Wissmann-Brief an Kanzlerin Merkel ist kein „Quatsch“, sondern notwendiges Alarmsignal

VDA-Präsident Matthias Wissmann

VDA-Präsident Matthias Wissmann

Spiegel online nennt den Brief des VDA-Präsidenten Matthias Wissmann an Kanzlerin Merkel zu CO2-Grenzwerten der EU mit disqualifizierender Überheblichkeit „Quatsch“.

Der Kommentator liegt darin mehrfach falsch: 1. Den Brief „Bettelbrief“ zu nennen, wird dem Thema überhaupt nicht gerecht. Wissmann „bettelt“ nicht um Hilfe, sondern macht auf eklatante Gefahren aufmerksam, die Deutschlands Autohersteller in ihrer weltweiten Bedeutung und in ihrem Erfolg gefährden. Es ist keine Phrase, dass davon viele Arbeitsplätze, Wohlstand und Stabilität abhängen.

2. Die von der EU geplanten CO2-Grenzwerte für die Zeit nach 2025 stehen nicht nur im Widerspruch zum Verhalten der EU-Kommission selbst (siehe mein Kommentar Bei den eigenen Dienstwagen kennt die Heuchelei der EU-Kommission keine CO2-Grenzwerte“ weiter unten), sondern sie gehen an den physikalischen Möglichkeiten vorbei. Es sei denn, wir würden uns alle damit abfinden wollen, nur noch Kleinstwagen zu bewegen, die im Flottendurchschnitt eines Herstellers zwischen zwei und drei Liter Kraftstoff auf 100 km verbrauchen. Wir müssten unsere Ansprüche an Familientauglichkeit, Komfort und Unfallsicherheit drastisch reduzieren. Und wir müssten bereit sein, dafür viel Geld zu bezahlen. Nicht nur ein Plug-in-Hybrid ist wesentlich teurer als ein herkömmlicher Antrieb, auch alternative Antriebe, die so sparsam sind, kosten Aufpreis. Der technische Aufwand zur Erfüllung der EU-Vorgaben wäre nicht nur sehr hoch, sondern stünde auch in keinem vernünftigen, wirtschaftlichen Verhältnis zum Ziel.

68 g/km CO2 im Flottendurchschnitt (!) sind eigentlich nur mit Verzichtsautomobilen oder technologisch aufgepimpten Motoren zu erreichen. Die Schraube würde wirtschaftlich gesehen überdreht.

Die vom EU-Parlament beschlossenen Regeln haben eindeutig planwirtschaftliche Ansätze. Im Grunde genommen geht es nicht mehr um Umwelt- oder Klimaschutz, sondern darum, vermeintliche Luxusfahrzeuge zu verbieten. Es mag abwegig klingen, aber es ist auch Ausdruck der aktuellen Diskussion in Europa um die so genannte soziale Gerechtigkeit, dem Auseinanderdriften von Reich und Arm, der Steuerflucht, der Neid-Debatte und was weiß ich sonst noch. Dass die Amerikaner Europa mittlerweile als sozialistisch (das hat mit sozial nichts zu tun) bezeichnen, ist gar nicht so weit weg von der Realität. Wer das Fläschchen Olivenöl beim Italiener verbieten will, leidet eindeutig an Regulierungswahn. Dass man dann das Vorhaben so mir nichts dir nichts wieder kassiert, beweist doch, wie oberflächlich manche Themen von der EU-Bürokratie angegangen werden.

Über den Vorwand Klimaschutz und die Stellschraube Verbrauch soll erzwungen werden, was den deutschen Premium-Herstellern die Grundlage entzieht. Das ist eindeutige Industriepolitik zugunsten jener europäischen Hersteller, die überwiegend im Euroraum verkaufen. Und die nicht ohne Neid auf die Verkaufserfolge der Deutschen in den Boom-Märkten schauen.

Erfahrene Motorenentwickler halten schon die 95g-Grenze bis 2020 für eine nur schwer überspringbare Hürde. Die Grenzwerte ab 2025 als Chance für die deutsche Autoindustrie zu bezeichnen ist eine Illusion. Sollten diese Werte so kommen und auch die Anrechnung über sogenannte „Supercredits“ so lächerlich gering bleiben, wird dies über kurz oder lang zu großen Veränderungen der industriellen Struktur nicht nur in Deutschland führen. Mancher Hersteller wird seine Produktion in Ländern außerhalb der EU weiter auf jenen Märkten verkaufen können, die nicht diese Grenzwerte haben. Global gesehen ist dem „Klimaschutz“ damit auch nicht gedient. Der Einfluss der EU-Bürokratie hat gottseidank Grenzen.

Zurück zum Brief Matthias Wissmanns: Er ist kein „Quatsch“, sondern eine Notwendigkeit. Es war Wissmanns Pflicht, warnend den Finger zu heben. Wer die Dinge laufen lässt, hat nämlich schon verloren. Wie viele EU-Regelungen wurden schon quasi aus Versehen durchgewinkt, weil niemand gewarnt hatte. Bei den CO2-Grenzwerten darf das nicht passieren.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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