Der Einstieg ist zweifellos gutes journalistisches Handwerk. Die Szene im Privat-Jet auf dem Flug von Istanbul nach Stuttgart hat Sogwirkung. Der Leser wird neugierig. So ist es gewollt. Aber ob diese Episode den Chef der Daimler AG positiv erscheinen lässt, darüber lässt sich streiten. Oder eben nicht. Denn wie zu hören ist, soll PR-Chef Jörg Howe „not amused“ sein. Es ist immer ein Risiko, den Chef einer Art Langzeitbelichtung durch Journalisten auszusetzen. Der begleitende Reporter erfährt so zwangsläufig oft mehr, als es der Zielperson recht sein kann. Deshalb dürfte es wohl das letzte Mal gewesen sein, Dieter Zetsche von einem Berichterstatter begleiten zu lassen. Als Zetsche im Business-Jet die Anzeige für die Bambi-Verleihung in der Bunten entdeckt und offensichtlich verärgert danach fragt, was das koste und ob das von Mercedes-Benz bezahlt werde, blitzt eine gewisse Kleinkariertheit auf. Andererseits: Dass sich der Daimler-Boss trotz erzielter Milliarden-Gewinne über die Kosten für eine Anzeige aufregt, kann auch positiv gesehen werden. Der Mann kümmert sich eben auch um Details. „So sehen es hier aber nur Opportunisten“, weiß ein Daimler-Manager zu analysieren. „Unser Chef sollte sich um größere und vor allem wichtigere Probleme kümmern.“
Über Daimler-Boss Dieter Zetsche zu schreiben ist zweifellos eine journalistische Herausforderung. Wo er nachhaltige Spuren hinterlassen hat, welche Kompetenzen ihn auszeichnen, wie er Mitarbeiter führt, welche entscheidenden Weichenstellungen er im Konzern eingeleitet hat: Dies alles verschwimmt im SZ-Magazin im Ungewissen, entzieht sich jedem Bemühen, seine siebenjährige Arbeit an der Konzernspitze in greifbare Wahrheit auszuhärten.
So ist auch der Versuch des Autoren im Magazin der Süddeutsche Zeitung, der Persönlichkeit Dr. Z. näher zu kommen, irgendwie zum Scheitern verurteilt. Nicht weil der Autor Lorenz Wagner ein schlechter Journalist wäre, sondern weil sich der Daimler-Boss sehr schwer tut, jemand nahe an sich herankommen zu lassen. Die Behauptung im Vorspann der mit einem großen „Z“ überschriebenen Geschichte, „wir haben Zetsche ein Jahr lang begleitet“, suggeriert Nähe, jedenfalls mehr Beobachtunsmöglichkeit, als sie im Artikel wahrzunehmen ist. Wahrscheinlich musste immer Distanz gewahrt, jedes Gespräch mit Zetsches PR-Tross oder mit ihm selbst hart erkämpft werden. Als Zetsche den Reporter einfach stehen lässt und mit dem Auto davon fährt, ist dem Schreiber seine Ohnmacht anzumerken. Und die Szene spricht nicht für das Arrangement einer wirklichen journalistischen Begleitung über ein Jahr.
Aber wer kann schon erwarten, an vertraulichen Gesprächen an der Konzernspitze teilnehmen zu können? Denn Dieter Zetsche bleibt bei aller bemühten Nähe gegenüber Mitarbeitern, Journalisten, Managern, ja sogar Vorstandskollegen im Innern immer unnahbar. Zu sehr haben ihn die Ungerechtigkeiten dieser Welt dünnhäutig werden lassen. Dass der Betriebsratsvorsitzende und mit ihm die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat Zetsches Vertrag erst gar nicht verlängern wollten, dann nur um drei Jahre verlängert haben, bleibt eine offene Wunde, die nur die Zeit heilen kann. Wenn überhaupt. Nicht wenige im Unternehmen sagen, dass ihn dieser Affront des Aufsichtsrats zu einer „lame duck“ gemacht hat.
Hat Dr. Z. nicht einst erfolgreich als Mercedes-Vertriebschef gewirkt, als Entwicklungsvorstand die Marke mit dem Stern gestaltet, hat er nicht Chrysler saniert, als Mercedes-Chef nicht exzellente Modellpolitik gemacht? Ist nach Hyundai, Mitsubishi, Chrysler nicht der vierte Kooperationsversuch, von ihm initiiert, eine großräumige Zusammenarbeit mit Renault einzugehen, ein kluger Schachzug, um auf dem Weltmarkt der Premium-Marken bestehen zu können? Dieter Zetsche würde solche Sätze nicht als Satire verstehen, sondern als realitätsnahe Darstellung seiner Lebensleistung. Vielleicht wird man ganz oben eben zwangsläufig ein wenig realitätsfern. Vielleicht auch weil der Hofstaat nur positive Meldungen nach oben weiterleitet, der Mann an der Spitze (beim Daimler) nicht alles erfährt, was wichtig wäre.
