Neu verliebt in alte Werbung – Wie Toyota mit einem Werbe-Spot einen auf Philosophisch macht und stellenweise daneben greift

Toyota Hybrid Werbung

Neue Toyota-Werbung mit banalen Weisheiten

Der neue Toyota-spot Spot fängt ähnlich an wie einst Ridley Scotts Werbefilm „1984“ für die Einführungskampagne des Macintosh von Apple. Steve Jobs hatte den Regisseur persönlich ausgesucht, weil er vom Science-Fiction-Thriller „Alien“ sehr beeindruckt gewesen sein soll. Jobs briefte den Regisseur selbst, diskutierte Stunden lang mit ihm, hat endlos genervt, vieles besser gewusst. Als Scott die Brocken hinwerfen wollte, gab sich Besserwisser Jobs geschlagen. Aber er blieb hartnäckig und wollte bei der Produktion bis hin zum Schnitt dabei sein. Am Ende waren beide hoch zufrieden.




Der Film wurde 1984 erstmals als Super Bowl Commercial gezeigt und machte den bekannten Würfel über Nacht weltberühmt. Der kurze Film gilt noch heute als eine der herausragendsten Arbeiten im Werbe-Metier.

Kein Wunder, dass sich Werbeagenturen schwer tun, das Rad neu zu erfinden. Immer wieder greifen sie auf Ideen zurück, die es in der einen oder anderen Form schon mal gegeben hat. Nach den amüsanten und durchaus gelungenen und zur Marke passenden Spots mit Axel Prahl und Jan Josef Liefers versucht sich die Agentur Saatchi&Saatchi nun mit philosophischem Tiefgang.

Ein junger Mann mit intelektueller Brille und ebensolchem Gesichtsausdruck schreitet wissend weise durchs Bild und eine Stimme aus dem off vermittelt Lebensweisheiten: „Was ich gelernt habe: Wenn Sie etwas ohne Liebe machen, machen Sie´s lieber gar nicht.“ Eigentlich die banale Wahrheit. Oder?

Der Philosoph schreitet weiter und wird Zeuge einer für den Augenblick scheiternden Liebesbeziehung. „Führen Sie keine Beziehung ohne Liebe. Früher oder später werden Sie merken, dass Sie Ihre Zeit verschwendet haben.“ Der nackte Tiefsinn oder: Das hätte ich nie gedacht; wieder was gelernt. Lebenshilfe für Fortgeschrittene.

Und weiter: „Nehmen Sie keinen Job an, den Sie nicht lieben. Kein Geld der Welt kann Ihren Frust ausgleichen.“ Mir fällt dabei spontan die Toilettenfrau ein, die am Flughafen immer dann das WC mit quergestelltem Besen versperrt, wenn ich den Nassraum betreten muss. Wenn sie ihren Job ohne Liebe macht und bleiben ließe, wäre das irgendwie nicht gut. Sie muss ihn lieben. Das wird sich auch manch Arbeit Suchender merken. Die Arbeitsagentur wird verstehen, warum er sich nicht bei einer angebotenen Arbeitsstelle beworben hat. Mit dieser wasserdichten Begründung wird sie ihm keinesfalls die Arbeitslosenhilfe streichen können.

Und weiter geht es in Sachen Banalweisheiten: Ohne Liebe sollte man nicht kochen, kein Haustier halten, nicht sprechen. Ergo: „Und fahren Sie nicht, ohne es zu lieben.“ Auto natürlich. „Denn nur Liebe macht aus ganz alltäglichen Dingen wieder etwas Besonderes.“ So weit so gut.

Unverständlich ist mir aber der optische Zusammenhang zwischen Stimme und Videobild. Denn unser Philosoph läuft jetzt an einem Stau vorbei, steigt auf die stehenden Autos und schaut weise ins Nirgendwo. Schnitt: „Entdecken Sie Toyota Hybrid. Den Grund, warum sich sechs Millionen Menschen wieder neu ins Autofahren verliebt haben.“

Werbung darf übertreiben, übers Ziel hinausschießen, provozieren, keine Frage. Sie sollte aber mindestens die Wahrheit berühren. Und ich glaube nicht, dass sich sechs Millionen Menschen „neu“ ins Autofahren verliebt haben, weil es den Toyota Hybrid gibt. Auch mit einem Hybrid stehen wir im Stau. Und das Autofahren werden die meisten Menschen immer lieben. Mit oder ohne Hybrid, Plug-in oder Diesel.




Der Spot versucht den Toyota Hybrid auf eine intellektuelle, vergeistigte Ebene zu hieven. Er meidet die Realität auf der Straße und im Leben. Was steckt in der Erkenntnis Neues, man sollte ohne Liebe keine Beziehung eingehen. Das ist absoluter Nonsens, ein Ratschlag aus dem Handbuch Partnerschaftswissen für Dummies.

Der philosophische Ansatz des Spots passt nicht so recht zur Marke, finde ich. Technisch und optisch ist der Film hervorragend gemacht, keine Frage. Aber Lichtjahre (zu weit) entfernt von der fröhlichen Unbefangenheit bisheriger Toyota-Werbung, die schon vor vielen Jahren mit den sprechenden Tieren für Aufsehen gesorgt hat. Heute wäre das in der Tat ein bisschen zu albern, aber albern erscheinen mir auch die tiefenpsychologischen Lebensweisheiten eines 30-jährigen. Wie denken Sie darüber?

1 Kommentar zu "Neu verliebt in alte Werbung – Wie Toyota mit einem Werbe-Spot einen auf Philosophisch macht und stellenweise daneben greift"

  1. Sie sprechen mir aus der Seele! Die Pseudo-Weisheiten sowie der fehlende Zusammenhang zwischen entnervten Autofahrern im Stau und dem fröhlichen, das Fahren liebenden Toyota-Fahrer sind eine ungünstige Kombination, da die Marke Toyota sich damit meines Erachtens nach komplett lächerlich macht. Völlig daneben finde ich aber, dass in diesem Spot keinerlei positive Gefühle vermittelt werden. Die Aussage ist doch schließlich: Was immer du tust, du es mit Liebe. Ebendiese Liebe wird aber nicht transportiert, sondern lediglich der Zustand, wenn sie fehlt. Dadurch gewinnt der Spot einen sehr unangenehmen Nachgeschmack. Wer will schon ständig an sich trennende Paare, im Regen stehende Hunde und schlechtes Essen denken? Das ganze positiv formuliert gewesen hätte der Werbung vielleicht den so sehr ersehnten philosophischen Nachdruck genommen, wäre jedoch thematisch bedeutend passender gewesen.

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