Nachgefasst: Spiegel-Stories waren schon mal besser

Irgendwie scheint die Luft technologischer Kompetenz beim Spiegel raus zu sein. Auch der renommierte Spiegel-Mann Dietmar Hawranek schwächelt. Seit er mit seinem in sechs Worte verdichteten Mega-Scoop „Ich bin auf Distanz zu Winterkorn“ ein Stück Autoindustrie-Geschichte (um)geschrieben hat, sein eigener Rückzug aus der aktiven Spiegel-Zeit angekündigt ist, seitdem werden seine Geschichten irgendwie dünner.

Mit diesem legendären, distanzierenden Satz der hatte der damalige VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch VW-Chef Martin Winterkorn quasi zum Abschuss freigegeben. Zwar verlor zunächst Piëch, als ihm der Aufsichtsrat die Gefolgschaft verweigerte, aber Wiko wurde dann doch vom Diesel-Tsunami hinweggespült. Wobei heute noch darüber gerätselt wird, ob das Epizentrum des den Tsunami auslösenden Bebens nicht nahe Salzburg gelegen hat. Doch das ist eigentlich Schnee von gestern.

Der Spiegel verallgemeinert völlig unjournalistisch

Der Umgang des Spiegel mit dem „Diesel-Thema“ ist an Voreingenommenheit nicht zu übertreffen. Lassen wir mal außer Acht, ob Opel nun auch manipulierende Software eingesetzt hat. Schon im Vorspann der Geschichte „Schmutzige Geheimnisse“ wirft das Magazin handwerkliche Grundsätze des seriösen Journalismus über Bord. „Das Versprechen vom sauberen Diesel ist als Lüge entlarvt, die Konzerne haben auf die falsche Technik gesetzt“, heißt es da populistisch verallgemeinernd. Der Spiegel weiß sehr genau, dass zum Beispiel BMW auch im streng Abgas genormten Kalifornien saubere Diesel verkauft, die sowohl auf dem Prüfstand als auch auf der Straße alle Grenzwerte einhalten. Wieso haben dann „die Konzerne“ im allgemeinen auf die falsche Technik gesetzt? Wieso soll der Diesel überhaupt eine falsche Technik sein, nur weil bei den Abgasen getrickst wurde?

Dass der Spiegel auch offensichtliche Fehler durchgehen lässt, die vielleicht sogar Freud’sche Versprecher sind? Da wird BMW-Chef Harald Krüger gleich in zwei Geschichten so zitiert: „Wenn die gesetzlichen Grenzwerte immer weiter steigen, wird die Abgasnachbehandlung irgendwann so teuer, dass der Elektromotor endgültig die bessere Alternative ist.“ Dass so ein Fehler nicht einmal der Spiegel-Dokumentation auffällt, verwundert uns. Eigentlich werden die Grenzwerte immer weiter abgesenkt, oder irren wir?

Fazit: Der Diesel wird (hoffentlich) noch lange überleben. Nicht nur um die CO2-Flottenvorschriften zu erreichen, sondern weil er viele Vorteile hat. Wahrscheinlich überlebt er nicht in kleinen Fahrzeugen, weil die Abgasreinigung hier zu teuer wird. Aber in großen Limousinen, weil dort der höhere Preis leichter zu verkraften ist.

Der Diesel wird nicht subventioniert

Und was soll die ewige Behauptung von der Subventionierung des Diesels: Weil der Kraftstoff niedriger versteuert wird, hat der Staat vor ein paar Jahren die Kfz-Steuer für Diesel drastisch angehoben. Der Diesel kostet vor allem auch in der Anschaffung deutlich mehr. Diesel sind deshalb so beliebt, weil sie ein hohes Drehmoment, aber deutlich niedrigere Verbräuche und deshalb große Reichweiten haben. Diesel zu fahren ist eher der Psychologie geschuldet als ökonomischem Kalkül. Kaum ein Diesel-Besitzer hat genau nachgerechnet, ob sich sein Selbstzünder lohnt. Viele würden erkennen, mit einem Benziner trotz Mehrverbrauch besser gestellt zu sein. Das hängt von der jährlichen Fahrleistung ab, vom Kraftstoffpreis und vielem mehr.

Der VDA hat sich in dieser Diskussion nicht mir Ruhm bekleckert

Der Diesel ist keine „Dreckschleuder“, wie seine Gegner suggerieren wollen. Und selbst wenn man die realen Straßen-Stickoxidwerte des Bundesumweltamts zur Grundlage macht, haben sie sich von Euro 3 bis Euro 6 fast halbiert. Dass die Überschreitungen der Grenzwerte deutlich zugenommen haben, ist allerdings bedenklich. Und könnte ein Hinweis darauf sein, dass diese Grenzwerte für Billiglösungen im Abgastrakt unrealistisch sind. Hat sich die Autoindustrie die Akzeptanz dieser Werte zu schnell abringen lassen, in der Hoffnung, technische Lösungen zu finden, die die Grenzwerte einhaltbar machen? Hier hat offenbar jeder Hersteller sein Süppchen gekocht. Und der Verband der Automobilindustrie (VDA) hat sich nicht gerade mit Widerstand gegen den überambitionierten Zeitplan, unrealistische Grenzwerte realisieren zu müssen, aus dem Fenster gelehnt.




Diesel-Grenzwerte sind technologisch beherrschbar

Fest steht, dass die Diesel-Grenzwerte weltweit technologisch beherrschbar sind. Selbst die strengsten kalifornischen Grenzwerte werden von BMW eingehalten. Bei Mercedes-Benz wird gerade mit den amerikanischen Behörden geprüft, ob das in Grenzen auch in den USA zulässige System „Thermofenster“ legal ist, bei dem die Reinigung des Abgases zurückgefahren werden darf, um die Betriebssicherheit des Motors nicht zu gefährden. Diese Untersuchungen werden sich noch ein paar Monate hinziehen. Jetzt aber das Ende des Diesels herbei zu reden, ist blanker Unsinn.

Und wir sollten nicht vergessen: Der Spiegel hat auch schon mal in Sachen Klimawandel geirrt, als er in den Siebzigern eine Eiszeit vorausgesehen hat. Zwei interessante Artikel zu diesem Irrtum lesen Sie hier SPIEGEL_1974_33_41667249. und hierWeltklima-Szenarien: Als uns vor 30 Jahren eine neue Eiszeit drohte – DIE WELT

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