„Nach dem Ende der Umweltprämie für Elektroautos brach der Verkauf von E-Autos dramatisch ein“

Wie könnte sich die „Mobilitätswende“ im Jahr 2035 darstellen? Peter Groschupf hat das in einem fiktiven Interview antizipiert. Der befragte CEO möchte allerdings ungenannt bleiben. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind nicht beabsichtigt und unvermeidbar zufällig.

2030 sollten laut Regierung 15 Millionen reine Elektroautos in Deutschland zugelassen sein. Heute, 2035, also fünf Jahre später sind es nicht einmal sechs Millionen. Warum wurden die hochfliegenden Ziele nicht erreicht?

CEO XY: Mit dem Ende der E-Umweltprämie für E-Autos brach der angebliche E-Boom, den es nur in den Medien und der Berliner Blase gab, ziemlich schnell ein. Unsere Marktforscher kamen zu dem Schluss, dass auf dem E-Markt ohne Prämie eine Sättigung eingetreten war. Dabei wussten wir doch, dass ein Produkt, das nur massiv mit Subventionen auf dem Markt überlebt, keinen nachhaltigen Erfolg haben kann. Das gilt für Zahnpasta und Waschmittel genauso wie für Batterie-Autos. Obwohl die Ladeinfrastruktur ständig gewachsen war, blieb der Anreiz ohne Prämie sehr klein. Die wachsende Verfügbarkeit von e-fuels, also synthetischen Kraftstoffen hat den Verbrennern einen enormen Aufschwung gebracht. Gewissermaßen ein Leben nach dem Tod. Dieser Tod war allerdings nur von der bis 2024 grün dominierten Politik herbeigeredet worden. Die Kundschaft hat sich nun mal gegen eine ideologische Umerziehung und Planwirtschaft entschieden, sondern die eigenen Bedürfnisse an ein Auto in den Mittelpunkt gestellt.

Spielten dabei auch die vielen Lastabwürfe, also Stromsperren für private Ladestationen in Folge der Energiewende und des Ukraine-Kriegs eine Rolle?

CEO XY: Aber ja. Während Benzin und Diesel zwar teuer, aber nie knapp wurden, ist der Strompreis in schwindelerregende Höhen gestiegen. Dass nicht nur Audi in vorauseilender Kenntnis einer Stromknappheit das Aufladen im Privathaushalt ökonomisch so programmiert hat, um Überlastungen des Netzes vorzubeugen, beweist, dass das schon früh ein Thema war. Nebenbei: Da fand ich die Toyota-Werbung für ihre Hybridautos „Elektrisch für alle ohne Stecker“ nachgerade genial. Damit fing Toyota jene Kunden ein, die zwar auf kurzen Strecken in der Stadt lokal emissionsfrei fahren, aber ohne Reichweitenprobleme auch in den Urlaub fahren wollten.

In den Zwanzigern wurden viele Ihrer Kollegen von ihren Kindern und Jugendlichen von „Fridays for Future“ beeinflusst. Sie auch?

CEO XY: Dass ich meine damals 15-jährige Tochter zur Klima-Demo gefahren habe, ist der väterlichen Fürsorge geschuldet. Wir diskutierten dieses Thema auch zu Hause, und da wollte ich nicht, dass mir meine Tochter Vorwürfe machen kann, ich würde nichts für den Klimaschutz und für die überlebenswerte Zukunft meiner Tochter tun. Ich habe FFF respektiert, aber nicht wirklich ernst genommen, aber die Politik ließ sich von den Jugendlichen beeindrucken und unter Druck setzen. Ehrlich: Wir Manager ja auch.

Hat Sie also Ihre Tochter in Richtung des sogenannten Klimaschutzes gedrängt?

CEO XY: Das geht doch allen Eltern so, dass sie sich von ihren Kindern beeinflussen lassen. Schon allein des familiären Friedens willen. Meine Tochter hat mir aber in vielen Dingen positiv die Augen geöffnet. Nicht alles, was sie und ihre Freunde und Freundinnen forderten, finde ich richtig. Dass sich die jungen Menschen aber so ernsthaft um einen Klimawandel Sorgen machen, ist doch durchaus positiv zu sehen, selbst wenn wir heute wissen, dass sie wahrscheinlich nicht Recht hatten und der weltweite CO2-Ausstoß trotz Klimaabkommen bis heute sogar gestiegen ist. Auch meine Generation ist Fehleinschätzungen unterlegen.

Zum Beispiel?

