Allen Unkenrufen zum Trotz: Der (saubere) Diesel darf nicht sterben. Im Audi A4 3.0 TDI quattro läuft er fahrdynamisch zur Höchstform auf. Und Dank aufwändiger Abgasreinigung mit Harnstoff-Einspritzung und SCR-Dieselpartikelfilter fahren wir auch künftig mitten ins Herz jeder Großstadt. Und jedes Diesel-Fans.
Dass der Diesel so in Verruf, oder besser Verruß geraten konnte, hätte sich sein genialer Erfinder Rudolf Diesel anno 1892 nicht träumen lassen. Und er hat sich bestimmt nicht deshalb in selbstmörderischer Absicht im Ärmelkanal von der Fähre Dresden ins Meer gestürzt, weil er das Stickoxyd-Desaster des Selbstzünders hätte kommen sehen. 125 Jahre sind seit der Patentanmeldung vergangen, und sie haben ihre Spuren hinterlassen. Wir reden jetzt nicht von Partikelschwaden in der Luft, sondern von der Leistung der Ingenieure, den Diesel zum echten High-Tech-Burner hochzurüsten, der Dank AdBlue-Einspritzung keiner Software-Tricks bedarf, um die NOx-Grenzwerte auch auf der Straße einzuhalten.
600 Newtonmeter sind ein Hammer-Drehmoment
Im Audi A4 Avant legt sich dieser Sechszylinder-Treibsatz so vehement ins Zeug, dass der verblichene Erfinder seine helle Freude gehabt hätte und ungläubig fragen würde, ob das wirklich (s)ein Selbstzünder ist, der seine Karriere einst als rauchendes und rau polterndes Motorenmonster begonnen hatte. Seidenweich schiebt der Sechszylinder-TDI den A4 Richtung Horizont. Kein Wunder, denn 600 Newtonmeter sind ein Hammer-Drehmoment, das schon ab 1.500 Umdrehungen pro Minute zur Verfügung steht. Gerade mal 5,4 Sekunden vergehen aus dem Stand auf 100 km/h; die Höchstgeschwindigkeit von abgeriegelten 250 km/h werden auf freier Autobahn sehr souverän erreicht, nicht mal gerade so mit hängender Zunge. Diese Urgewalt faszinierte uns auf jedem dynamisch absolvierten Kilometer. Damit kein falscher Eindruck entsteht, als wären wir immer full speed durch die Republik gedüst. Die Motorcharakteristik dieses TDI macht auch bis Tempo 50 Spaß, und wenn auf Landstraßen ein Überholmanöver sinnvoll erscheint, spielt dieser Drehmoment-Gigant sein Leistungspotential so souverän aus, dass es eine Freude ist und man blitzschnell am zu überholenden Fahrzeug vorbei ist.
Dennoch gilt: In der Ruhe liegt die Kraft. Das Dahingleiten auf kurviger Landstraße, rhythmisches Auf- und Abschwingen in bergiger Landschaft, das präzise Einlenkverhalten und das komfortable, gleichwohl individuell einstellbare Fahrwerk lassen die Frage aufkommen: Kann man das noch besser machen?
Viele Assistenten sorgen für entspanntes Fahren und Sicherheit
Dass wir trotz Power-Treibsatz in Flensburg punktefrei geblieben sind, ist auch dem prädiktiven Assistenten zu verdanken, der Tempolimit-Verkehrszeichen, Stadtschilder und Kurven tempomäßig automatisch so einregelt, dass Tempoüberschreitungen aus Gedankenlosigkeit nicht möglich sind. Mag sein, dass diese automatische Bremsfunktion von einigen Menschen als Bevormundung kritisiert werden mag. Man kann den prädiktiven Assistenten auch abschalten. Wir haben ihn genossen, weil zu schnelles Fahren aus Versehen damit der Vergangenheit angehört. Allerdings hält sich die Elektronik so knallhart an den Vorgegebenen Limits, dass man ab und zu das Gefühl bekommt, ein Verkehrshindernis zu sein. Anders ausgedrückt: Es fällt auf einmal auf, wie viele Autofahrer Tempolimits massiv ignorieren und ungeduldig überholen wollen.
