Volkswagen-Chef Matthias Müller hat mit seinen Äußerungen im Handelsblatt viele seiner Manager und Verkäufer verärgert. „Wir kämpfen für die gesellschaftliche Akzeptanz des Diesels und unser Boss will den Kraftstoff verteuern. Das passt nicht zusammen!“ Die FDP nennt Müller „Diesel-Judas“
Die Äußerung eines leitenden Ingenieurs ist noch eine der freundlicheren. Andere Manager sind da weniger höflich. „Mir ist nicht klar, warum Herr Müller auf einmal in den Chor der Diesel-Kritiker einstimmt, die schon lange das Steuerprivileg des Diesels abschaffen wollen. Ausgerechnet wir, die den Diesel-Skandal und damit die ganze Diskussion um Diesel-Abgase losgetreten und zu verantworten haben, treten nun quasi als Diesel-Kritiker auf?! Warum tut er das?“, sagt der Verkäufer eines VW-Händlers in Stuttgart. „Damit entzieht Müller dem Diesel vollends den Boden“, meint sein Kollege. Und: „Wie stehen wir jetzt gegenüber unseren Kunden da, die wir auch mit dem Argument des niedrigeren Spritpreises vom Diesel überzeugt haben?“ Dabei werde immer vergessen, dass Diesel-Fahrer dafür höhere Kfz-Steuern bezahlen.
Beifall von den Grünen
„Wenn die Grünen Müller Beifall spenden, kann was nicht stimmen“, sagt der Verkäufer. Erstaunen auch bei den anderen Autoherstellern. „Ich bin mittlerweile davon überzeugt, dass wir Sinn und Zweck der Dieselsubventionen hinterfragen sollten“, zitiert Müller das Handelsblatt in einem Interview. Sogar der geschäftsführende Bundesverkehrsminister Christian Schmidt kritisierte diese Äußerungen des VW-Chefs: „Ich sehe keinen Anlass, an der Besteuerung etwas zu ändern“, sagte Schmidt der Süddeutschen Zeitung. Der Diesel stoße deutlich weniger CO₂ als Benziner aus. Deshalb brauche man ihn noch als Übergangstechnologie.
Volkswagen als Musterknabe?
Fragt man die Wettbewerber, was sie von Müllers „Angriff auf den Diesel“ (ein Konkurrent) halten, will offiziell niemand etwas sagen. Der Entwicklungsvorstand eines Herstellers sagte uns: „Es ist erstaunlich, wie sich der Kollege von VW hier äußert. Mit den Dieselherstellern ist dieser Gedanke, die Diesel-Steuern zu erhöhen, jedenfalls nicht abgestimmt worden.“ Wenn ein Wettbewerbsvorstand Müllers Äußerungen als „erstaunlich“ bezeichnet, dann ist das aus der Sprache diplomatischer Umgangsformen durchaus als scharfe Kritik zu übersetzen. Ein BMW-Verkäufer sagt es drastischer: „Erst haben die beschissen und alle Hersteller in Verruf gebracht, jetzt wollen sie auf einmal die Musterknaben sein und werfen sich vor den autokritischen Meinungsmachern in den Staub.“
Hart, aber unfair kritisiert die FDP-Generalsekretärin Beer in einem tweet den VW-Chef: „Frage an den Diesel-Judas: Was tragen Sie denn dazu bei, damit neue Technologien und emissionsfreie Kraftstoffe schneller kommen? Oder nur Abgreifen von noch mehr Subventionen?“
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