Der neue VW Taigo: bildschön, –  als Verbrenner von gestern?

Serienmäßig: Digitales Cockpit Fotos: VW

Wie Volkswagen zwischen E-Mobilität und Verbrenner-Produkten balancieren muss, kann einem schon Respekt abverlangen. VW-Konzernlenker Herbert Diess macht jedenfalls keinen Hehl daraus, dass Volkswagen den Weg in die Batterie-Mobilität mit dem Verkauf von Verbrennern finanzieren muss. Mit der Vorstellung des neuen „Taigo“ wird einmal mehr deutlich, wie widersprüchlich der Switch in die Elektrowelt vonstatten geht. Oder gehen muss?

 

Wer sich heute einen neuen Benziner kauft, weiß nicht, ob er ihn bis zum Lebensende des Autos fahren darf. Schon einmal wurden relativ neuen, legalen Dieseln (Euro 4 und 5) rückwirkend die Fahrt auf den Straßen deutscher Städte wie in Stuttgart verboten. Niemand kann einem heutigen Verbrenner-Käufer garantieren, dass er mit seinem Auto bis weit in die dreißiger Jahre überall fahren darf.

Der neue Taigo, ein bildschönes Mini-SUV-Coupé mit ästhetisch komprimierter Präsenz, großem Platzangebot und funktionaler Digitalisierung (das Digital-Cockpit ist serienmäßig), wird sich zweifellos glänzend verkaufen, vorausgesetzt, die Kunden lassen sich vom VW-Chef nicht verunsichern, der ja sagt, dass Elektroautos die bessere Mobilitätslösung sind. Während VW-Chef Diess also die E-Mobilität forciert und nicht nur in Talkshows Verbrenner quasi zu Museums-Exponaten erklärt, muss das Volkswagen-Marketing und die PR-Abteilung für das aktuelle Verbrenner-Portfolio trommeln. Ein Spagat, der die Kommunikations-Strategie zur extremen Herausforderung macht.

Warum verkauft Volkswagen überhaupt noch Verbrenner?

Der neue Taigo wird dem Segment kompakter Crossover-SUV gut tun und den Abschied von effizienten und faktisch maximal sauberen Otto-Motoren einmal mehr erschweren. Der Taigo sieht nicht nur rundum gut aus, er provoziert auch erneut die Frage, ob es wirklich nötig ist, die Verbrenner-Technologie zu verdammen. Ausgerechnet VW-Chef Herbert Diess meint: ja. Erwartet aber von seinen Kunden, dass sie den Taigo und andere VW-Produkte mit „Steinzeit-Technologie“ kaufen (diffamierender Grünen-Sprech), um die E-Zukunft zu finanzieren. Irgendwie passt das nicht zusammen. Verbrenner-Käufer werden subtil als old-school-Anhänger (ab)qualifiziert, denn – wenn es nach Herbert Diess geht – sollten doch alle ein E-Auto kaufen. Wenn man gedanklich ganz hart rangeht, muss die Frage erlaubt sein: Warum verkauft Volkswagen überhaupt noch Verbrenner? Schwingt hier nicht eine ganz besonders neue Art Technologie-Heuchelei mit?

Das Digital-Cockpit ist serienmäßig Fotos VW

Dass VW in diesem ersten Halbjahr besonders gut verdient hat, ist auch der Tatsache geschuldet, dass das Unternehmen großartige Autos baut. In der Mehrzahl noch immer mit Diesel oder Benzinern. Seit Jahresbeginn stiegen die weltweiten Verkäufe gegenüber dem Vorjahr um knapp 23 Prozent auf 2,65 Millionen VW-Fahrzeuge. Die gesamte VW-Gruppe kann im ersten Halbjahr 2021 einen Vorsteuergewinn von 11,4 Milliarden Euro verzeichnen.

„In Europa steigen wir zwischen 2033 und 2035 aus dem Geschäft mit Verbrenner-Fahrzeugen aus“, kündigte VW-Vertriebsvorstand Klaus Zellmer vor ein paar Tagen an. In den USA und China werde der Ausstieg später erfolgen, in Südamerika und Asien noch viel später. Als Ziel gelte, dass ab 2030 weltweit 70 Prozent aller neuen VW-Modelle rein elektrisch fahren sollen.

Der Taigo als Konzentrat charismatischen Designs

Ich schweife ab vom eigentlichen Helden dieser Geschichte, dem in Brasilien entworfenen und dort bereits als „Nivus“ auf dem Markt angebotenen Crossover. Er verwirklicht einmal mehr das Credo von der „Demokratisierung technologischen Fortschritts“. Tatsächlich finden wir hier Features vor, die noch vor wenigen Jahren nur im obersten Preissegment zu haben waren: serienmäßiges Digital-Cockpit, IQ.Light LED-Matrix-Scheinwerfer, faszinierende Illuminations-Details wie die leuchtende Kühlergrill-Querspange. Optional ist der absolut empfehlenswerte IQ.DriveTravel Assist, der Abstand hält und Tempolimits über die Verkehrszeichen-Erkennung in die automatische Geschwindigkeitsregelung einspeist und entsprechend abbremst. Das System ermöglicht teilautopilotiertes Fahren bis zu 210 km/h.

Der Taigo erscheint wie das noch einmal verdichtete Konzentrat charismatischen Designs. Das Auge bleibt an allen möglichen Ecken hängen, weil nichts am Taigo langweilig erscheint.

Angeboten wird das 4,27 Meter lange SUV-Coupé (vorerst?) ausschließlich mit Drei- und Vierzylinder-Benzinern mit 95, 110 und 150 PS. Ob später eine Hybridversion nachgeschoben wird, ist noch offen. Keinesfalls wird es einen Diesel geben, ist zu hören. Die Preise beginnen bei unter 20.000 Euro, der Verkauf soll in wenigen Wochen beginnen.

 

 

 

 

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