Wie schreibt der Autor im SZ-Magazin? „Nicht seine Seilschaften haben Zetsche auf den Chefposten gebracht. Es waren die Erfolge.“ Leider führt der Schreiber an dieser Stelle keinen einzigen davon an, der seine Schlussfolgerung untermauern würde. Deshalb steht diese Behauptung im Raum wie die Einflüsterung eines PR-Sprechers, der erklären muss, wieso Zetsche überhaupt Chef geworden ist. Auch hier hätte der Autor jene zu Wort kommen lassen müssen, die Zetsche auf den Thron gehoben haben. Dass der wichtigste Weggefährte und einflussreichste Mann in diesem Spiel überhaupt nicht wörtlich zu Wort kommt (oder kommen wollte), lässt schon wieder Raum für Spekulationen. Aufsichtsratschef Manfred Bischoff wird nur sinngemäß in einer Bildunterschrift zitiert: „Zetsche habe im Winter versäumt, seine Leute mitzunehmen“, habe Bischoff gesagt. Ein bisschen wenig Meinungsäußerung für seinen Mann an der Spitze. Und ein bisschen wenig wohlwollend. Auch dass Zetsche unter „Druck“ stehe, ist ein magerer Kommentar von einem Aufsichtsratsvorsitzenden. Nur ein Wort, keinerlei Erklärung, warum. Es bleibt dem Leser überlassen, Subtiles, vage Angedeutetes, kommentarlos in den Raum Gestelltes zu dechiffrieren. Eine Zumutung.
Der Autor lässt vieles aus, fasst nicht nach, übergeht Wesentliches. Beispiel: Ja, Zetsche war Entwicklungschef. Das weiß mittlerweile jeder. Was hat er da gemacht, welches Auto verantwortet? Hier hätte deutlich werden müssen, dass zum Beispiel auch die am Elch-Test gescheiterte A-Klasse unter seiner Verantwortung entwickelt wurde. So gibt es vieles, was im Detail unerzählt bleibt. Schade eigentlich.
Ob Zetsche in dem Portrait gut oder schlecht weggekommen ist? Darüber diskutiert man in der Daimler-Zentrale dieser Tage mehr als über die Frage, ob das Design der neuen S-Klasse nun gelungen ist oder nicht oder wie der Streit ums Kältemittel beendet werden kann. Die SZ-Magazin-Story polarisiert wie schon lange keine Veröffentlichung mehr. Zetsche komme sympathisch als Mensch rüber, sagen die einen. Zetsche wird als ziemlich unsensibler Manager vermittelt, sagen die anderen. Zetsche werde als bedauernswerter Spitzenmanager beschrieben, der ein unmenschliches Leben lebt, sagen seine Freunde. Zetsche werde als engstirniger Despot erkennbar, der sich lieber mit Sudoko beschäftigt als mit Mitarbeitern zu reden, sagen seine Gegner.
Als Zetsche der Chef wurde, vor sieben Jahren, habe Daimler am Boden gelegen. „Und er führte Daimler zu Rekorden. Kein Vorgänger hat so viele Autos verkauft, keiner einen solchen Gewinn gemacht: neun Milliarden Euro vor Steuern. Der fabelhafte Dr. Z.“, jubelt der Autor. Und es klingt so übertrieben, dass man es für Zynismus halten könnte. Zweifellos nicht ernst gemeint ist Zetsches eigenes Selbstverständnis: „Ich komme morgens ins Büro und sage: Wie heiße ich, was habe ich zu tun?“ Es wäre schlimm, wäre das die Wirklichkeit. Deutlich wird aber, dass Dieter Zetsche kaum Zeit hat. Außer ab und zu um Sudoku zu spielen. Dass er Emails grußlos schreibt, ist eigentlich nicht außergewöhnlich. Und nicht unbedingt unhöflich. Dass er laut werden kann, passt da schon weniger unter den sympathischen Seehund-Bart.
Recht oberflächlich greift der Autor Themen heraus, ohne sie zu erklären. Dass Zetsche als Firmenchef die Welt kennen gelernt hat, ist ziemlich banal. Dass er im Büro mit Kollegen Ball gespielt hat, sagt nicht viel, denn es liegt Jahrhunderte zurück. Aber was verbirgt sich hinter dem Satz, dass Zetsche „in Windeln Maschinenteile nach Brasilien geschmuggelt“ haben soll? Hier bleibt der Autor trotz einjähriger Begleitung Zetsches eine Erläuterung leider schuldig.
Einen Aufreger liefert der Autor aber doch noch. Aber der animiert vor allem Zetsches Kritiker unter den Mitarbeitern, die sich über „unsinnige Sparmaßnahmen“ aufregen, dann aber lesen müssen, dass Daimler sogar einen Wagen beim Christopher Street Day sponsert. Das „schwul-lesbische Netzwerk“ des Konzerns habe ursprünglich 40.000 Euro gewollt, „Zetsche handelt sie auf 20.000 runter“. Ein Manager der Ebene 1 wundert sich: „Wir müssen am Kopierer ans Sparen denken, fördern aber einen so lächerlichen Umzugswagen mit 20.000 Euro. Das ist nicht zu fassen. Wann kommen die Karnevalsjecken beim Daimler, damit wir uns in Köln und Düsseldorf an den Umzügen beteiligen? Und kann es zu Zetsches Aufgaben gehören, ein Sponsoring für unsere homosexuellen Kollegen auszuhandeln?“
Ich finde es unfair das die mitarbeiter zum finalspiel zur arbeit müssen….
und der chef bei der nationalelf feiert…
es wäre kein problem gewessen einfach die sonntagschicht ausfallen zu lassen….
alle mitarbeiten hätten mit familie tv geschaut….
alle hätten eine schicht…freitag zu samatag ran gehängt…
aber nein…
aber der chef feiert sogar mit der nationalelf nachts den sieg…
es ist unfair und als kleines…Dankeschön…sollte man den mitarbeitern ein deutschlandtriko zukommen lassen
mein mann war sooo traurig…und ICH als frau musste ihn aufbauen….da er halt zur nachtschicht musste….
auch als frau sollte man belohnt werden…..
wenn wir nicht währen würde so mancher mercedes ohne funkelnder stern vom band laufen….smile