CEO XY: In Deutschland hatten wir Kernkraft- und Kohlekraftwerke zunächst abgeschaltet bzw. die Abschaltung beschlossen. Gleichzeitig haben wir 10 Milliarden Entwicklungshilfe nach Indien gegeben. Wie wir heute wissen, hat Indien das Geld verwendet, um Kohlekraftwerke und ein Kernkraftwerk zu bauen. Ist das nicht verrückt? Dazu kommt, dass wahnwitzig hohe Strompreise in Deutschland die Elektromobilität maximal gebremst haben, weil Tanken wieder günstiger wurde als der Strom. Das waren Fehleinschätzungen am laufenden Band.

Nach dem Wegfall der Umweltprämie 2023 zunächst für Plug-ins, später auch für reine E-Autos mit Batterie ist der Verkauf eingebrochen. War diese steuerfinanzierte Subvention nicht der Beweis, dass sich E-Mobilität auf dem Markt ohne Steuerzuschuss nicht durchsetzen würde?

CEO XY: Ehrlich gesagt, habe ich diese Subvention nie für richtig gehalten, obwohl sie unsere Umsätze in dem Bereich massiv befördert hatte. Unsere Konzernentscheidung war nun mal das E-Auto, da konnte eine dem Vorstand untergeordnete Entscheidungsebene nicht dagegen angehen. Wir nannten den Vorstand hinter vorgehaltener Hand „Politbüro“ und meinen Vor-Vor-Vor-gänger als CEO „Generalsekretär“. Die meisten unserer Leitungsebene wussten schon damals, dass die Batterie als Mobilitätsbasis nur im Kurzstrecken-Verkehr eine größere Rolle spielen würde. Wir schätzten damals den E-Anteil langfristig auf 30 Prozent ein. Dass es heute 28 Prozent bei 72 Prozent Verbrenner sind, gibt uns im Nachhinein Recht und zeigt eine weitere rückläufige Tendenz. Dieses Verhältnis ist weltweit ähnlich. Selbst in China werden mehr Verbrenner verkauft als E-Autos. Auch in den Hybriden sind ja Verbrenner beteiligt. Und deutsche Hersteller, die von der EU-Politik quasi zum Verbrenner-Abschied gezwungen wurden, haben eine Zeitlang die Motorenproduktion von Verbrennern einfach in Länder außerhalb der EU verlagert. Auch nach China.

Die kritischen Stimmen beriefen sich im letzten Jahrzehnt immer auf das Pariser Klimaabkommen und das unbedingte Einhalten des politischen 1,5-Grad-Ziels. Warum hat das nicht auch bei Autokäufern zur Einsicht geführt, dass E-Mobilität unbedingt notwendig ist? 

CEO XY: Das Klimaabkommen ist eine Fiktion gewesen und geblieben. Viele Länder haben nur deshalb zugestimmt, weil sie dafür finanziell belohnt wurden. Was aber in der deutschen Diskussion ignoriert wurde: Das Abkommen erlaubte, dass z.B. China und Indien bis 2030 beim CO2-Ausstoß sogar noch zulegen durften und erst danach langsam hätte reduzieren sollen. Heute im Jahr 2035 stellt die Welt fest, dass China nicht ein Gramm reduziert hat, weil es wirtschaftlich wachsen wollte und noch immer will. Unser Land hat seine CO2-Ziele zwar auch nicht erreicht, aber am Klima hat sich deshalb nichts verändert. Vom 1,5-Grad-Ziel redet heute niemand mehr.

Glauben Sie nicht, dass sich die E-Mobilität doch noch durchsetzen kann, auch wenn es nicht mehr bis zu 9.000 Euro Zuschuss pro Fahrzeug gibt, wie es bis 2025 die Regel war?

CEO XY: Der Einbruch nach dem Schluss der Förderung hat gezeigt, dass die Mehrheit nicht aus eigener innerer Überzeugung aufs Batterie-Auto umsteigen wollte. Dass Hybridantriebe, ob als Plug-in oder als Hybrid, sich weiter gut verkauft haben, macht deutlich, dass die Autokäufer ganz nüchtern nachdenken, was ihre Bedürfnisse am besten abdeckt. Planwirtschaftliche Vorgaben haben noch nie funktioniert. Die Kunden wollten und wollen ohne große Routenplanung, ohne Suche nach Ladestationen, ohne Angst vor dem Liegenbleiben mit leerer Batterie losfahren. In die Freizeit, in den Urlaub, zur Oma.

Der Stellantis-Chef hat schon 2022 gesagt, dass Batterie-Mobilität nur dann sinnvoll ist, wenn man eine eigene Wallbox bzw. Ladestation, also im Klartext ein eigenes Haus oder eine Garage besitzt. Dabei wurde klar, dass die meisten Autobesitzer in den Großstädten nicht wirklich gut laden können, so lange nicht in den Wohngebieten jede Straßenlaterne einen Ladeanschluss haben würde. Und selbst das würde nicht ausreichen. Also war sich doch die Industrie bewusst, dass der allein von der Politik ideologisch vorgeschriebene Weg in die E-Mobilität der falsche sein würde, oder sehe ich das falsch?

