Der Kartell-Skandal nur heiße Luft? Es gibt zur Zeit keine Ermittlungen des Kartellamts

Alle Medien springen auf den vom Spiegel „enthüllten“ angeblichen Kartell-„Skandal“ auf. Die Wahrnehmung, dass das Bundeskartellamt Ermittlungen eingeleitet hat, ist aber falsch.

Auf unsere Anfrage antwortet die Behörde: „Das Bundeskartellamt führt derzeit kein Verfahren zu möglichen Absprachen im technischen Bereich zwischen deutschen Autoherstellern.“

„Skandal ein Sturm im Wasserglas“

Die „Skandal-Aufdeckung“ des Spiegel entpuppt sich vielleicht schon bald als „Sturm im Wasserglas“, wie ein Daimler-Manager meint. Auch die Wirtschaftswoche warnt vor einer Vorverurteilung einer ganzen Branche und überschreibt den Artikel „Wie wir unsere Branchen kaputtreden“. Alleine schon von „dem Auto-Kartell“ zu sprechen, geht zu weit. Es gibt den Verdacht und zahlreiche Indizien – aufgrund derer nun das Bundeskartellamt und die EU-Kommission ermitteln.“

Die Wirtschaftswoche kritisiert Vorverurteilung

Allerdings irrt an dieser Stelle auch die Wirtschaftswoche. Das Kartellamt ermittelt nämlich nicht und schreibt uns auf unsere Anfrage: „Das Bundeskartellamt hat – wie bereits seit längerem öffentlich bekannt ist – am 23. Juni 2016 eine Durchsuchungsmaßnahme im Bereich des Einkaufs von Stahl durch die Automobil- und Automobilzulieferindustrie durchgeführt. Es wurden 6 Unternehmen durchsucht. Hierbei handelt es sich um ein laufendes Verfahren. Dem Bundeskartellamt liegen Informationen zu diesem Bereich vor. Diese Informationen liegen auch der Europäischen Kommission vor.“

Und weiter schreibt das Bundeskartellamt: „Im System der europäischen Kartellrechtsdurchsetzung führt entweder das Bundeskartellamt oder die Europäische Kommission ein Kartellverfahren. Dabei besteht zwischen den Behörden eine enge Zusammenarbeit und findet eine Verständigung über die Verteilung der Fälle statt. Eine Verfahrenseinleitung durch das Bundeskartellamt zum derzeitigen Zeitpunkt kommt daher nicht in Betracht“, schreibt uns der Pressechef des Bundeskartellamts, Michael Detering auf unserer Anfrage.

„Journalistisch bedenklich“

Außerdem: „Das Bundeskartellamt hat dem „Spiegel“ keine Einsicht in Dokumente gewährt.“ Nun ja, der Spiegel hat sicher neben den offiziellen auch weniger offizielle Quellen. Insoweit wird die weitere Entwicklung zeigen, wie sich die Autoindustrie und insbesondere der VDA hier äußern werden bzw. verhalten.

Die Wirtschaftswoche kommentiert sehr treffend: „Journalistisch bedenklich ist auf jeden Fall die Kampagne, die das Hamburger Magazin im Anschluss an seine Enthüllung gestartet hat. Der Online-Kommentar „Einmal Schrottpresse“ wird etwa angerissen mit den Worten: „Bislang waren Daimler, Volkswagen, Porsche, Audi und BMW der Stolz der deutschen Industrie. Dann kamen der Dieselskandal und nun der Kartellskandal. Die Branche riskiert nicht nur Milliardenstrafen – sie zerstört die Basis ihrer Geschäfte.“

Und weiter heißt es: „Die Unschuldsvermutung? Gibt es beim „Spiegel“ offenbar nicht. Auch in einem Meinungsbeitrag gelten journalistische Standards – die Freude über die eigene Enthüllung war offenbar größer. Die Unschuldsvermutung ist ein Grundsatz fairer und unvoreingenommener Berichterstattung.“

Dem ist nichts hinzuzufügen.

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