Wenn aus Journalisten Medienschaffende werden

Was haben ZDF/ARD und Audi gemeinsam? Sie „gendern“ entgegen den Wünschen der Mehrheit ihrer Kunden. Während Audi im Marketing seiner Produkte jedem noch so unwesentlichen Kundenwunsch nachkommt, gilt in Sachen Gender-Sprache der gefasste Vorstandsbeschluss und nicht der Mehrheitswunsch der Kunden.

Aus mehreren Geschäftsbereichen sei die Anregung dazu gekommen, „einen Leitfaden für eine einheitliche Verwendung von gendersensibler Sprache zu erstellen“. Und weiter: „Die Verwendung von gendersensibler Sprache hat für uns etwas mit Haltung für Vielfalt und Inklusion zu tun und spiegelt unsere Werte wider.“

Kritiker bei Audi stoßen auf „genderideologische Spracherzieher“

In zahlreichen Gesprächen mit Audi-Mitarbeitern auch aus dem Führungskreis verlautet hinter vorgehaltener Hand („bitte nennen Sie keinesfalls meinen Namen“) auch deutliche Kritik. So ignoriere Audi die mehrheitliche Auffassung aus dem Kundenkreis, Gendersprache in der Kundenansprache nicht zu wollen. Kunden und Händler hätten bereits in Schreiben an den Vorstand deutlich gemacht, dass man Gendersprache „nicht nur für überflüssig, sondern für Blödsinn“ halte. Und: „Im Unternehmen stoßen wir mit unserer Kritik gegen eine Phalanx genderideologisierter Spracherziehern.“

Auch renommierte Sprachwissenschaftler können Audi nicht davon überzeugen, dass Gendern keinerlei grammatische Notwendigkeit zugrunde liegt. Audi sieht dies anders: „Eine Unternehmenskultur, die auf Vielfalt setzt, ist eine wichtige Voraussetzung für Wettbewerbsfähigkeit und nachhaltigen Unternehmenserfolg. Als globales Unternehmen machen wir keine Unterschiede hinsichtlich sozialer Herkunft, Geschlecht oder sexueller Orientierung unserer Mitarbeitenden. Uns ist wichtig, auf diese Weise ein motivierendes und integrierendes Arbeitsumfeld für alle zu schaffen. Audi fördert daher Vielfalt im Unternehmen durch verschiedene Initiativen, wie z.B. die Einführung der gendersensiblen Sprache.“

„Audi möchte alles Personen wertschätzend ansprechen“

Sprache sei das wichtigste Kommunikationsmittel. „Audi möchte alle Personen unabhängig ihrer geschlechtlichen Identität oder ihrer Herkunft wertschätzend ansprechen. Denn Sprache kann Menschen explizit ausschließen, sie bildet soziale Strukturen ab, vermittelt Rollenbilder und Werte und prägt so unsere Wahrnehmung. Gendersensible Sprache ist unserer Meinung nach Ausdruck einer sichtbaren, positiven Einstellung zu Vielfalt und Chancengleichheit. Zudem gewährleistet sie, dass niemand seine geschlechtliche Identität offenbaren muss, um entsprechend angesprochen zu werden.

Natürlich ist uns bewusst, dass ,gendersensible Sprache´ kontrovers diskutiert wird. Wir freuen uns, dass wir zur öffentlichen Debatte einen Beitrag leisten und stehen zu unserer Stellungnahme für gendersensible Sprache. Denn: Inklusion, Chancengleichheit und Gendergerechtigkeit sind uns wichtig. Kritische Stimmen ändern nichts an unserer Haltung“, antwortet uns Audi-Sprecherin Linda Kawan.

So spricht Audi auch künftig statt von Journalisten von „Medienschaffenden“ und heißt Besucher_innen willkommen. Dass sich intern nicht jeder mit dem Gendern anfreunden mag, ja sogar äußert, „dass Gendern absoluter Quatsch“ ist, wie Deutschlands Sprachpapst Wolf Schneider meint und mit der mit der Gender-Lust gnadenlos abrechnet:„Die ganze Gender-Debatte ist eine Wichtigtuerei von Leuten, die von Sprache keine Ahnung haben. Zwischen dem natürlichen und dem grammatischen Geschlecht besteht nicht der geringste Zusammenhang. Wie könnte es sonst das Weib heißen? Der Löwe, die Schlange, das Pferd. Obwohl sie alle dieselben zwei Geschlechter haben. Die Führungskraft ist heute überwiegend ein Mann – und keiner hat sich je beschwert. Die Liebe ist weiblich, dabei soll es bleiben.“

Auch intern wächst bei Audi der Widerstand gegen „den sprachlichen Vergewaltigungs-Wahnsinn“, wie uns gegenüber sogar eine Führungskraft einräumt. Audi wurde allerdings vor kurzem auch durch ein Urteil des Landgerichts in Ingolstadt bestätigt, vor dem ein VW-Mitarbeiter durchsetzen wollte, im Konzern von Audi nicht mehr in Gender-Sprech angesprochen zu werden. Er verlor. Allerdings will sich der VW-Mann nicht damit begnügen, sondern geht in Berufung.

