„Schaut man auf die Buchungen, haben wir bei der Entwicklung des IAA-Konzepts alles richtig gemacht“, sagte Johannes Plass, einer der Väter der IAA Mobility in München und Chef der renommierten Design-Agentur Mutabor vor der Ausstellung im Interview mit der Autoren-Union Mobilität. Er hatte sich überzeugt gezeigt, die IAA werde ihrer „Rolle als letzte große europäische Mobilitätsplattform gerecht“ und sah die Chance, der „Summit“ der IAA könne eine gemeinsame Strategie der deutschen Hersteller erkennen lassen. Nach der Messe und den ersten Analysen fragen wir jetzt nach.
Sind Sie mit dem Ergebnis der IAA Mobility 2023 zufrieden?
Plass:„Ich bin positiv gestimmt. Ich denke, die Zeichen der Zeit sind von allen erkannt: Mercedes, Volkswagen und BMW haben mit Mittelklasse-Konzepten zumindest eine Antwort auf die Produktbedürfnisse der globalen Kunden gefunden, die offensichtlich am meisten nachgefragt sind. Mit „The Neue New Class“ und „Defining Class since 1886“ formulieren BMW und Mercedes neue
Glaubenssätze, die als innerer Apell zu verstehen sind. Weil die Chinesen mit fertigen Produkten in eben dieser Klasse nach Europa drängen, bleibt den Deutschen allerdings nicht viel Zeit, den Heimatmarkt zu verteidigen. Das Interesse an diesen Fahrzeugen aus China und den USA habe ich im Summit und Open Space als sehr rege wahrgenommen. Wir sind also nicht in der Rolle des Treibenden, sondern des Getriebenen. Das ist ein krasser Paradigmenwechsel.
Die IAA formulierte über die Präsidentin den Anspruch auch im Bereich Mobilität starke Antworten zu geben. Hier hat Oliver Blume für den VW-Konzern einige gute Punkte gemacht. Vor allem die Bedeutung von Software nicht nur für die Convenience im Auto, sondern auch für multimodale Mobilitätsangebote ist zukunftsweisend. Man wird sehen, ob, wann und mit welcher Qualität das Ganze auf die Straße kommt.
In Summe hatte ich aber den Eindruck, dass sich die IAA nicht vom Auto lösen kann – vielleicht an dieser Stelle eine gute und wegweisende Erkenntnis für die Agenda 2025. Denn wenn wir im Ankerprodukt Automobil global den Anschluss verlieren, wird es für die angeschlossenen Themen noch schwieriger.“
Teilen Sie also die Prognose der weitaus meisten Medien vom erneuten Untergang der deutschen Automobilindustrie, dieses Mal wegen des chinesischen Drachens?
„Nein. Wir haben auf der IAA gesehen, dass ‚die Deutschen‘ die Zeichen der Zeit verstanden haben und konzeptionell die passenden Antworten finden. Es wird spannend, ob wir auch bei den Kennzahlen – wie Performance, Convenience und Preis – mithalten können, wenn die 2023 Showcar Generation in Betrieb genommen wird. Aktuell setzt das Business-Model ja noch auf den Verbrenner. Ich denke, die kommende Generation an Fahrzeugen muss die Egalisierung der Kräfteverhältnisse herstellen. Wenn das nicht gelingt, wird es sicherlich ungemütlich. Aus fachlicher Sicht macht mir eher die teilweise schwache Präsentation der Marken Sorgen. In einem Markt, in dem sich die Teilnehmer technisch immer mehr angleichen, ist die Markendifferenzierung sehr wesentlich. Mich wundert, dass sich nur wenige Marken anstrengen, hier die besten sein zu wollen.
Das habe ich nur bei VW, Mercedes und Cupra gespürt. Aus dem chinesischen Markt wissen wir: Hier dürfen wir uns nicht zurücklehnen, sondern müssen vor dem Kunden immer Motivation beweisen. Das Ziel sollte sein, der Beste zu sein.“
Haben die vielen Demonstrationen und Aktionen von Auto-Gegnern nur in der Berichterstattung oder auch in der Diskussion der Messe- und Mobilitätsmacher eine Rolle gespielt?
„Tatsächlich nicht. Aber das ist vor allem der Polizei, dem Veranstalter und der Gelassenheit der IAA-Besucher zu verdanken. Durch die zuletzt eher unglücklichen Aktionen der Klimakleber habe ich den Eindruck, dass die Aktionen nicht mehr allzu ernst genommen werden. Die Stimmen, die ich höre, sind eher genervt als emotional angeregt. Aber – wie gesagt – die Gelassenheit ist vor allem dem guten Sicherheitskonzept der IAA zu verdanken. Außerdem hat das Elektroauto ein gutes Image und bietet weniger Angriffsfläche.“
Der Vertrag zwischen dem Verband der Automobilindustrie und der Stadt München läuft bis 2025. Wird es 2027 noch eine IAA in München geben?
„Das ist eine spannende Frage. München hat ein starkes Sicherheitskonzept und konnte jetzt zweimal in Folge mit bestem Wetter glänzen. Wenn es jedoch geregnet hätte, sprächen wir heute wahrscheinlich über andere Themen. Denn – auch das will gesagt sein – die Entfernung zwischen Messe und Innenstadt ist eine eklatante Schwäche von München. Andere Städte könnten vor allem bei der örtlichen Zusammenlegung von Open Space und Summit punkten und würden für das Business Model besser funktionieren. Die gute Stimmung, die München jetzt geliefert hat, ist definitiv ein Pfund. Auch wenn ich mir Hamburg wünsche, wenn ich heute zu entscheiden hätte, wer das Rennen macht, ich würde auf München setzen. Peter Schwerdtmann, cen
Die kürzlich angekündigten Entlassungen bei Volkswagen in Zwickau verdeutlichen, dass die Elektromobilität zwar auf dem Vormarsch ist, aber noch nicht in der Lage ist, die bestehenden Arbeitsplätze in der Autoindustrie zu ersetzen. Die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen ist immer noch nicht so hoch wie erhofft.
Dennoch gibt es Hoffnung auf eine rosige Zukunft.
Die kommenden Jahre versprechen eine weitere Entwicklung der Elektromobilität, begleitet von sinkenden Preisen, größeren Reichweiten und einer verbesserten Ladeinfrastruktur. Dies wird voraussichtlich die Nachfrage nach Elektroautos steigern und die Autoindustrie vor neue Herausforderungen und Chancen stellen.
Die IAA Mobility hat unmissverständlich gezeigt, dass Elektromobilität die Zukunft ist. Dennoch ist es zu früh, die Verbrennerfahrzeuge abzuschreiben. Die kommenden Jahre werden entscheidend sein, um zu sehen, wie sich die Elektromobilität weiterentwickelt und wie die Autoindustrie auf diese Veränderungen reagiert, glaubt Horst Roosen Vorstand des UTR |Umwelt|Technik|Recht| e.V. und Initiator des VCD Verbrenner Club Deutschland im UTR e.V.