Volkswagen-Chef Herbert Diess sieht seine Elektrostrategie durch den niedrigen Diesel-Kraftstoffpreis gefährdet

Überraschender Abgang von VW-Boss Dr.Herbert Diess

Dass sich Volkswagen-Konzernchef Herbert Diess bei seinen Diesel-Kunden mit der Forderung nach einem höheren Diesel-Kraftstoffpreis keine Freunde macht, dürfte klar sein. In der Wolfsburg wird hinter vorgehaltener Hand kritisiert, „dass sich unser Chef damit als sozialistischer Planwirtschaftler geriert“.

 

Offensichtlich wird in der Diskussion, dass der schizophrene Spagat zwischen notwendigem Geldverdienen mit Verbrennern und der teuren E-Mobilisierung den Konzern strategisch fast zerreißt. Während Diess die von der EU-Kommission geplante Verschärfung der CO2-Grenzwerte für Volkswagen für machbar hält, sehen ganze Heerscharen von Motorenentwicklern nicht nur ihre Leistungen diskreditiert, sondern den „politisch erzwungenen Weg in die Elektromobilität für ein großes Risiko, weil er marktwirtschaftliche Grundgesetze und die Wünsche der Kunden ignoriert“.

Der VW-Chef hält schärfere Grenzwerte für machbar

Diess habe darauf gehofft, dass die Bundesregierung seinen Batterie-Kurs massiv unterstützen würde, heißt es. „Dabei zeigen sich bereits jetzt Absetzbewegungen der Regierung, wie die Förderung der Wasserstofftechnologie beweist.“ Diess habe zu Unrecht auf die Kanzlerin gesetzt, die die Autoindustrie schon lange fallen gelassen habe.

Der Welt am Sonntag sagte Diess: „Wenn wir als Gesellschaft bereit sind zu akzeptieren, dass die Transformation zu einer CO2-neutralen Mobilität schneller ablaufen soll, wäre das für Volkswagen zu schaffen.“ Und weiter: „Ob es für die gesamte Branche machbar wäre, muss man diskutieren – mit den Zulieferern und der Politik.“ Der Bereichsleiter für Motoren-Entwicklung eines süddeutschen Herstellers wundert sich: „Herr Diess will mit Zulieferern und der Politik reden, aber offensichtlich nicht mit seinen Kollegen aus der Autoindustrie. Alleingänge von VW sind wir ja gewöhnt. So zu tun, als ob verschärfte Grenzwerte so problemlos zu schaffen wären, ist unredlich, nein sogar unverfroren falsch.“

VW-Chef Diess sieht seine Batterie-Strategie durch den zur Zeit niedrigen Diesel-Kraftstoffpreis gefährdet. Kein Zweifel gibt es unter Fachleuten, dass sich die E-Mobilität ohne massive finanzielle Unterstützung durch den Staat auf dem Markt nicht durchsetzen würde. Ein Marketing-Experte aus Stuttgart dazu: „Hier wird die Marktwirtschaft ausgehebelt und staatlich gesteuert, wie das früher in der DDR selbstverständlich war. Dort gab es fast nur stinkende Zweitakter-Trabis, auf die man 15 Jahre warten musste.“ Die E-Mobilität werde es in den nächsten zwei bis drei Jahren nicht schaffen, in die Breite des Marktes vorzudringen. Es bleibe dabei, dass noch hohe Hürden zu überwinden seien. „Reichweiten und Ladezeiten sind zwar besser geworden, aber ohne Herzklopfen, ob der Inhalt der Batterie zum Ziel noch reicht, geht es noch lange nicht. Deshalb werden die Plug-in-Hybride immer deutlicher gewinnen, weil man damit unbegrenzt weit kommt, gefördert wird und weil im Hintergrund ein Verbrenner werkelt“, sagt ein Experte.

„Herbert Diess ist nie in Wolfsburg angekommen“

Für Herbert Diess heißt das, dass er gleich an mehreren Fronten zu kämpfen hat. Auch innerhalb des Konzerns muss er sich jeden Tag durchsetzen. Gegen den Betriebsratschef Bernd Osterloh, gegen Kritiker seiner Elektro-Strategie, gegen potentielle Nachfolger, die mit den Füßen scharren, alles anders machen wollen, aber nie zugeben würden, die Nachfolge anzustreben. Auf der potentiellen Nachfolgeliste steht auch der neue Audi-Chef Markus Duesmann. Seine Vita weist ihn eindeutig als „Verbrenner“-Fan aus. Wer bei Mercedes-Benz einen 12-Zylinder konstruiert, dort Chef der Dieselmotoren-Entwicklung war und Formel-1-Motoren bei Mercedes und BMW entwickelt hat, der ist nicht so leicht auf Elektromotoren umzupolen. Duesmann ist gleichwohl dabei, die E-Mobilität im Konzern zu forcieren, seine Vorbehalte gegenüber einer radikalen E-Ausrichtung ist allerdings daran zu erkennen, dass er Fahrzeugplattformen bauen wollte, die auch Verbrenner erlaubt. Duesmann weist auch immer wieder auf die Risiken hin, den Schwerpunkt auf Batterieautos zu setzen. Es bleibt spannend, und man darf gespannt sein, was der VW-Aufsichtsrat dieser Tage beschließen wird. Sicher nicht die Verlängerung des Vertrages von Herbert Diess.

Insider bezweifeln sogar, dass Diess seinen bis 2023 laufenden Vertrag zu Ende bringen wird. Diess selbst, daran besteht kein Zweifel, will weitermachen und erhält vom einflussreichen Porsche-Aufsichtsratschef Wolfgang Porsche (verhaltene) Unterstützung. „Herr Diess hat den Konzern verändert und ist noch nicht fertig.“ Das Manager Magazin sieht einen Volkswagen-Chef auf Abruf. Der gebürtige Münchner Herbert Diess sei nie in Wolfsburg angekommen und werde ein Außenseiter bleiben. Und Außenseiter hätten nur eine begrenzte Wirkungszeit bei Volkswagen.

 

 

1 Kommentar zu "Volkswagen-Chef Herbert Diess sieht seine Elektrostrategie durch den niedrigen Diesel-Kraftstoffpreis gefährdet"

  1. Rolf Franz Nieborg | 25. September 2020 um 08:40 | Antworten

    Vor Wochen soll Herbert Diess schon betont haben, dass er voll auf E-Mobilität abfährt und falls es schief gehen sollte, voll auf die Bundesregierung setzt…

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