Wenn Verkehrsminister Alexander Dobrindt lächelt, wirkt er seit neuestem ziemlich unsicher. Es ist ein Lächeln mit nichts dahinter als Zähnen. In der Rolle des Generalsekretärs der CSU haute er noch wesentlich selbstsicherer auf die Pauke. Als er am Montag die Maut-Pläne seines Ministeriums als „Infrastrukturabgabe für alle Autofahrer“ vorstellte, schienen seine Haare vom medialen Gegenwind zerzaust und Dobrindt noch unsicherer zu sein. Man wird bei ihm das Gefühl einfach nicht los, dass er nur widerwillig seines Parteichefs Maut-Gelöbnis umzusetzen hat, ohne dessen Festschreibung im Koalitionsvertrag Horst Seehofer diesen nicht unterschreiben wollte oder sogar nicht unterschrieben hätte.
Warum wirkt Dobrindt in Sachen Maut so unsicher? Weil die Kanzlerin gelobt hat, dass es mit ihr eine Maut nicht geben werde? Sie hat den Koalitionsvertrag inklusive Maut allerdings mit unterschrieben, was bei Frau Merkel allerdings nichts zu bedeuten hat. Wie wir wissen, kann bei ihr aus einer Verlängerung der Laufzeit für Atomkraftwerke innerhalb weniger Wochen eine Verkürzung werden. Die Kanzlerin beklagt Rechtsunsicherheit in China und fördert sie zu Hause. Das ist aber eine andere Geschichte.
Wieso also die Unsicherheit? Alexander Dobrindt will nicht zum Drohbrindt werden. Er ist hoch sensibel, wenn es um veröffentlichte Meinung geht. Das ist eine Erklärung. Vielleicht gibt es auch eine andere: dass es längst Pläne gibt, auch die deutschen Autofahrer höher zu besteuern, was zu vermuten ist. Nicht gleich zur Einführung der Maut, aber in ein, zwei Jahren, wenn man festgestellt hat, dass die Einnahmen nicht reichen, Straßen und Brücken zu sanieren, weil die Einnahmen irgendwo im allgemeinen Haushalt versickern.
Aktuell sind die Maut-Pläne Dobrindts aber entgegen dem Mainstream deutscher Medien und zahlreicher Politiker absolut europakonform. Und es ist wieder einmal bemerkenswert, wie renommierte Medien die Tatsachen verdrehen, und die emotionale Komponente, das Bauchgefühl höher bewerten als die Rechtslage. Da überschreibt zum Beispiel Spiegel online ein Video mit der Behauptung, Dobrindt wolle „eine Pkw-Maut für ausländische Fahrzeuge einführen“. Absolut falsch. Denn Dobrindt will eine Maut für alle, also auch für die deutschen Autobesitzer einführen. Dass er selbst 170 Millionen Fahrten ausländischer Pkw durch Deutschland zur Grundlage, ja zur Begründung einer Maut nennt, fördert das Bauchgefühl der Diskriminierung ausländischer Halter. Das ruft natürlich – irgendwie verständlich – jeden EU-Harmonisierungs-Beflissenen auf den Plan, dies lautstark als Verstoß gegen das europäische Gleichbehandlungsprinzip zu beklagen.
Halten wir uns also an das europäische Recht: Danach bestimmt jedes Land souverän, wie und ob von den Autobesitzern in welcher Höhe Kfz-Steuer eingefordert wird. Deutschland kann also die Kfz-Steuern nach Belieben senken, ohne dass Brüssel auf den Plan gerufen werden muss, wie ein von mir sehr geschätzter Kommentator bei Spiegel online fordert. Dem Buchstaben des Gesetzes nach ist das keine Trickserei, sondern klar im Rahmen der Gestaltungshoheit Berliner Politik, die sich andererseits darüber aufregt, dass Unternehmen auch ihre Rechte wahrnehmen, wenn sie ihre Steuern international ebenso legal gestalten. Ist ein anderes Thema.
Es fällt schwer, ein Bauchgefühl zu haben, aber dem Recht nach handeln und denken zu müssen. Auch den Medien. Und dem Recht nach ist die Maut wie jetzt geplant auch auf europäischer Ebene nicht zu beanstanden, wenn gleichzeitig in gleicher Höhe die deutschen Autobesitzer zur Maut herangezogen werden. Sorge macht mir nur, dass der nimmersatte Staat nach zwei Jahren dann doch die Melkkuh Autofahrer wieder entdecken dürfte, um Steuerlöcher zu stopfen. Und dann ist die Zusage, dass deutsche Autofahrer durch die Maut nicht höher belastet werden dürfen, längst vergessen.
DochVerkehrsminister Alexander Dobrindt gibt in Bild eine Maut-Garantie sogar schriftlich: „Kein Fahrzeughalter in Deutschland zahlt im Zuge der Einführung der Pkw-Maut (…) mehr für sein Auto als heute.“ Die Hintertür steht auch in diesem Satz: „…im Zuge der Einführung der Pkw-Maut…“. Wenn sie mal eingeführt ist, dann ist ja die Einführungsphase beendet und es kann weiter abkassiert werden. Dass entgegen dem Koalitionsvertrag nun auch Landstraßen mautpflichtig werden sollen, ist ein Punkt, an dem das gesamte Mautgedöns noch grandios auf Bundesländer-Ebene scheitern könnte. Aber nicht am Europarecht.
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