt VW die Latte für Aerodynamik sehr hoch.
„Der neue ID. SPACE VIZZION bringt beispiellose Vielseitigkeit, kompromisslose Qualität und GERMAN DESIGN in eine neue Ära der Mobilität“, sagt Klaus Bischoff, Leiter Volkswagen Design. Die Studie basiert auf dem Modularen E-Antriebs-Baukasten (MEB) von Volkswagen. Die 82-kWh-Brutto-Batterie-Kapazität ermöglicht Distanzen von bis zu 590 Kilometern (WLTP) / 300 Meilen (EPA). Dank einer Systemleistung (4MOTION) von bis zu 250 kW (340 PS) beschleunigt der ID. SPACE VIZZION in 5,4 Sekunden auf 100 km/h.
Ein in Florida lebender Mexikaner und Autojournalist fragte mich, warum wir in Deutschland „die besten Autos der Welt so kritisieren“. Das konnte ich ihm nicht erklären, denn ich verstehe es selbst nicht.
1961 fand die 40. IAA auf dem Frankfurter Messegelände statt. 950 000 Besucher kamen und staunten. Damals wurde das Auto noch als Motor der Wirtschaft gefeiert.
Zwischen 1969 und 1989 gab es auf der IAA Autos zu sehen über die Autoliebhaber heute noch begeisterterzählen. Wer erinnert sich nicht an den legendären Mercedes C 111? Viele wollten ihn haben, aber Mercedes hat ihn nicht gebaut. Schade! Auch heute noch!
Opel bewarb seinen GT mit dem schönen Satz „ Nur fliegen ist schöner“. Und das hat damals tatsächlich auch gestimmt. Für sportliche Familienväter war der 200 km/h schnelle Opel Commodore erste Wahl. Weit teuere Modelle konnte man auf der Autobahn im Rückspiegel verschwinden sehen. Was waren das für Zeiten. Da glänzte Opel noch mit The Big Three. Kapitän, Admiral und Diplomat. Ich habe mir damals einen „fast neuen“ Diplomat geleistet. V8-Chevrolet-Kleinblock, 5,4 Liter 227 PS. „Ich hab es genossen“, sagt Horst Roosen, Vorstand des UTR |Umwelt|Technik|Recht| e.V.