CEO XY: Ja, das wussten wir. Aber wir haben das E-Mobil-Spiel mitgespielt. Mitspielen müssen. Zeitweise mit unverantwortlicher und gespielter Begeisterung. BMW hat sich da nicht mitreißen lassen und propagierte eisern Technologieoffenheit, entwickelt bis heute auch Verbrenner weiter. Die von Investoren dafür bezogene Kritik ist längst vergessen, weil BMW erfolgreich geblieben ist und sich nicht dem Mainstream angeschlossen hat. BMW hat E-Modelle entwickelt und verkauft, aber auch den Verbrenner weiterentwickelt; und der hat immer noch nicht den Gipfel seiner Effizienz erreicht. BMW steht heute als Unternehmen bestens da. Dass die Münchner mittlerweile 40 Prozent E-Autos verkaufen, aber immer noch 60 Prozent Verbrenner, beweist doch wieder mal, dass Totgesagte länger leben.

Als es 2025 zu ersten Abschaltungen von Ladestationen kam, weil kaum Wind wehte, der Ukraine-Krieg schon in den Jahren zuvor die Gas-Pipelines trockengelegt hatte, war das natürlich ein dramatisches Signal gegen die Batterie-Mobilität und führte zur Erkenntnis, dass Strom nur bedingt für die individuelle Mobilität genutzt werden kann, zumal wenn er aus so genannter erneuerbarer Energie kommen soll. Das hat ja auch nicht funktioniert, weil der Wind nicht immer wehte und die Sonne völlig überraschend nachts nicht scheint.

Sie haben in Ihrem Vorstand einmal für Technologie-Offenheit geworben, sind aber bei Ihrem damaligen CEO böse abgeblitzt. Heute weiß man in Ihrem Hause, dass die einseitige Fokussierung auf Batterie-Mobilität ein Fehler war. Während z.B. BMW wie gesagt gut da steht, weil das Unternehmen auch den Verbrenner weiterentwickelt hat und nun Dank E-fuels, also synthetischem Kraftstoff mit nahezu null CO2-Emission zu 60 Prozent Verbrenner verkauft. BMW war ja nicht gegen das Batterieauto, sondern gegen planwirtschaftliche Vorgaben. BMW hat alle Technologien weiterentwickelt und steht heute glänzend da. Noch einmal: War die Einseitigkeit Batterieauto also doch ein Fehler? 

CEO XY: Das ist ja fast schon eine rein rhetorische Frage. Fehler? Daran kann doch niemand mehr zweifeln. Auch die Bundesregierung hat mit ihrer massiven und einseitigen Subventionierung der Batterie-Autos dazu beigetragen, in die falsche Richtung zu laufen. Gebrauchte E-Autos sind Ende der Zwanziger auf dem Markt preislich tief eingebrochen. Damit wurden die einmal kassierten Zuschüsse durch den Staat wieder aufgefressen. Die Batterie-Auto-Käufer sind bitter enttäuscht. Viele von ihnen fahren wieder Verbrenner, zahlreiche Ladesäulen werden wieder abgebaut. Der vermeintliche Elektro-Boom ist auf ein vernünftiges kundenorientiertes Niveau abgesunken. Das ist gut so. Der Markt hat´s geregelt. Nicht eine ideologische Planwirtschaft.

Nachtrag: Nach Veröffentlichung des ersten fiktiven Interview-Teils rief mich eine mir persönlich bekannte Führungskraft an. VW sei nicht allein von der Politik zur Richtung E-Mobilität gedrängt worden. Wegen 25 Milliarden Strafzahlungen in den USA und weiteren Folgekosten im Zuge des Diesel-Betrugs sei VW gezwungen gewesen, sich aus finanziellen Gründen für eine technologische Richtung zu entscheiden. Wären die 25 Milliarden Strafe in USA  nicht fällig gewesen, hätte VW auch Technologie-Offenheit finanzieren können. „Die Diesel-Manipulation und in deren Folge die irrwitzigen Kosten haben bei Volkswagen die E-Strategie erzwungen. Wir mussten ohne Ende Entwicklungskosten sparen. Aus diesem Grund fiel die Entscheidung: Alles auf E-Mobilität.“ 

Epilog: Das Interview ist zwar fiktiv, basiert aber auf vielen vertraulichen Gesprächen mit aktiven Ingenieuren, Marktforschern und ehemaligen Führungskräften aus der Autoindustrie. Niemand kann die Zukunft vorhersagen, aber sie lässt sich aus aktuellen Fakten einigermaßen „hochrechnen“. Ich werde im Jahr 2035 auf das Thema zurückkommen und bitte bis dahin um etwas Geduld.

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