Vorausschauende Elektronik sorgt für „punktearmes“ Fahren
Die makellos schaltende und waltende 8-Gang-tiptronic ist elektronisch perfekt ins gesamte System von Assistenten und den individuellen Fahrerwünschen integriert, ja sie schaltet auch mal zurück, wenn das Navigationssystem eine enge Kurve oder eine Steigung erkennt. Der Prädiktive Effizienzassistent funktioniert übrigens auch dann, wenn kein Navigationsziel eingegeben ist, denn er bleibt ja auch im Hintergrund immer auf dem Laufenden, weiß genau, wo wir gerade
unterwegs sind. Audi gehört sicher zu den führenden Herstellern in Bezug auf elektronische Assistenten. Der Stauassistent macht entspanntes Fahren auch dann möglich, wenn dichter Kolonnenverkehr bis zum Stillstand nervt. Schade ist, dass er bei längerem Stillstand nicht von alleine anfährt und man kurz aufs Gaspedal treten muss. Darüber hinaus gibt es den Querverkehrsassistenten hinten, der das Ausfahren aus einer Parklücke absichert, die Ausstiegswarnung, damit z.B. kein Radfahrer gegen die sich plötzlich öffnende fährt, der Abbiegeassistent stoppt den Abbiegevorgang abrupt, wenn der Fahrer z.B. ein entgegenkommendes Motorrad übersieht.
AdBlue sorgt für sauberes Abgas nicht nur auf dem Prüfstand
Dass sich unser Verbrauch bei 7,8 bis 8,2 Liter auf 100 Kilometer einpendelt, ist zwar weit vom Normwert entfernt, aber daran haben wir uns längst gewöhnt. Acht Liter auf 100 km dürfen wir für eine dermaßen agile Sportwagen-Limousine zweifellos als angemessen betrachten. Allerdings müssen wir noch den Verbrauch an Harnstoff dazurechnen. Der saubere Diesel ist wegen der komplexen und teuren Abgasnachbehandlung also nicht mehr aus wirtschaftlichen Gründen sinnvoll. Der A4 ist serienmäßig mit einem 12-Liter-Harnstofftank ausgerüstet. Für 50 Euro gibt
es einen 24-Liter-Tank, dessen Inhalt für 15.000 bis 20.000 Kilometer reichen dürfte. Genaue Angaben macht Audi (noch) nicht. Da der Liter AdBlue etwa 1,50 Euro kostet, ist das Kaufargument wirtschaftlicher Betriebskosten wahrscheinlich obsolet. Dennoch ist der Diesel Dank seiner Leistungs-Charakteristik ein attraktiver Antrieb. Dass er bis zu 30 Prozent weniger CO2 ausstößt als ein Benziner, wird das Klima ebenso wenig retten wie der Verzicht aufs T-Bone-Steak. Aber ohne Diesel werden die Hersteller die am grünen Tisch erdachten EU-Verbrauchsvorgaben nicht erreichen.
Fazit: Der Audi A4 ist bei aller optischer Zurückhaltung ein Konzentrat an High-Tech-Elementen und folgt der Philosophie, mehr zu sein als zu scheinen. Auch der A4 trumpft mit einer exzellenten Innenraumverarbeitung und besten Materialien auf. Das zu erwähnen hieße Audis nach Ingolstadt fahren. Das haptische Erlebnis ist nicht nur in diesem Audi immer ein Genuss für die Fingerspitzen. Dass sich die verführerische Aufpreisliste nach oben quasi ins Endlose öffnet, ist ein echter Wermutstropfen. Dass unser Testwagen, immerhin „nur“ ein A4, 80.750 Euro kostet, macht Schluckbeschwerden. Allerdings waren hier auch Extras verbaut, die man nicht unbedingt braucht. Auf die Sonderlackierung Arablau Kristalleffekt für 2.400 Euro würden wir verzichten. Obwohl sie so geil aussieht.
Technische Daten: Audi A4 3.0 TDI Avant quattro: fünftürige Schrägheck-Limousine, Länge: 4,73 Meter, Breite: 1,84 Meter, Höhe: 1,43 Meter, Radstand: 2,82 Meter, Leergewicht: 1.695 Kilogramm, Kofferraumvolumen: 505 – 1510 Liter, Tankinhalt: 58 Liter, Motor: Reihensechszylinder-Diesel mit Turbolader, Hubraum 2967 ccm, Leistung: 272 PS zwischen 3.250 – 4.250 U/min, max. Drehmoment: 600 Newtonmeter zwischen 1.500 und 3.000 U/min, 0 – 100 km/h: 5,4 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h, Norm-Verbrauch kombiniert: 5,1 Liter Diesel/100 km, CO2-Emission kombiniert: 142 g/km, Effizienzklasse A/B; Preis ab: 55.000 Euro.
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