VW verhält sich pragmatisch

Bei VW in Wolfsburg sieht man die Sache anders als bei der Konzern-Tochter gelassen. Wie uns ein Sprecher mitteilt, ist auch hier Vielfalt und Inklusion angesagt, von einer Gender-Sprache ist allerdings nichts zu hören. Da heißt es nur: „Wir nutzen innerhalb des Konzerns eine Sprache, die unsere Werte transportiert“. Und: „Als einer der größten Arbeitgeber und wirtschaftlicher Impulsgeber hat Volkswagen eine soziale Verantwortung für Chancengleichheit sowie Gleichberechtigung für alle Mitarbeitenden im Konzern.“ Der Terminus Mitarbeitende statt Mitarbeiter gilt nicht als Gender-Sprech und umgeht geschickt, orthografische Krücken. Volkswagen spricht z.B. in einer Pressemitteilung zum DRIVE.STORE sehr rational-pragmatisch in Berlin von „Besucherinnen und Besucher“. Keine sprachliche Verrenkung wie es das distanziert klingende „Besuchende“ ausdrücken würde.

Bei Mercedes-Benz, so die zuständige Sprecherin Ute Wüest von Vellberg, gebe es keine offizielle Vorgabe zur Verwendung von geschlechterneutraler Sprache. „Wir richten uns nach den Vorgaben der ,Gesellschaft für Deutsche Sprache` und verwenden in unseren Texten wo möglich neutrale Bezeichnungen wie ,Beschäftigte´. Bei personalisierten Texten, wie zum Beispiel in unserem Intranet, entscheiden die Autoren selbst, wie sie formulieren. Mercedes-Benz ist ein globales Unternehmen und setzt auf die Unterschiedlichkeit der Beschäftigten. Das Unternehmen ist überzeugt, dass mehr Vielfalt zu besseren Ergebnissen führt.“ Wer wollte, wer kann da widersprechen?

BMW antwortet uns so: „Die BMW Group bekennt sich zu Diversity. Wir schätzen und fördern Vielfalt und schaffen ein Arbeitsumfeld, das alle Mitarbeitenden gleichermaßen Wertschätzung entgegenbringt. In ihrer Kommunikation in deutscher Sprache strebt die BMW Group deshalb eine geschlechtsneutrale oder alle Geschlechter einschließende Sprachwahl an. Gleichzeitig haben wir uns bisher an der amtlich deutschen Rechtschreibung orientiert und deshalb die Verwendung von geschlechtsneutralen Begriffen, soweit möglich, sowie Paarbildungen favorisiert. Wir prüfen derzeit die neuen Vorschläge des Duden und hoffen auf eine amtliche Entscheidung des Rates für deutsche Rechtschreibung“, sagt BMW Sprecher Eckhard Wannieck.

Im Frühjahr kommt eine neue Empfehlung des Rates für Rechtschreibung

Im Frühjahr 2023 wird eine Empfehlung des Rates für deutsche Rechtschreibungerwartet. Die letzte Empfehlung ist unter https://www.rechtschreibrat.com/geschlechtergerechte-schreibung-empfehlungen-vom-26-03-2021 nachzulesen  Im Rat werde weiterhin eine intensive Beobachtung des Schreibgebrauchs betrieben. „Dabei zeigt sich, dass sich Tendenzen verstärken, gendergerecht zu schreiben und auch verkürzende Sonderzeichen wie Genderstern, Doppelpunkt oder Unterstrich zu verwenden. Diese Entwicklung wird zurzeit ausgewertet und es wird ein Empfehlungspapier vorbereitet, das in der Frühjahrssitzung 2023 dem Rat zum Beschluss vorgelegt werden soll. Umfragen, welche die Entwicklung untermauern, wurden und werden in großem Umfang ausgewertet, antwortet uns die Geschäftsführerin des Rats für deutsche Rechtschreibung, Dr. Sabine Krome. Auf die Frage, ob auch Umfragen eine Rolle spielen werden, antwortet sie: „Ja, natürlich – das soll ein neutraler und objektiver Bericht werden, nicht aus sprachpolitischer Perspektive, sondern aus orthografischer und im Sinne der Verständlichkeit, Lehr- und Lernbarkeit.“

1 Kommentar zu "Wenn aus Journalisten Medienschaffende werden"

  1. Rolf Franz Nieborg | 12. August 2022 um 08:48 | Antworten

    Gendern ist und bleibt ein betreutes Sprechen und Schreiben…

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